ORF trauert um ehemaligen
 Generalintendanten Gerhard Weis

 

erstellt am
29. 07. 19
13:00 MEZ

Wien (orf) - Nach kurzer schwerer Krankheit ist der ehemalige Generalintendant des ORF gestern, am 26. Juli im Kreis seiner Familie verstorben. Mit Gerhard Weis verliert Österreich einen großen, besonnenen Denker und zukunftsweisenden Medienmanager, der Radio und Fernsehen des Landes wesentlich geprägt hat.

„Der Tod von Gerhard Weis macht mich tief betroffen“, trauert ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz um Weis. „Gerhard Weis war einer der großen Architekten eines modernen, vielfältigen und relevanten ORF. Er hat nicht nur die Regionalisierung und ‚Verösterreicherung‘ vorangetrieben, sondern den ORF auch als Fenster zur Welt etwa mit der Teilnahme an 3sat aufgebaut. Er hat Info-, Kultur- und Wissenschaftssäulen errichtet, auf denen das ORF-Programm heutzutage noch ruht. Und er hat in einer Zeit der schnell wachsenden Konkurrenz die Grundsteine für die erfolgreiche Flottenstrategie des Unternehmens gelegt. Ohne Gerhard Weis wäre der ORF heute nicht einer der erfolgreichsten öffentlich-rechtlichen Sender Europas. Er war ein Kämpfer für einen starken ORF und hat sich immer aufrecht für zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit voller Energie eingesetzt. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie.“

Gerhard Weis wurde am 1. Oktober 1938 in Wien-Brigittenau geboren. Seine journalistische Karriere startete er 1958 als Zeitungsjournalist. 1967 kam der "strukturelle Frühaufsteher" zum ORF - zunächst als innenpolitischer Redakteur, später als Ressortleiter Innenpolitik. Ab 1973 leitete Weis die ORF-Hauptabteilung Öffentlichkeitsarbeit, von 1974 bis 1978 war er Intendant für das erste Fernsehprogramm. Es entstanden Serien wie die „Alpensaga" sowie die Magazine „Schilling" und „Land der Berge". 1979 folgte die Leitung der Abteilung „Öffentlichkeitsarbeit, Koordination und Unternehmensplanung" in der ORF-Generalintendanz.

Weis war während dieser innovativen Zeit auch Chefredakteur in der Generalintendanz. Die Verwirklichung des Gemeinschaftsprojekts „3sat", die Gründung des „Teletext", der Minderheitenredaktion und die Einführung der Föderalismusschiene „Bundesland heute" fielen in diese Periode. Im März 1992 wurde Weis zum Intendanten des Landesstudios Wien bestellt. Auch dort sorgte er für tiefgreifende Änderungen. „Radio Wien" wurde zum „Neuen Radio Wien" ummodelliert und auf den Wettbewerb mit den Privatradios vorbereitet.

Ab Oktober 1994 war Weis als Hörfunkintendant tätig und führte erfolgreiche Reformen bei Ö1, das er zum meistgehörten Kultur- und Informationssender Europas umgestaltete, und Ö3, das er erfolgreich auf den dualen Radiomarkt vorbereitete, durch. Seit Februar 1997 war er darüber hinaus Generalsekretär.

1998 wurde er zum ORF-Generalintendant gewählt. In seiner Amtszeit (1998 – 2001) als Generalintendant hat Weis das öffentlich-rechtliche Profil des ORF gestärkt: Information, Wissenschaft und Kultur wurden im Fernsehen ausgebaut, die Marktanteile gehalten. Im Radio blieben die Marktanteile trotz privater Konkurrenz ebenfalls auf hohem Niveau, und mit FM4 wurde ein neues vorwiegend fremdsprachiges Jugendkulturradio aus der Taufe gehoben. „Report international", „Euro Austria", „Bundesland heute" am Wochenende, aber auch „Die Barbara Karlich Show", „Die Millionenshow" oder „Taxi Orange" waren einige der Fernsehformate, die unter Weis auf Sendung gingen. Mit dem von ihm initiierten Neubau des Newsroom-Trakts wurde eine zeitgemäße Heimstätte für alle ZiB-Sendungen des ORF geschaffen. Egal ob Lawinenkatastrophe in Galtür, Tauerntunnelbrand, oder die Terroranschläge des 11. September, mit dem in seiner Ägide als Generalintendant eingeführten und konsequent umgesetzten Prinzips der „ereignisbezogenen Information“ wurde das TV-Regelprogramm des ORF im Falle erhöhter Ereignisdichte mit insgesamt mehr als 250 Sonder- und Spezialsendungen aufgewertet.

Dass dem Bildungsbürger Gerhard Weis Kunst und Kultur und deren Vermittlung an alle Bevölkerungsschichten ein besonderes Anliegen war, spiegelt sich auch in seinem Engagement bei den Vereinigten Bühnen Wien wieder, deren Aufsichtsratsvorsitz er bis zuletzt über zwei Jahrzehnte inne hatte.

Bis zuletzt war Gerhard Weis Vorsitzender des Kulturbeirats von ORF III Kultur und Information und trug in den vergangenen Jahren wesentlich zu dessen Erfolgsgeschichte bei.

Die aktuellen ZiB-Ausgaben und die Nachrichtensendungen und Journale der ORF-Radios gedenken heute an Gerhard Weis. ORF III erinnert am Montag, dem 29. Juli, um 19.45 Uhr in einem „Kultur heute spezial“: Neben Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz kommen zahlreiche Freunde und Wegbegleiter zu Wort. U.a. Journalistenlegende Hugo Portisch, Time Warner International Chef Gerhard Zeiler, ORF-III-Chefredakteurin Ingrid Thurnher, der Geschäftsführer der Vereinigten Bühnen Wien, Franz Patay, Lebensfreund, ehemaliger Informationsintendant und Ars-ElectronicaGründer Hannes Leopoldseder, die Direktorin des jüdischen Museums Wien und langjährige ZiB 1-Anchorwoman Danielle Spera, Filmproduzent Rudolf Klingohr, Kulturmanager Josef Kirchberger, u.v.a..

 

 

 

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