Regens Küchl: »Wir versuchen jede Berufung ernst zu nehmen«  

erstellt am
27 02. 03

»Die Kandidaten kommen eben deshalb nach St. Pölten, weil es ihnen hier am besten gefällt«
St. Pölten (Kath.Net) - Propst Msgr. Ulrich Küchl, Regens im St. Pöltner Priesterseminar, im Kath.Net-Interview über den Eintrittsboom.

Kath.Net: Zwei Jahre lang gab es keine Eintritte ins Seminar. Nun kamen neun neue Priesteramtskandidaten. Hat es einen Anlass gegeben, der den 'Eintrittsboom' ausgelöst hat?

Regens Küchl: Das ist nicht richtig. Es kamen im Oktober 2002 nicht neun, sondern elf Kandidaten, vorher kam noch einer im März und jetzt im Februar 2003 kamen wieder zwei. In Summe sind es also 14 Bewerber.

Kath.Net: Meinen Sie, dass es mit Ihrer Amtsübernahme zu tun hat?

Regens Küchl: Ich kann es nicht genau sagen, ich vermute aber, dass es mit meiner Amtsübernahme zu tun haben könnte. Ich habe jedenfalls keinen Kandidaten gefragt, ob er meinetwegen hier ist. Aus Gesprächen weiß ich, dass man im deutschen Sprachraum die Aufnahmebereitschaft der Priesterseminare in Eichstätt und St. Pölten als besonders offen und großzügig einschätzt. "Großzügig" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass sich diese Priesterseminare über kirchenrechtliche Vorgaben hinwegsetzen, sondern dass vorurteilsfrei jede mögliche spirituelle Begabung anerkannt wird. Wir versuchen eben, jede Berufung ernst zu nehmen, gleichgültig ob sie einer momentanen pastoralen Leitlinie entspricht oder nicht. Wir reagieren erst dann ablehnend, wenn sich herausstellt, dass jemand aus schwerwiegenden moralischen oder gesundheitlichen Gründen für das Priesteramt nicht geeignet ist. Dies ist die Linie unseres Bischofs, die ich als sein Beauftragter auch aus persönlicher Überzeugung mittrage.

Kath.Net: Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass es in manchen Diözesen großen Nachwuchs bei den Seminaristen gibt, in anderen keinen?

Regens Küchl: Meiner Einschätzung nach haben wir nicht nur Priestermangel sondern auch einen Gläubigenmangel. In jenen Diözesen, in denen es viele Gläubige gibt, gibt es auch viele Priester. Ein anderer Grund mag sein, dass von den Bewerbern die Aufnahmebedingungen mancher Diözesen als zu restriktiv betrachtet werden. Die Stimmung im Presbyterium ist häufig konfliktgeladen. Die Kandidaten kommen eben deshalb nach St. Pölten, weil es ihnen hier am besten gefällt. Jede Diözese strahlt eine gewisse Attraktivität und Atmosphäre aus.

Kath.Net: Welche Schwerpunkte legen Sie bei der Ausbildung der Seminaristen?

Regens Küchl: Erstens halte ich mich an die Richtlinien des II. Vatikanischen Konzils, der Römischen Bildungskongregation und der Österreichischen Bischofskonferenz. Zweitens möchte ich in den Priesterseminaren das Interesse für traditionelle humanistische Werte wecken. Sie sollen nicht nur eine theologische und spirituelle Ausbildung erfahren, sondern auch jene humanistische Weltsicht bekommen, die von der europäischen Tradition geprägt ist. Dies deshalb, weil das Evangelium immer nur in einem kulturellen Kontext weitergegeben werden kann. Dazu gehört übrigens auch das Latein. Diesen Kulturstrom abzureißen oder erst mit dem II. Vatikanischen Konzil beginnen zu lassen, halte ich nicht für sinnvoll. Drittens möchte ich, dass die Seminaristen auch in die hierarchische Gemeinschaft mit dem Bischof und dem Presbyterium hineinwachsen.

Kath.Net: Das Linzer Priesterseminar setzt auf Psycho-Training wie "Gestalttherapeutisches", "Selbsterfahrung" und "Konfliktbewältigung". Wird es dies in St. Pölten auch geben?

Regens Küchl: Nicht in dieser Form.

Kath.Net: Gerüchten zufolge sind Sie als neuer Generalvikar im Gespräch. Wären Sie zu einem solchen Schritt bereit und wer würde Ihr Nachfolger?

Regens Küchl: Ich habe diese Gerüchte bisher nur von einigen Propädeutikern erfahren. Da ich mit unserem Bischof nicht darüber gesprochen habe, sehe ich keinen Grund, zu diesen Gerüchten Stellung zu nehmen.
 
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