Studie zu Wertschöpfungseffekte
im Lebensmitteleinzelhandel

 

erstellt am
25. 06. 19
13:00 MEZ

LEH sichert mehr als 160.000 Arbeitsplätze und leistet Beitrag zum BIP von 14,6 Mrd. Euro. Wertschöpfungseffekte am stärksten bei Sachgütererzeugung, Landwirtschaft und öffentlicher Hand.
Wien (handelsverband) - Österreich ist gut versorgt mit Lebensmittelgeschäften, insgesamt besteht der heimische Lebensmitteleinzelhandel aus rund 3.500 Betrieben – vom KMU bis zum Großunternehmen – die einen Jahresumsatz von über 21 Milliarden Euro erwirtschaften. Die Zahlen täuschen aber, denn die wirklichen Effekte auf die Volkswirtschaft sind noch weitaus größer. Der Handelsverband hat diese nun erstmals bei der Innsbrucker Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) berechnen lassen.

"Der Lebensmitteleinzelhandel stellt einen zentralen Wirtschaftsfaktor für Österreich dar, erstmals haben wir dies auch volkswirtschaftlich nachgewiesen. Die Branche sichert in Österreich 161.600 Arbeitsplätze direkt und indirekt ab. Dabei lässt sich auf den Lebensmitteleinzelhandel ein Bruttoinlandsprodukt von mehr als 14,6 Milliarden Euro zurückführen", erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Dies schlägt sich darüber hinaus auch in signifikanten Einnahmen seitens der öffentlichen Hand nieder: die Einnahmen aus Abgaben, Steuern und aus Sozialversicherungsbeiträgen durch die Tätigkeiten des Lebensmitteleinzelhandels belaufen sich auf insgesamt € 5,4 Milliarden Euro. Jene Branchen, die am stärksten von den indirekten Wertschöpfungseffekten des LEH profitieren, sind neben der öffentlichen Hand v.a. die Sachgütererzeugung (1,3 Mrd. Euro) und die Landwirtschaft (413 Mio. Euro).

"Mit dem LEH-Report können wir erstmals umfassend aufzeigen, wie wichtig der Lebensmitteleinzelhandel als Wirtschaftsfaktor für Österreich ist und wie stark er über seine eigenen sektoralen Grenzen hinaus wirkt. Damit dies so bleibt und der heimische LEH auch in Zukunft seine essentielle Rolle als Beschäftigungsmotor, Nahversorger und Wirtschaftsfaktor erfüllen kann, müssen auch auf regulatorischer Ebene einige Weichen neu gestellt werden", so Frank Hensel, Vizepräsident des Handelsverbandes.

Regulatorische Empfehlungen des Handelsverbandes:

Senkung der Lohn- und Abgabenquote – als zentrale Konsequenz
In kaum einem westlichen Land ist die Besteuerung des Faktors Arbeit höher als in Österreich. Daher braucht es dringend eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie der Lohnsteuer insbesondere für die untersten Tarifstufen, wie von der letzten Bundesregierung bereits angekündigt.

Reform des Zuschlagwesens im KV für mehr Flexibilität
Im Handel sind die Wochenöffnungszeiten und Zuschlagsregeln extrem starr und kompliziert geregelt. Das Zuschlagssystem verhindert jeden flexiblen Einsatz von Mitarbeitern und hat sich zu einer Raketenwissenschaft entwickelt, an der sogar Arbeitsrechtsexperten verzweifeln. Österreich braucht daher dringend eine Vereinfachung und Entrümpelung. Aktuell fallen im Handel wochentags ab 18:30 Uhr und samstags ab 13:00 Uhr zwischen 30-70% und ab 20:00 Uhr 100% Zuschläge an.

Zustellungen auch an Samstagen bis 19.00 Uhr ermöglichen
Das Handelsgewerbe wird von vielen LEHs sowohl stationär wie auch online betrieben. Nach den geltenden öffnungszeiten-, arbeitszeit- und arbeitsruherechtlichen Bestimmungen dürfen stationäre Handelsunternehmen an Samstagen bis 18:00 Uhr betreiben, hingegen sind Transportgewerbetreibende nach den Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes und der Arbeitsruhegesetz-Verordnung nicht berechtigt, Zustellungen an Samstagen nach 13:00 Uhr vorzunehmen. Angesichts der stetig steigenden Bedeutung des Online-Handels ist es notwendig, die Beförderung bestellter Waren für den Online-Handel an Samstagen bis 19:00 Uhr zuzulassen, um die Zustellzeiten des Online-Handels an die Öffnungszeiten des stationären Handels anzupassen.

Abschaffung der Mietvertragsgebühr
Das Gebührengesetz ist ein Relikt aus den Zeiten Maria Theresias. Die Einhebung einer Gebühr für Rechtsgeschäfte ist nicht mehr zeitgemäß und vor allem im Hinblick auf die fehlende staatliche Gegenleistung nicht gerechtfertigt. Jungunternehmern, die sich ohnehin in einer finanziell heiklen Start-Up-Phase befinden, aber auch gerade jenen etablierten Unternehmen, die durch den Betrieb von Mietflächen unmittelbar für Beschäftigung sorgen, werden durch hohe Mietvertragsgebühren noch größere finanzielle Hürden auferlegt. Für den Wirtschaftsstandort Österreich ist das ein deutlicher Nachteil, da in fast allen europäischen Staaten vergleichbare Gebühren für Verträge bereits abgeschafft wurden. Der Handelsverband fordert daher die gänzliche Abschaffung der Mietvertragsgebühr.
Ausweitung der Rahmenöffnungszeiten besonders für Nahversorger relevant

Eine Ausweitung der maximalen wöchentlichen Ladenöffnungszeiten von 72 auf 76 Stunden hätte ebenfalls eine massive Beschäftigungswirkung für den heimischen Arbeitsmarkt. Gerade im Lebensmittelhandel würde das ein Aufsperren von 7 bis 20 Uhr werktags und samstags bis 18 Uhr ermöglichen. Die letzte Ausweitung der Öffnungszeiten von 66 auf 72 Stunden liegt bereits mehr als 15 Jahre zurück.

Ausweitung der Tourismuszonen auch auf Wien
Es ist absolut unverständlich, dass Wien bisher als einziges Bundesland daran festgehalten hat, auf die Einführung von Tourismuszonen zu verzichten. Immerhin würde diese Maßnahme rund 140 Mio. Euro Mehrumsatz und bis zu 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze bringen. Der Handelsverband empfiehlt daher eine Ausweitung der Tourismuszonen auch auf Wien, um die Kaufkraft der Touristen besser der regionalen Wertschöpfung zuführen zu können. Dies würde insbesondere KMU-Händlern, die selbst im Geschäft stehen, mehr Flexibilität ermöglichen.

 

 

 

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