VKI gewinnt Sammelklage gegen BAWAG  

erstellt am
21. 02. 03

Oberlandesgericht bestätigt die Rechtsansicht des VVKI in einer Sammelklage im Streit um zuviel verrechnete Kreditzinsen
Wien (vki) - Das Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) bestätigt die Rechtsansicht des Vereines für Konsumenteninformation (VKI) in einer Sammelklage im Streit um zuviel verrechnete Kreditzinsen gegen die BAWAG und lässt eine ordentliche Revision an den OGH zu.

Der VKI wirft den Banken vor, Kreditkunden zuviel Zinsen verrechnet zu haben. Im Schatten von unpräzisen Zinsanpassungsklauseln haben die Banken bei Krediten vor 1. 3. 1997 die Zinsen - bei Änderungen am Geld- und Kapitalmarkt - rasch erhöht und nicht oder nur zögerlich gesenkt. Damit wurden die Gewinne der Banken gesteigert; auf Kosten der Kunden, die zuviel Zinsen zurückbezahlten.

Bereits 1995 hat der VKI diese Praxis in einer Verbandsklage aufgedeckt. Seither führt der VKI eine Reihe von Musterprozessen gegen verschiedene Banken. Da sich vor allem die BAWAG grundsätzlich weigert, Rückzahlungen zuviel berechneter Zinsen vorzunehmen und sich zudem nun auch darauf beruft, diese Rückforderungen wären - bestünden sie zu Recht - verjährt, hat der VKI gemeinsam mit den Arbeiterkammern Tirol, Vorarlberg und Kärnten Sammelklagen von 180 Geschädigten gegen die BAWAG organisiert. Die Geschädigten haben ihre Ansprüche dem VKI abgetreten und dieser hat die Ansprüche gesammelt beim HG Wien eingeklagt. Das Prozesskosten-Risiko wird vom deutschen Prozess-Finanzierer FORIS AG gegen eine Erfolgsprovision von 30 Prozent abgedeckt. Der Streitwert beträgt in diesem Verfahren über 654.000 Euro.

Das Handelsgericht Wien (HG Wien) hat in einem Teilurteil im Juni 2002 dem VKI in allen Punkten Recht gegeben. Der Berufung der BAWAG hat nun das OLG Wien nicht Folge gegeben:

- Die Form einer "Sammelklage" mit Unterstützung durch einen Prozessfinanzierer wurde auch vom OLG Wien für durchaus zulässig angesehen. Dieser Weg der Durchsetzung von Rechtsansprüchen für eine Vielzahl von Geschädigten wurde daher wieder bestätigt.

- Auch wenn Zinsanpassungsklauseln einseitig formuliert sind (nur "erhöhen"), sind sie "zweiseitig" auszulegen ("erhöhen und senken").

- Die von den Banken vor 1997 verwendeten Zinsanpassungsklauseln wurden als gesetzwidrig angesehen, weil "die Aufzählung einer Reihe von ungewichteten Parametern, die zum Teil nicht vom Willen der Bank unabhängig, zum Teil aber auch unbestimmte Leerfloskeln sind, nicht den Zweck des § 6 Abs 1 Z 5 Konsumentenschutzgesetz erfüllt".

- Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung kann man die neue Zinsgleitklausel (auf Basis der Parameter VIBOR/EURIBOR und Sekundärmarktrendite) zur rückwirkenden Nachrechnung der Kredite heranziehen. Überzahlungen sind zurückzuerstatten.

- Die Rückforderungsansprüche der geschädigten Kreditnehmer verjähren nicht, wie die BAWAG argumentierte, in drei Jahren, sondern in 30 Jahren.

"Damit ist ein weiterer wichtiger Teilerfolg im Streit um die Zinsenverrechnung bei Verbraucherkrediten zu verbuchen", freut sich Dr. Peter Kolba, Leiter der VKI-Rechtsabteilung. Nachdem nun die beiden Oberlandesgerichte Wien und Graz (die AK Steiermark konnte vor wenigen Wochen dort ebenfalls einen Erfolg verbuchen) sich unserer Rechtsmeinung angeschlossen haben, warten wir gespannt auf eine Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH).

OLG Wien 17.1.2003, 4 R 269/02m Klagevertreter: Dr. Alexander Klauser, Rechtsanwalt in Wien
 
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