Jugendstrafrecht in Europa

Justizminister Dr.Dieter Böhmdorfer initiierte Expertenkonferenz in Klagenfurt
Wien (bmj) - Über Initiative des österreichischen Justizministers Dr. Dieter Böhmdorfer trafen in der Zeit von 16. bis 19. Jänner 2003 in Klagenfurt mehr als 20 ExpertInnen aus 10 europäischen Staaten sowie von der Europäischen Kommission und vom Europarat zu einer internationalen Konferenz zusammen. Vertreter der Justizministerien sowie Richter und Staatsanwälte berieten über die Grundlagen und die Zukunft des Jugendstrafrechts in Europa.

Die 3-tägige Konferenz brachte große Unterschiede in der Behandlung jugendlicher Straftäter in den einzelnen Ländern zutage: so variiert die Grenze für die Strafmündigkeit zwischen 7 (Schweiz und Irland) und 15 Jahren (in den skandinavischen Staaten). Bei den möglichen Höchststrafen reicht der Strafrahmen bei den schwersten Straftaten von maximal zwei Jahren Freiheitsstrafe (Niederlande) bis zu einer Strafobergrenze von 15 Jahren für 16 bis 18-jährige Straftäter. Belgien hat überhaupt kein eigenes Jugendstrafrecht, dort werden für jugendliche Straftäter familien- und jugendwohlfahrtsrechtliche Maßnahmen gesetzt. Ähnliches gilt für Schweden und Dänemark.

Weiters verfügen manche europäische Staaten über keine eigenen Bestimmungen für Heranwachsende (junge Erwachsene zwischen dem 18. und dem 21. Lebensjahr). Sie behandeln diese Personengruppe unterschiedslos mit allen Konsequenzen wie erwachsene Straftäter.

Der Erfahrungsaustausch und die eingehende Diskussion führten unter anderem zu folgenden Empfehlungen für eine Harmonisierung des Jugendstrafrechts an die maßgeblichen europäischen Institutionen:

  • Eigenen Kodifizierungen des Jugendstrafrechts ist wegen der damit verbundenen wichtigen Signalwirkung der Vorrang zu geben vor bloßen Sonderbestimmungen im allgemeinen Strafrecht.
  • Der positiven Beeinflussung eines mit dem Strafrecht in Konflikt gekommenen Jugendlichen im Sinne seiner Integration in die Gesellschaft (Spezialprävention) ist der Vorrang vor der Abschreckung der Allgemeinheit (Generalprävention) einzuräumen.
  • Sozialkonstruktive Maßnahmen wie gemeinnützige Leistungen und außergerichtlicher Tatausgleich sind auszubauen.
  • Heranwachsende sollten entweder in der Regel nach dem Jugendstrafrecht abgeurteilt werden oder es sollte der Gesetzgeber im allgemeinen Strafrecht eigene Bestimmungen für Heranwachsende schaffen.


Das österreichische Jugendstrafrecht erfüllt diese Voraussetzungen für ein modernes Jugendstrafrecht schon jetzt sehr weitgehend. Besonders im Bereich der Diversion - also der Ersetzung von Strafen durch andere, im konkreten Einzelfall am besten geeignete und ausreichende Maßnahmen wie gemeinnützige Leistungen, Probezeit mit Betreuung, Kursbesuche oder außergerichtlicher Tatausgleich - nimmt Österreich eine Vorbildrolle im internationalen Vergleich ein.

Österreich hat mit dieser Expertenkonferenz eine von den Konferenzteilnehmern allseits als sehr wichtig und wertvoll anerkannte erste konkrete Initiative für die europäische Annäherung auf diesem für die Jugendlichen in Europa so wichtigen Rechtsbereich gesetzt.

 
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