Platter: Südtirol und Tirol gehen gemeinsamen
 Weg bei Zukunftsthemen beider Länder

 

erstellt am
05. 09. 19
13:00 MEZ

Gemeinsame Regierungsklausur der Tiroler und Südtiroler Landesregierungen
Meran/Innsbruck (lk) - Am 4. September ging im Schloss Tirol in Dorf Tirol bei Meran eine gemeinsame Regierungsklausur der Landesregierungen von Tirol und Südtirol über die Bühne. Im Fokus standen grenzüberschreitende Vorhaben und Maßnahmen vom Kampf gegen den Transitverkehr bis hin zur gegenseitigen Anerkennung von Bildungsabschlüssen, die sich in einer neun Punkte umfassenden Absichtserklärung beider Landesregierungen wiederfinden. Tirols LH Günther Platter zieht eine positive Bilanz über die Klausur in Meran: „Tirol und Südtirol haben sich schon bisher in einem regen Austausch befunden. Weil unsere Länder bei vielen Problemstellungen und Vorhaben ähnliche Lösungsansätze und Zugänge verfolgen, wollen wir bei einigen Themen – sei es Verkehr, Seniorenbetreuung oder Naturgefahrenmanagement – künftig noch enger kooperieren.“

Mautzuschläge am Brennerkorridor voll ausschöpfen
Eingang in die Absichtserklärung hat natürlich auch das Thema Verkehr gefunden. Weil beide Landesregierungen das Ziel einer Eindämmung des überbordenden Transitverkehrs eint, hat man sich darauf verständigt, umgehend alle Mautzuschlagsmöglichkeiten (geltende Wegekostenrichtlinie) auszuschöpfen und bei der Novelle der Wegekostenrichtlinie Mauterhöhungen für sensible Alpengebiete und deren Zuläufe zu verankern. Das Ziel bleibt für beide Landesregierungen weiter, dass südlich des Brenners gleich hohe Mauttarife wie in Tirol gelten. „Um unsere Bevölkerung in Tirol und Südtirol zu entlasten und zugleich auch unsere Umwelt und Infrastruktur zu schützen, braucht es Kostenwahrheit zwischen Straße und Schiene“, verweisen LH Platter und LHStvin Ingrid Felipe auch auf dringend nötige Maßnahmen zum Ausbau, der Optimierung und Attraktivierung der Schieneninfrastruktur. Tirol und Südtirol haben sich zudem darauf verständigt, von Schieneninfrastrukturbetreibern und nationalen Behörden Investitionen in Lärmschutzmaßnahmen an Bestandsstrecken sowie in lärmarmes Rollmaterial einzufordern sowie die Harmonisierung des Bahnverkehrs umgehend umzusetzen.

LKW-Obergrenze weiterhin im Fokus
Die Obergrenze von jährlich einer Million LKW soll nach Fertigstellung des Brenner Basistunnels erreicht werden: „Wir können den überbordenden LKW-Verkehr nicht von heute auf morgen auf eine Million drosseln, schließlich verzeichnen wir aktuell 2,5 Millionen LKW pro Jahr. Damit der Brenner Basistunnel seine volle Kapazität ausschöpfen kann, werden wir gemeinsam vehement Druck für den Ausbau der Zulaufstrecken in Deutschland und Italien ausüben“, erklärt LH Platter.

Gemeinsames Verkehrsmanagement von Kufstein bis nach Ala/Avio

Zudem einigten sich die beiden Länder darauf, das grenzüberschreitende koordinierte Verkehrsmanagementsystem weiter zu forcieren. „Die Dosierungen und Fahrverbote sind Notmaßnahmen, um die Verkehrs- und Versorgungssicherheit entlang des Inntal- und Brennerkorridors bzw. in den umliegenden Gemeinden aufrecht zu erhalten. Was es braucht, ist ein System, das von Kufstein bis nach Ala/Avio erkennt, wo es stockt bzw. ab wann der Verkehr zu viel wird und ein Risiko für massive Staus besteht. Nur so können Verkehrsbehinderungen frühzeitig erkannt und gezielt darauf reagiert werden“, erläutert LHStvin Felipe.


Weitere Inhalte der Absichtserklärung der Tiroler und Südtiroler Landesregierung

Zusammenschluss der Breitband-Infrastruktur
Tirol gilt als Vorreiter in Sachen Breitband-Ausbau. „Vernetzung ist das Zauberwort der Zukunft. Wer nicht vernetzt ist, verliert. Umso wichtiger ist es, dass wir die Vernetzung auch grenzüberschreitend vorantreiben“, so LRin Patrizia Zoller-Frischauf. Konkret soll die Glasfaserverbindung zwischen Innsbruck und Bozen am Brenner, zwischen Nauders und Scuol am Reschenpass und zwischen Lienz und Bruneck in Winnebach vernetzt werden, wovon vor allem das öffentliche Sicherheits- und Gesundheitsnetz profitieren sollen.

Studientitelanerkennung und gegenseitige Berufsanerkennung von Bildungsabschlüssen
„Tirols Fachhochschullandschaft ist international anerkannt und bietet den Studierenden eine hervorragende Ausbildungsqualität. Umso wichtiger ist es, dass Titel und Bildungsbeschlüsse über die Grenzen hinweg Anerkennung finden“, beschreibt LH Platter die Intention von Tirol und Südtirol zur gegenseitigen Anerkennung. „Was die Studienanerkennung betrifft, befinden wir uns auf einem guten Weg: EU-rechtlich ist bereits die Anerkennung von Berufsgruppen wie ÄrztInnen oder PflegerInnen möglich“, so Wissenschaftslandesrat Bernhard Tilg. Dies gelte auch bei Lehrabschlüssen und Meisterbriefen: „Es gibt noch Lücken, die wir ehestmöglich – vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels – schließen wollen. Es ist wichtig, dass wir uns grenzüberschreitend dazu austauschen und Möglichkeiten ausschöpfen, von denen beide Landesteile profitieren. Auch soll im Hinblicke auf die gegenseitige Anerkennung von Lehrabschlüssen, Meisterbriefen und Abschlüssen des zweiten Bildungsweges ein regelmäßiges Monitoring etabliert werden, um die zeitnahe Anpassung der entsprechenden Abkommen zu erreichen“, so Bildungs- und Arbeitslandesrätin Beate Palfrader. Tirol und Südtirol fordern daher, dass geprüft wird, in welchen Berufssparten es Nachholbedarf gibt. Forciert wird eine automatische Anerkennung aller Universitäts- und Hochschulabschlüsse sowie von Fachhochschulabschlüssen in der Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino.

Gemeinsame Ausbildungskonzepte für Ärztepersonal und nicht ärztliches Personal im Gesundheitswesen
Tirols und Südtirols Landesregierung einigten sich auch auf die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, welche dieses Projekt in Angriff nehmen soll. „Die Fachhochschule für Gesundheit in Tirol sowie die Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana in Südtirol bilden ihre Absolventinnen und Absolventen hervorragend im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege aus. Für den fachlichen Austausch ist auch die Zweisprachigkeit in Südtirol maßgeblich – das soll künftig verstärkt gefördert werden“, erläutert Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg.

Sicherstellung der flächendeckenden tierärztlichen Versorgung
Der Tierärztemangel im alpinen Raum wird sich in Zukunft verstärken: „Im Wissen um diese Entwicklung müssen wir ehestmöglich handeln, um die tierärztliche Versorgung in Tirol sicherzustellen“, ist der für Veterinärwesen zuständige LHStv Josef Geisler überzeugt. Dementsprechend einigten sich Tirols und Südtirols Regierungen darauf, auf Basis der bereits in Arbeit befindlichen Machtbarkeitsstudie für einen auf der UMIT initiierten Studiengang für bis zu 25 Studierende die Finanzierung als auch Stipendienmodelle für Studierende aus Tirol und Südtirol zu entwickeln. Eine solche Ausbildung solle vor allem durch eine Kooperation mit regional angesiedelten Tierarztpraxen und -kliniken erfolgen.

Austausch und Vernetzung im Bereich der SeniorenInnenbetreuung
Den Landesregierungen von Tirol und Südtirol ist auch die Intensivierung des fachlichen Austauschs im Bereich der SeniorInnenbetreuung ein Anliegen: „Beide Länder sehen sich mit den Herausforderungen des demographischen Wandels konfrontiert. Neben den Fachkräften ist es die entsprechende Finanzierung, die in Zukunft gesichert bereitstehen muss. Durch den Austausch sollen neue Impulse entstehen, die wir auch in Tirol zielführend implementieren könnten“, sagt der für Pflege und SeniorInnen zuständige Landesrat Bernhard Tilg.

Wechselseitige Unterbringung in Frauenhäusern
„Der Schutz von gewaltbetroffenen Frauen ist uns ein wesentliches Anliegen. Da es oft Sinn macht, die Frauen weiter von ihrem Wohnort entfernt unterzubringen, werden wir die wechselseitige Unterbringung von Frauen in den Frauenhäusern in Tirol und Südtirol etablieren“, verweist LRin Gabriele Fischer auf ein angestrebtes Kooperationsmodell, das die entsprechenden Modalitäten festhält. Dieses soll nun ausgearbeitet werden.

Zusammenarbeit der Landesmuseen
Eine verstärkte Zusammenarbeit der Tiroler Landesmuseen mit den Südtiroler Landesmuseen in Form gemeinschaftlicher Veranstaltungen und Forschungsprojekten, jährliche Treffen zum Austausch sowie wechselseitige Leihgaben für Sonderausstellungen: „Der Kulturraum Tirol-Südtirol ist vielfältig – im gegenseitigen Austausch und mit der verstärkten Zusammenarbeit eröffnen sich auf beiden Seiten neue Möglichkeiten. Auch wenn Tirol in seiner Sammlungstätigkeit und Forschungsarbeit Südtirol seit jeher miteinbezieht, soll dies künftig noch mehr forciert werden“, sagt die für Kultur zuständige Landesrätin Beate Palfrader.

Überregionales Naturgefahrenmanagement

„Naturkatastrophen und Unwetterereignisse machen an geographischen Grenzen nicht Halt. Umso wichtiger ist es, dass wir uns bestmöglich gemeinsam auf solche Ereignisse vorbereiten. Vor allem dem grenzüberschreitenden Katastrophenschutz gilt oberste Priorität“, verweist der für Sicherheit zuständige LHStv Josef Geisler auch auf das Schneechaos im Jahr 2019 auf dem Brenner. „Daher haben wir uns darauf verständigt, dass wir am Brenner eine gemeinsame Einsatzzentrale am Brenner errichten, um bei zukünftigen Ereignissen schnell auf diese Räume zugreifen können.“

Dazu beschloss die Tiroler Landesregierung in ihrer gestrigen Regierungssitzung den Ankauf des „alten Zollwachegebäudes“ am Brenner zu einem Kaufpreis von 1,4 Millionen Euro. „Bereits jetzt steht das Gebäude im Zeichen der Sicherheit – die Grenzmanagementmaßnahmen der Exekutive sind dort angesiedelt. Künftig soll dort auch das gemeinsame Naturgefahrenmanagement angesiedelt sein. Wir streben eine gemeinsame Nutzung der Katastrophenschutzbehörden sowie Einsatzorganisationen an“, betont LH Platter, dass das Gebäude für beide Landesteile als Ort für grenzüberschreitende Sicherheit, Unterkunft, Projekte, Schulungen und Einsätze zur Verfügung stehen wird. „Die Liegenschaft selbst an das öffentliche Wasser- und Kanalnetz sowie an das Strom- und Telefonnetz angeschlossen. Zudem ist eine gute verkehrsmäßige Anbindung gegeben. Mit dem Übergang der Liegenschaft in Landeseigentum, schaffen wir zusätzlichen Raum für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“, sagt der für Liegenschaft und Hochbau zuständige LR Johannes Tratter.

Gleichzeitig soll sich durch die räumliche Nähe auch eine verbesserte Zusammenarbeit mit der Bahnpolizei, der Polizia die Stato und den Carabinieri sowie der Deutschen Polizei erzielt werden. Im Gebäude wird zu diesem Zweck ein internationales Kontaktbüro eingerichtet, welches auch für Schulungs- und Seminarzwecke genutzt werden kann.

 

 

 

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