23. Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig

 

erstellt am
18. 06. 18
13:00 MEZ

LH Mikl-Leitner: Europa wird erfolgreich sein, wenn es auf Zukunftsthemen setzt – Podiumsdiskussion mit Vertretern der Westbalkan-Staaten
Göttweig/St. Pölten (nlk) - „Doing less more efficiently – Fokus auf das Wesentliche als Leitthema der Zukunft Europas“ – so lautet das Generalthema des Europa-Forums Wachau, das am 15. Juni durch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner eröffnet wurde und insgesamt zum 23. Mal stattfindet. 600 Gäste aus ganz Europa werden dabei im Stift Göttweig zusammentreffen.

In ihrer Eröffnungsrede betonte Landeshauptfrau Mikl-Leitner, Europa werde dann erfolgreich sein, „wenn es den Menschen ein sicheres Zuhause bietet“. Angesichts von Terror und Migrationskrise brauche es mehr denn je eine gemeinsame europäische Sicherheitsstrategie, es brauche ausreichend Mittel für einen europäisch organisierten Grenz-und Küstenschutz, und es brauche eine enge Verzahnung der nationalen Streitkräfte.

Weiters betonte Mikl-Leitner: „Europa wird dann erfolgreich sein, wenn es auf Zukunftsthemen setzt – Regionen und Menschen miteinander vernetzt.“ In diesem Zusammenhang sei Niederösterreich „ein Vorzeige-Beispiel“, verwies sie auf den Aufbau der Wissenschaftsachse mit Einrichtungen wie dem IST Austria oder den Ausbau der Mobilität, bei dem man den europäischen Gedanken lebe, etwa mit dem Konzept einer neuen Straßenverbindung durch Mitteleuropa: „Eine Europaspange, die die Wirtschaftsräume St. Pölten/Wien/Bratislava, Linz/Wels/Süddeutschland und Budweis/Prag und Brünn verbindet – und gleichzeitig das nördliche und östliche Niederösterreich anbindet.“

Um erfolgreich zu sein, müsse Europa „weiterhin auf die Regionen und gewachsene Strukturen setzen“, nannte die Landeshauptfrau einen weiteren Aspekt. Statt „europäisch oder national“ sollte es heißen „europäisch und regional“, betonte sie: „Europa ist unser Dach, die Region ist unser Wohnzimmer. Beides gemeinsam ist unser Haus.“ Starke und handlungsfähige Regionen müssten auch in Zukunft ausreichend Mittel zur Verfügung haben, forderte sie: „Im konkreten betrifft das die Regionalförderung und Förderungen im Agrarbereich, die für die Entwicklung vieler Regionen und Arbeitsplätze in der Landwirtschaft entscheidend und unverzichtbar sind.“

Der Präsident des Europa-Forums Wachau und Landesrat für Wohnen, Arbeit und internationale Beziehungen, Martin Eichtinger, nahm Bezug auf die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft Österreichs. Diese sei „eine große Verantwortung“, und das Ziel sei klar: „Der Herzschlag Europas muss in den Regionen pulsieren. Dazu müssen wir die Regionen weiter stärken.“ Eichtinger weiters: „Mit unseren vielfältigen Regionalprojekten setzen wir wichtige Impulse für grenzüberschreitende Maßnahmen, die unsere gemeinsame Europa-Identität formen und festigen.“

„Für mich ist Europa Heimat“, sagte der Bundesminister für EU, Kunst, Kultur und Medien im Bundeskanzleramt der Republik Österreich, Gernot Blümel: „Dieses Europa ist für meine Generation etwas, womit wir aufgewachsen sind.“ Er erinnerte aber auch an die Abstimmung der Briten im Jahr 2016 und an die Migrationskrise: „Hier ging auch Vertrauen in Europa verloren.“ Im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft wolle man Antworten geben auf die Fragen nach Migration, Wohlstandsverlust und Stabilität.

Karin Kneissl, Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres, sprach im Zusammenhang mit dem Durchbruch beim Namensstreit zwischen Nord-Mazedonien und Griechenland von „der guten Nachricht in dieser Woche“. Dieser „diplomatische Seilakt“ solle „ein Vorbild sein“, meinte sie. Mit Blick auf Südosteuropa hielt sie fest: „Es handelt sich hier um einen wesentlichen Teil Europas“. Für Südosteuropa gehe es auch „um die Perspektive: wir alle sind ein Teil eines europäischen Kulturerbes“.

Die Begrüßung seitens des Stiftes übernahm Abt Columban Luser, er wünschte dem Europa-Forum „viel Licht, Mut und Optimismus auf dem Weg in ein zukunftsfittes Europa“. Die Moderation der Plenarveranstaltung erfolgte durch Paul Lendvai.

Im Zuge des heutigen Eröffnungstages fand auch eine prominent besetzte Podiumsdiskussion zum Thema „Ein Europa, das schützt: Stabilität in der Nachbarschaft, insbesondere am Westbalkan und in Südosteuropa“ statt. Unter dem Vorsitz von „Welt“-Korrespondentin Stefanie Bolzen diskutierten Valentin Inzko (Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina), Lilyana Pavlova (Ministerin für die Bulgarische Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union) und Johannes Hahn (EU-Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen).

„Jedes Jahr verlassen in Bosnien-Herzegowina 20.000 junge Menschen das Land. Sie wollen jetzt in die EU und nicht erst 2030“, sagte Valentin Inzko in seinem Eingangsstatement. Der Balkan sei „ein Exporteur von Talenten“, betonte er: „Wir haben große Talente, geben wir ihnen eine Chance.“ Lilyana Pavlova blickte auf die zu Ende gehende bulgarische Ratspräsidentschaft zurück. 2018 sei „ein entscheidender Moment für Europa“, betonte sie: „Wir sprechen über die Zukunft Europas und sind mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Für Johannes Hahn ist es „wichtig, ein europäisches Selbstbewusstsein zu entwickeln“, denn „wir Europäer sind global gesehen ein Faktor“. Europa sei für mehr als 80 Staaten in der Welt der Handelspartner Nummer eins und der aktivste Finanzinvestor in anderen Regionen der Welt, so Hahn.

   

Zweiter Tag beim Europa-Forum Wachau
Der zweite Veranstaltungstag stand am 16. Juni im Zeichen einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion. Nach der Begrüßung durch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Bundeskanzler Sebastian Kurz diskutierten die Premierminister der Republik Kroatien, Montenegro und der Republik Serbien, Andrej Plenkovic, Duško Markovic und Ana Brnabic sowie der stellvertretende Exekutiv-Direktor von Frontex, Berndt Körner, über das Thema Sicherheit und Migration.

Für Landeshauptfrau Mikl-Leitner hätten die Workshops mit Schülern, Studenten und EU-Gemeinderäten, die heuer im Vorfeld des Europa-Forums erstmals abgehalten wurden gezeigt, dass sich die jungen Menschen „als Europäer fühlen und verstehen“. Sie hätten sich in diesen Workshops unter anderem dafür ausgesprochen, die positiven Errungenschaften der Europäischen Union durch die Politik und die Medien selbstbewusster vor den Vorhang zu holen und „dieses Europa transparenter und für die Menschen besser spürbar werden zu lassen“.

Stabilität und Sicherheit brauche es nicht nur innerhalb von Europa, sondern auch an den EU-Außengrenzen und in den Westbalkan-Ländern, so Mikl-Leitner weiter. Es sei deshalb „unsere gemeinsame Verantwortung und Aufgabe“ den Westbalkan-Ländern eine glaubhafte und konkrete Perspektive zu geben. Damit die Westbalkan-Staaten „unter dem gemeinsamen Dach Europas einziehen können“ müssten die Länder „an unsere Standards“ herangeführt und die demokratische Struktur und Rechtsstaatlichkeit in diesen Ländern gestärkt werden. Mikl-Leitner: „Das wäre ein Aufschwung und Gewinn für die Westbalkan-Länder und auch ein Gewinn für ganz Europa.“ Die österreichische Rats-Präsidentschaft werde deshalb auch die Beziehungen der EU zu ihren Nachbarn und im speziellen zu den Westbalkan-Ländern in den Mittelpunkt stellen.

Zu den derzeitigen Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen sagte Mikl-Leitner: „Die EU ist nicht nur eine Währungs-Union, sondern vor allem eine Werte-Union, und das muss sich auch im gemeinsamen Finanzrahmen widerspiegeln.“ Die größte Migrationskrise seit dem Zweiten Weltkrieg habe zudem gezeigt, dass es eine EU brauche, die „stark und gleichzeitig und flexibel ist“, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können.

Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte, die Europäische Union müsse sich heute in einer „stark veränderten Welt“ behaupten. Europa habe große Fortschritte erzielt etwa in der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, müsse gleichzeitig mit Großbritannien auch den Austritt eines Mitgliedsstaates verkraften. Durch die Flüchtlingskrise sei es zu mehr Spannungen innerhalb der EU gekommen. „Die EU muss schlanker, geeinter und fokussierter werden und die Entscheidungsprozesse der heutigen Zeit anpassen“, ist Kurz überzeugt. Man müsse auch darüber nachdenken, ob es nicht Sinn macht, „die Kommission zu verkleinern und die Verwaltung zu verschlanken“. Debatten innerhalb der EU sollten zudem „auf gleicher Augenhöhe“ geführt werden. Kurz: „Die EU ist in ihrer Vielfalt geeint und nicht in ihrer Gleichheit getrennt.“ Im Mittelpunkt des österreichischen EU-Rats-Vorsitzes stünden Sicherheit und der Schutz der Außengrenze, der Wettbewerb und die Nachbarschaftspolitik.

Andrej Plenkovic, Premierminister der Republik Kroatien, sagte im Rahmen der Podiumsdiskussion, dass Kroatien die Schengen-Kriterien bis Mitte 2019 erfüllen und auch Mitglied der Eurozone werden wolle. Ein großes Anliegen sei Kroatien der Schutz der Außengrenzen und ein verstärkter Dialog mit den Nachbarländern.

Duško Markovic, Premierminister von Montenegro, bedauert es, dass es am Westbalkan nach wie vor keine stabile Sicherheitslage geben würde. Das wolle man ändern, auch um rasch „zu Europa zu gehören“. Zudem sei der Westbalkan eine wichtige Barriere für jene, die nach Europa kommen wollen.

Ana Brnabic, Premierministerin der Republik Serbien, ist überzeugt, dass „Europa für den Balkan und der Balkan für Europa wichtig ist“, insbesondere was die Sicherheit, aber auch Werte anbelange. Bereits im Zuge der „großen Flüchtlingskrise“ habe sich Serbien als „verlässlicher Partner für Europa erwiesen“.

Berndt Körner, stellvertretender Frontex-Exekutiv-Direktor, informierte über die Aufgaben und Ziele von Frontex im Rahmen des europäischen Grenz- und Küstenschutzes. 1200 bis 1700 Personen seien pro Woche im Einsatz. Frontex sei “koordinierend und unterstützend tätig, aber auch exekutierend” im Einsatz. Im Vorjahr habe Frontex mit 341 Flügen 14.200 Personen rückgeführt.

Zum Abschluss dankte Landesrat Martin Eichtinger in seiner Funktion als Präsident des Europa-Forum Wachau allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am diesjährigen Europa-Forum Wachau.

 

 

 

Siehe auch hier >
Weitere Informationen:
https://europaforum.at
Allgemeine Informationen:
http://www.noel.gv.at

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Die Nachrichten-Rubrik "Österreich, Europa und die Welt"
widmet Ihnen der
Auslandsösterreicher-Weltbund

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at