Die Rübenbauern wollen neue Absatzschienen für C-Zucker  

erstellt am
12. 02. 03

Verspritung von C-Rüben zu Alkohol
Wien (aiz.info) - "Die Rübenbauern befinden sich in einer Situation, in der eine deutliche Sprache notwendig ist", so Hermann Schultes, Obmann der "Rübenbauern", am Dienstag (11. 02.) bei einem Pressegespräch. Wegen der anhaltenden Störungen des EU-Zuckermarktes durch Liberalisierung des Imports lässt sich - selbst bei äußerster Produktionsdisziplin der Rübenbauern - der Anfall von C-Zucker nicht gänzlich vermeiden. Jedes Kilo in die EU eingeführter Zucker verdrängt hier nämlich ein Kilo europäischen Zucker vom Markt, das schließlich exportiert werden muss, erklärte Schultes. Künftig sei daher mit weiterer Quotenkürzung durch Deklassierung, das heißt Abwertung von Quotenrübe zu C2-Rübe, zu rechnen. C-Rüben würden Probleme mit sich bringen, informierte Schultes. So bringe die Produktion von Rüben für C-Zucker dem Landwirt wegen der niedrigen Zuckererlöse negative Deckungsbeiträge, also Verlust. Auch steht der C-Zuckerexport der EU bei der Welthandelsorganisation (WTO) unter Anklage von Staaten wie Brasilien oder Australien. "Wir brauchen daher unbedingt neue Absatzschienen für C-Zucker", betonte Schultes. Und er denkt dabei an erster Stelle an die Verspritung von C-Rüben zu Alkohol und dessen Einsatz als Biokraftstoff.

Schultes appellierte an die künftige Regierung, diese Problematik in ihren Regierungsverhandlungen zu berücksichtigen. Der bereits in der EU diskutierte Aktionsplan für Biokraftstoffe wie Bioethanol oder Biodiesel soll rasch umgesetzt werden. Dabei würden zwei Rechtsakte im Mittelpunkt stehen: Eine Richtlinie, wonach bis zum Jahr 2005 2% der in der EU vertriebenen Kraftstoffe Biokraftstoffe sein sollen und bis zum Jahr 2010 5,75%, und eine zweite Richtlinie, die es den Mitgliedsstaaten erlaubt, für Biokraftstoffe einen geringeren Steuersatz anzuwenden. Parallel dazu fordern die Rübenbauern einen Außenschutz für Bioalkohol als Treibstoffkomponente oder die Anforderung einer definierten Produktion in Europa. "Nur so kann in der EU echter Klimaschutz nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit praktiziert werden", betonte Schultes.

C-Rüben vermeiden
Aber auch an die Rübenproduzenten richtet Schultes einen Appell: Richten wir den Anbauumfang punktgenau auf die Erfüllung der betriebsindividuellen Lieferrechte aus. C-Rüben sind deshalb möglichst zu vermeiden." Wenn es gelingt, C-Rüben zu vermeiden, wird dem Prinzip Nachhaltigkeit Rechnung getragen. "Denn je mehr C-Zucker die EU exportiert, desto stärker wird in der WTO der Druck aus Übersee auf unsere Marktordnung", stellte Schultes klar.

Weltmarkt: Zuckerpreise im Keller
Zu schaffen macht den heimischen Rübenbauern die angespannte Situation am Weltmarkt. Die Lagerbestände werden 2002/03 ein weltweites Rekordniveau erreichen. Die globale Zuckerproduktion wird mit bis zu 143 Mio. t Rohware den zwischen 133 und 139 Mio. t geschätzten Verbrauch erneut deutlich übertreffen. Als Folge von ungebremst und praktisch um jeden Preis auf den Markt drängenden Zuckermassen aus Übersee, vor allem aus Brasilien und Australien, fielen die internationalen Zuckernotierungen in den Keller: die Londoner Weißzuckernotierung verfiel vom Jänner bis September 2002 von EUR 295,96 auf EUR 222,03 pro t. Von diesem Weißzuckerpreis lässt sich ein Preis für C-Rüben (außerhalb der Quoten) von EUR 10,- pro t ableiten. Ein absolut die Kosten nicht deckender und für den Rübenbauern unwirtschaftlicher Preis für Rübenlieferungen über die Quote hinaus, bedenkt man den Grundpreis für Quotenrüben von EUR 47,67, so Schultes. Auch das Westbalkan-Abkommen der EU mit Serbien und Kroatien bereitet den Rübenbauern Sorgen. Große Mengen billig importierter Zucker aus diesen Ländern nehmen der einheimischen Produktion Marktanteile weg.

Wir brauchen die europäische Zuckermarktordnung
Schultes sprach sich mit Vehemenz für den Fortbestand der europäischen Zuckermarktordnung aus. "Ohne Zuckermarktordnung kann es keine europäische Zuckerrübenproduktion geben." Europa braucht einen geordneten Markt, um eine sichere Versorgung aus eigener Erzeugung gewährleisten zu können, ist Schultes überzeugt.

Derzeit bauen in Österreich rund 10.000 Landwirte auf etwa 44.500 ha Zuckerrübe an. Die Ernte 2002 belief sich auf 3,04 Mio. t. Die Tendenz geht zu höheren Rüben- und Weißzuckererträgen auch in Trocken- oder Nässejahren. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre hält Österreich bei 60,96 t Rüben und 9,44 t Weißzucker pro Hektar.
 
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