Steuerreform 2020: Grünes Licht
 für ÖVP-FPÖ-Vorschlag

 

erstellt am
13. 09. 19
13:00 MEZ

Stimmenmehrheit im Budgetausschuss auch für Digitalsteuer
Wien (pk) - Die ehemaligen Koalitionspartner haben am 12. September im Budgetausschuss den ersten Teil der ursprünglich geplanten Steuerreform auf den Weg gebracht. Neben ÖVP und FPÖ stimmten auch die NEOS dem Gesetzesantrag zu. Durch Verlangen auf getrennte Abstimmung machte die SPÖ klar, dass sie einigen Elementen der Reform zustimmt, in seiner Gänze lehnte sie das Steuerreformgesetz 2020 allerdings ab. Kritisch äußerte sich auch die Liste JETZT gegenüber den geplanten Maßnahmen.

Im Zuge der Debatte wurden Abänderungsantrage eingebracht sowie mehrere weitere Gesetzesanträge. So sollen begleitende Bestimmungen zur Pensionsanpassung 2020 im Einkommensteuergesetz verankert und die Freigrenze für Kapitaleinkünfte von Agrargemeinschaften angehoben werden. Die im Zuge der Sozialversicherungs-Organisationsreform geschaffenen Stiftungen werden in mehrfacher Hinsicht steuerbefreit. Der Bund darf von 2020 bis 2034 11 Mrd. € an gemeinwirtschaftlichen Leistungen im Schienenpersonenverkehr bestellen.

Eine Steuer von 5% auf Online-Werbeumsätze bringt das Digitalsteuergesetz, dem ÖVP, FPÖ und NEOS ihre Zustimmung erteilten. SPÖ und JETZT sehen darin eine "Bagatellsteuer".

"Sozialversicherungs-Bonus" für GeringverdienerInnen, Senkung der Krankenversicherungsbeiträge für Selbstständige und Landwirte
Das Steuerreformgesetz 2020 (984/A) sieht unter anderem eine Entlastung niedrigerer Einkommen durch eine höhere Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge (Negativsteuer) und eine Erhöhung des Verkehrsabsetzbetrags vor. Bis zu einem maximalen Jahreseinkommen von 21.500 € wird Steuerpflichtigen ab 2020 zusätzlich zur bisherigen Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge ein "Sozialversicherungsbonus" von 300 € gewährt. Dieses Element der Reform begrüßten auch die Ausschussmitglieder die SPÖ. Auch PensionistInnen winkt eine höhere Negativsteuer sowie ein höherer Absetzbetrag.

Durch die Entlastung der GeringverdienerInnen befürchtet Karin Doppelbauer (NEOS) eine Lenkungsmaßnahme, die Teilzeitarbeit begünstige. Ziel sollte es ihrer Ansicht stattdessen sein, Anreize zu schaffen, um insbesondere Frauen aus der Teilzeit in die Vollbeschäftigung zu bewegen. Der Steuerreform erteilten die NEOS trotzdem ihre Zustimmung.

Selbstständige und Bauern müssen künftig – unabhängig von ihrem Einkommen – geringere Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Die Krankenversicherungsbeiträge der Gewerbetreibenden und Landwirte sollen auf 6,8% gesenkt werden. Die Differenz von 0,85% soll der Bund übernehmen. Durch eine Anpassung im Finanzausgleichsgesetz wird sichergestellt, dass die Kosten nicht zu Lasten der Länder gehen.

Dass zunächst eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für alle ArbeitnehmerInnen angedacht war, nun aber verteilungspolitisch ein anderer Weg beschritten werde, brachte Bruno Rossmann (JETZT) auf den Tisch. Die aktiven ArbeitnehmerInnen mit geringen Einkommen sieht er durch den Gesetzesvorstoß schlechter behandelt als die PensionistInnen, die nun zusätzlich entlastet werden. Auch vonseiten der SPÖ wurde die ungleiche Behandlung zur Sprache gebracht. Kai Jan Krainer und Alois Stöger hakten etwa nach, warum LandwirtInnen und Selbstständige bereits ab dem Jahr 2020, ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen allerdings erst 2021 von der Steuerreform profitieren.

Ursprünglich wurden zwei Modelle in Betracht gezogen, berichtete Karlheinz Kopf (ÖVP). Man habe den pragmatischeren Weg gewählt. Diese Variante sei auch für Personen mit zwei Dienstverhältnissen praktischer. Außerdem hätte man mit dieser "Rückerstattungsvariante" auch den Wünschen der GewerkschafterInnen entsprochen, so Kopf. Finanzminister Eduard Müller betonte in diesem Zusammenhang, dass die Berechnung aufgrund gegenseitiger Abhängigkeiten gesetzestechnisch nicht einfach wäre. Er sagte den Ausschussmitgliedern die Prüfung anderer etwaiger Berechnungsoptionen sowie eine Bewertung der generellen finanziellen Auswirkungen zu.

FPÖ-Mandatar Hubert Fuchs äußerte sein Behagen über die Umsetzung des ersten Teils der von den ehemaligen Koalitionspartnern geplanten Steuerreform sowie die Hoffnung, weitere ursprünglich angedachte Elemente in Zukunft in Umsetzung bringen zu können.

Die Freigrenze für Einkünfte aus Kapitalvermögen von den Agrargemeinschaften soll vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen bereits ab 1. Oktober 2019 von derzeit 2.000 € auf 4.000 € steigen, das wurde mittels Abänderungsantrags sichergestellt.

Einhelligkeit betreffend Entlastungen für KleinunternehmerInnen

Entlastet werden durch die Steuerreform 2020 auch KleinunternehmerInnen. Deren Unternehmen werden dann erst ab 35.000 € (bisher 30.000 €) umsatzsteuerpflichtig. Zudem sind eine einfache Pauschalierung für Kleinunternehmen sowie eine Verdoppelung der betraglichen Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 800 € geplant. Diesen Maßnahmen erteilten alle Fraktionen ihre Zustimmung.

Weitere Elemente des Steuerreformgesetzes sind die Senkung der Umsatzsteuer auf E-Books auf 10% sowie Steuerbegünstigungen für erneuerbare Energie wie Wasserstoff, Biogas und durch Photovoltaik erzeugter Strom. Diese ökologischen Steueranpassungen bezeichnete Bruno Rossmann (JETZT) als "Tropfen auf den heißen Stein". Vielmehr würde es einem CO2-Steuer-Modell bedürfen, befand er. Auch NEOS-Mandatarin Doppelbauer hätte ein solches ganzheitliches Konzept bevorzugt, wenngleich die NEOS, wie auch die SPÖ diesem Gesetzesteil zustimmten.

Änderungen wird es auch bei der Normverbrauchsabgabe und bei der Tabaksteuer geben, wobei bezüglich der NoVA-Berechnung für Wohnmobile und dem Steuersatz auf Tabak zum Erhitzen Adaptierungen im Ausschuss vorgenommen wurden.

Ein begleitend zur Steuerreform angenommener Gesetzesantrag sieht vor, dass die im Zuge der Sozialversicherungs-Organisationsreform geschaffenen Stiftungen von der Einkommenssteuer, von der Körperschaftssteuer und von der Stiftungseingangssteuer befreit werden.

Inhalt eines weiteren ÖVP-FPÖ-Antrags ist die Genehmigung von Vorbelastungen durch den Verkehrsminister in der Höhe von 11,024 Mrd. €, im Einvernehmen mit dem Finanzminister. Mit diesem Betrag sollen Bestellungen des Bundes für Verkehrsdienstleistungen auf der Schiene für die kommenden fünfzehn Jahre (2020 bis 2034) finanziert werden. Ziel ist es, ein flächendeckendes Angebot im Personennah- und Regionalverkehr sowie im Personenfernverkehr im österreichischen Eisenbahnnetz auch auf jenen Strecken abzusichern, auf denen keine Kostendeckung oder Gewinne erreicht werden können. ÖVP-Mandatar Andreas Ottenschläger betonte, dass man mit Investitionen für die Bahn den richtigen Weg beschreite, um möglichst viel Verkehr auf die Schiene zu bringen. Auch die SPÖ stimmte dem Gesetz zu.

Außerdem wurden eine gestaffelte Pensionserhöhung für 2020 sowie millionenschwere Zweckzuschüsse für die Länder zur Abdeckung von Zusatzkosten durch die Abschaffung des Pflegeregresses gewährt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 887/2019).

Mehrere im Zuge der Debatte eingebrachte Abänderungsanträge der SPÖ-Fraktion fanden im Budgetausschuss keine Mehrheit, darunter Vorstöße zu Regelungen für Reha-Geld-Bezieher um Doppelbesteuerung zu vermeiden, zu steuerlichen Erleichterungen beim Immobilienkauf für Personen mit medizinischen Berufen und ein Antrag von Gabriele Heinisch-Hosek zu einem ermäßigten Steuersatz für Damenhygieneprodukte.

Digitalsteuer ergänzt bestehende Werbeabgabe
Internetgiganten wie Facebook, Google oder Amazon werden mit Beginn des Jahres 2020 eine fünfprozentige Steuer auf Online-Werbeumsätze abzuführen haben. Dieser ÖVP-FPÖ-Vorstoß zu einer Digitalsteuer (983/A) wurde im Budgetausschuss auch von den NEOS mitgetragen.

Unterliegen sollen der Steuer, die digitalisierte Werbeleistungen mit Inlandsbezug erfassen soll, Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von 750 Mio. € bzw. einem jährlichen Umsatz aus Onlinewerbeleistungen von mindestens 25 Mio. €, soweit diese in Österreich gegen Entgelt erbracht werden. Eine Onlinewerbeleistung gelte dann als im Inland erbracht, wenn sie auf dem Gerät einer Nutzerin bzw. eines Nutzers mit österreichischer IP-Adresse empfangen wird und sich in ihrem Inhalt und in ihrer Gestaltung nach (auch) an österreichische NutzerInnen richtet. Der für die Besteuerung maßgebliche Ort soll auch mittels Geo-Ortungsinstrumenten ermittelt werden können. Durch einen Abänderungsantrag wurde zum Zwecke des Datenschutzes klargestellt, dass sich die Aufzeichnungen von IP-Adressen oder anderen Informationen zur Geolokalisierung auf das für die Gesetzesumsetzung erforderliche Ausmaß beschränken müssen. Die Datenspeicherung ist also lediglich für den Rückschluss zulässig, ob eine Onlinewerbeleistung im Inland erbracht worden ist. Zu übermitteln seien diese Daten auf Anforderung der Abgabenbehörde. Für Karin Doppelbauer (NEOS) und Bruno Rossmann (JETZT) geht dies allerdings nicht weit genug. Sie kritisierten die lange Speicherungspflicht und äußerten Datenschutzbedenken.

Das Ziel der Digitalsteuer, die bestehende Werbeabgabe auf den Online-Bereich im Sinne der Steuergerechtigkeit gegenüber der heimischen Wirtschaft auszuweiten, betonten die ÖVP-Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer und Karlheinz Kopf. Diese nationale Variante sei die einzig politisch durchsetzbare gewesen, sagte Kopf, da auf EU-Ebene bislang keine europäische Lösung möglich war. Den Ansatz einer digitalen Betriebsstätte brauche es unbedingt auf EU-Ebene, meinte auch Fraktionskollege Andreas Hanger. Dem pflichteten Karin Doppelbauer (NEOS), Bruno Rossmann (JETZT) und Christoph Matznetter (SPÖ) bei. Dass die Regierung ebenso eine europäische Lösung anstrebt und sich für diese weiterhin starkmachen wird, bekräftigte Finanzminister Eduard Müller.

Die SPÖ begreift die Digitalsteuer als "Placebo" und "Bagatellsteuer" mit kaum Dimension. Eine vernünftigere Besteuerung wäre aus Sicht von Abgeordnetem Matznetter unbedingt für Großkonzerne nötig. Für große Unternehmen müssten die gleichen Regeln gelten wie für KMUs. Auch Mandatar Rossmann sieht in dem Gesetz eine rein symbolische Maßnahme mit viel zu geringem Betrag.

Aus den aus der Digitalsteuer resultierenden Mitteln sollen jährlich 15 Mio. € an österreichische Medienunternehmen gehen. Damit wollen ÖVP und FPÖ digitale Transformationsprozesse und den Ausbau digitaler Angebote fördern.

Das Digitalsteuergesetz (DiStG) wurde als Teil des Abgabenänderungsgesetzes 2020 vorgelegt. Damit sollen zur Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien ferner das EU-Meldepflichtgesetz, das Finanzstrafgesetz sowie etwa das EU-Amtshilfegesetz novelliert werden. Mit Änderungen im Umsatzsteuergesetz will die ÖVP ferner Vermittlungsplattformen in die Pflicht nehmen, um die Datenübermittlung der BeherbergungsvermieterInnen an die Finanzverwaltung sicherzustellen. Positiv von den Ausschussmitgliedern wahrgenommen wurde auch die Umsatzsteuerbefreiung für die Einfuhr von Kleinsendungen unter dem Wert von 22 €.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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