Impfen über die Haut

 

erstellt am
30. 08. 19
13:00 MEZ

Schwerpunktverlagerung der Allergie-Forschung nach Abgang von Josef Thalhamer
Salzburg (universität) - Nach der Emeritierung des Salzburger Allergie- und DNA-Impfstoffforschers Professor Josef Thalhamer hat der 47jährige Salzburger Immunologe Richard Weiss die Leitung der Arbeitsgruppe „Molekulare Impfstoffe und Immuntherapeutika“ übernommen. Weiss war bereits seit sechs Jahren Co-Head der Arbeitsgruppe. Er forscht an neuen Impfstoffkonzepten. Im Fokus seiner jüngeren Arbeit steht die patientenfreundliche, nadelfreie Immunisierung über die Haut mittels winziger Poren, die mit einem Infrarot-Laser erzeugt werden. Außerdem entwickelt er durch molekulare Designs wirkungsstärkere und nebenwirkungsärmere Impfstoffe, zum Beispiel gegen Allergien.

Die Immunisierung über die Haut ist für den Biologen und Immunologen Richard Weiss von der Universität Salzburg seit knapp einem Jahrzehnt eines seiner zwei Hauptforschungsgebiete. Ziel der Forschung: Schmerzfrei, bei geringerer Dosis, eine höhere Wirksamkeit der Impfstoffe zu erreichen. Die klassischen Impfstoffe werden intramuskulär gespritzt. Doch der Muskel ist kein starkes immunkompetentes Organ, es befinden sich kaum Immunzellen in ihm. Die Haut hingegen, die evolutionär auf die Abwehr von Pathogenen ausgerichtet ist, ist dafür prädestiniert, eine Immunreaktion zu starten. „Die große Hoffnung ist, dass wir bei der Immunisierung über die Haut nicht nur bei reduzierter Dosis eine bessere Wirkung erreichen, sondern möglicherweise auch auf die umstrittenen Impfstoff-Verstärker verzichten können“, sagt Richard Weiss. „Wirksamere Impfstoffe wären gerade auch für die wachsende Zahl an älteren Menschen sehr wichtig, denn im Alter wird das Immunsystem immer schwächer und die Impfungen sind folglich weniger wirksam.“

Um den Impfstoff in die oberste Hautschicht einzubringen, verwendet Weiss ein Infrarotlaser-Gerät der Liechtensteiner Firma PANTEC Biosolutions, einem weltweit tätigen Technologieausrüster, mit dem Weiss seit rund acht Jahren kooperiert. Die Laser, die die Mikroporen in der Haut erzeugen, waren ursprünglich für kosmetische Anwendungen (Faltenreduktion) entwickelt worden, erwiesen sich aber auch zur Einbringung von Impfstoffen über die Haut als vielversprechend, wie die Daten von Weiss zeigen.

„Obwohl ich mich vorwiegend mit Impfstoffen zur Behandlung von Allergien beschäftige, sind die Konzepte, die ich entwickle universell und daher auch in anderen Bereichen einsetzbar, wie bei Infektionskrankheiten oder in der Tumortherapie, was ich dann z.B. mit Kooperationspartnern sowohl im akademischen als auch im industriellen Bereich bearbeite.“ Bei den Impfstoffen, die auf die Haut aufgetragen werden, handelt es sich um winzige Nanopartikel. Um deren Wirkung weiter zu verbessern, kooperiert Richard Weiss im Schwerpunkt „Allergy- Cancer- BioNano-Research Center“ auch eng mit den Materialwissenschaftlern der Universität Salzburg. „Ich halte die Wahrscheinlichkeit, dass Haut-Impfstoffe kommen werden, für hoch“, sagt Richard Weiss, „auch deshalb, weil die Nadel-Impfung in Entwicklungsländern Infektionskrankheiten wie HIV und Hepatitis Vorschub leistet. Bekanntlich werden dort aus Kostengründen und auf Grund mangelnder Aufklärung Nadeln leider oft wiederverwendet.“ Noch befindet sich die Forschung zur Immunisierung über die Haut mittels Laser in der Präklinik, im Mausmodell. Firmen zögern noch, die Millionen-Summen für den nächsten Schritt, die teuren klinischen Studien am Menschen, aufzubringen.

Im Bereich neuer Impfstoffkonzepte hat Richard Weiss einen zweiten Forschungsschwerpunkt: Durch molekulares Design verbessert er Impfstoffe gegen Allergien dahingehend, dass er einerseits die Allergenizität der Impfstoff-Moleküle reduziert (dadurch treten weniger Nebenwirkungen auf), und andererseits die Immunogenität erhöht (dadurch wird der Wirkstoff wirksamer, die Dosis kann verringert werden). „Wir koppeln spezielle Zuckermoleküle an den Allergie-Impfstoff. Diese bilden einen Schutzschirm um das Allergen und verhindern so, dass das Allergen mit den IgE-Molekülen im Körper interagiert, die für die heftigen Nebenwirkungen verantwortlich sind.“ Im Fokus dieses Forschungszweigs von Weiss stehen vor allem Pollen- und Hausstauballergene. „Das Konzept würde im Prinzip aber auf alle Impfstoffe anwendbar sein“.

Beendet hingegen ist die Forschung an der genetischen Schutzimpfung gegen Allergien, die Professor Josef Thalhamer und sein Team (dem auch Richard Weiss angehörte) am Christian Doppler Labor für Allergiediagnostik und Therapie der Universität Salzburg an der Universität Salzburg aufgebaut hatten. Kooperiert wurde mit dem Wiener Biotech-Unternehmen Biomay. Das Wirkprinzip der genetischen Impfstoffe: Dem Körper wird kein künstlich hergestelltes Allergen verabreicht, sondern nur dessen genetische Information, die DNA oder RNA. Der Organismus reagiert darauf mit der Bildung eines Proteins, das im Körper die gewünschte Immunantwort hervorruft. Der Vorteil: Durch die Verabreichung der reinen genetischen Information unterbleiben unerwünschte Nebenwirkungen. Die Salzburger Forscher konnten das in präklinischen Studien zeigen, die Erfolge waren vielversprechend. Mit einem Patent auf RNA- Impfstoffe, das letztendlich von der Firma Biontech RNA Pharmaceuticals gekauft wurde, wurde der Forschungsbereich geschlossen.

Richard Weiss (Jg. 1971)
Fachbereich Biowissenschaften, Universität Salzburg, Leiter der AG „Molekulare Impfstoffe und Immuntherapeutika“

Forschungsgebiete: Immuntherapie, Allergie, DNA Impfstoffe, mRNA Impfstoffe, Hautimmunologie, transkutane Impfung, Proteinstabilität

  • 1990- 1997 Studium der Biologie/ Genetik an der Universität Salzburg
  • 1997 Masterabschluss („Humorale und zelluläre Reaktionen nach genetischer und konventioneller Immunisierung“, Institut für Biochemie, Univ. Salzburg)
  • 1999 Forschungssemester am Walter Reed Army Institute (Washington DC, USA)
  • 2000 Ph.D. („Reaching the Goal in Mouse Malaria“)
  • 2007 Venia docendi für Immunologie
  • 2001-2006 PostDoc am Fachbereich Molekulare Biologie, Abt. Allergie und Immunologie, Univ. Salzburg
  • 2006-2011 Forschungsassistent am Christian-Doppler Labor für Allergiediagnose und -therapie, Univ. Salzburg
  • 2011 Assistenzprofessor am Fachbereich Molekulare Biologie
  • seit 2012 Assoziierter Professor am Fachbereich Biowissenschaften

 

 

 

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