CARMEN BRUCIC

 

erstellt am
24. 10. 19
13:00 MEZ

In den leeren Spiegeln … – von 25.10.2019 bis 16.2.2020 im Tiroler Landesmuseum
Innsbruck (tlm) - Das Porträt einer Künstlerwohnung, die gerade von ihrem Bewohner verlassen wurde, präsentiert Carmen Brucic in der Sonderausstellung. Nachdem der Tiroler Maler und Bildhauer Wolfram Köberl ins Altersheim übersiedelt war, bekam sie Zutritt in dessen persönlichen Wohnraum, der zugleich als Atelier und Zufluchtsort diente. In den dortigen Schatten und Spiegeln traf Brucic auf die Spuren einer Liebe zur Malerei sowie auf die Zweifel, die Kämpfe und die Wärme eines ganzen Lebens.

Kurz nachdem Wolfram Köberl mit 92 Jahren ins Altersheim übersiedelt war, betrat Carmen Brucic vor zwei Jahren zum ersten Mal seine Wohnung in Innsbruck. Brucic beschloss, sich fotografisch mit diesem einzigartigen Ambiente auseinanderzusetzen, das innerhalb weniger Tagen verschwinden würde. Mit den Fotografien erzeugt sie ein künstlerisches Porträt eines gerade verlassenen Lebensraumes und dessen ehemaligen Bewohners, in dem sich unter anderem die Liebe zur Malerei sowie ein ganzes Leben widerspiegeln. Die Fotografien, in denen Brucic ihre Begegnung mit dem Ort festhielt, werden in der Sonderausstellung gemeinsam mit Alltagsobjekten des Künstlers gezeigt. Als unvollständige Fragmente einer Lebensgeschichte sind sie den „praktischen Listen“ des Museums und ihrem Anspruch auf historische Lückenlosigkeit extrem entgegengesetzt.

Biografische Rekonstruktion?
Ein Schwerpunkt der Sonderausstellung ist die Reflexion darüber, ob durch dieses fotografische Porträt eine biografische Rekonstruktion möglich oder die Betrachtung eines anderen Lebens immer nur eine Reflexion des eigenen Ich ist. Der Rahmen, in dem man das Leben des anderen sucht, ist immer von der Perspektive der Suchenden selbst geprägt. Brucic‘ Arbeit fokussiert deswegen auf das Moment der eigenen Begegnung mit dem Lebensraum des nicht mehr anwesenden Künstlers.

Verlassene Privatsphäre
Ein weiteres Thema ist die Frage danach, was es bedeutet, in eine verlassene Privatsphäre einzutreten. Die historischen Stuben des Tiroler Volkskunstmuseum, die früher ebenso Teil eines privaten Alltags waren, werden nun Teil der Ausstellung und als museal inszenierte Lebensräume thematisiert.

Mit einer zeitgenössischen Stubeninstallation und Texten zu Brucic‘ Fotografien ergänzen Jugendliche die Ausstellung und das Museum mit neuen Erzähltechniken. Ihre Installation erzählt die Geschichte eines scheiternden Kunststudenten – eine erfundene Geschichte, deren Wahrheitsbegriff dem Narrativ entspricht, in dem sich die jungen Menschen befinden. Brucic bot den Schülerinnen und Schülern des Innsbrucker Bundesrealgymnasiums in der Au eine Annäherung an ihre Fotografien an. Sie bekamen die Möglichkeit, ihre eigene Erzählung zu den Bildern zu kreieren. Im Rahmen einer Schreibwerkstatt mit der Schriftstellerin Elia Barceló entstanden zwanzig unterschiedliche Geschichten, zusätzliche Projektionen auf Brucic‘ Darstellung von Köberls Gegenwelt.

Über die Künstlerin
Carmen Brucic wurde 1972 in Gnadenwald in Tirol geboren und lebt und arbeitet zurzeit in Tirol und Wien. Sie hat in Wien an der Universität für Angewandte Kunst sowie an der Akademie der Bildenden Künste studiert. Seit 2001 entwickelt Carmen Brucic künstlerisch-wissenschaftliche Formate zu emotionalen Themen, welche sie in verschiedenen Medien prozesshaft ausarbeitet. Eine fruchtvolle Verbindung zwischen Theater, Fotografie, Inszenierung, performativer Intervention und oft partizipativen Abläufen prä-gen ihr Schaffen. Zwischen 2001 und 2012 entwickelte sie als künstlerische Leiterin neue partizipative Theaterformate unter anderem für die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, das Mladi Levi Festival Ljubljana, das Burgtheater in Wien und das Artcenter Vooruit Gent. Seit 2018 verbindet sie Kunst mit Schule und unterrichtet in Innsbruck. Carmen Brucic‘ künstlerische Arbeiten wurden bisher in Österreich, Slowenien, Deutschland, der Schweiz, Belgien, Mexiko sowie in den USA gezeigt.

 

 

 

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