Umweltpolitik – Regierungsprogramm  

erstellt am
11. 03. 03

Sima: Umweltschutz bleibt weiter Anhängsel der Landwirtschaft
Minister Pröll vergibt Chancen, Hoffnungen auf große Reformschritte werden enttäuscht
Wien (sk) - "Ein neuer Minister bringt gewisse Chancen, wenn man sich aber das schwarz-blaue Regierungsprogramm und das Kapitel 'Nachhaltigkeit, Umwelt und Landwirtschaft' ansieht, dann sind diese Hoffnungen schnell enttäuscht", unterstrich SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima Montag (10. 03.) in einer Pressekonferenz. Große Reformschritte suche man vergebens, der "magere" Ist-Zustand werde lediglich weiter verwaltet, so Sima. Die SPÖ-Umweltsprecherin sieht bereits "vorprogrammierte Interessenkonflikte, vor allem in den Bereichen Wasserschutz und Wälder, immerhin habe der neue Umweltminister Pröll einen starken agrarischen Hintergrund, da er aus dem Bauernbund kommt. Befürchtungen, dass Umweltschutz weiter ein Anhängsel der Landwirtschaft bleibe, werden sich wohl bestätigen.

"Von der Vorreiterrolle im Bereich Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik, die Schwarz-Blau ständig bemühen, ist jedenfalls weit und breit nichts auszumachen", so Sima. Umweltschutz sei so wie Nachhaltigkeit - die im gesamten Koalitionsabkommen abgesehen von der Überschrift nicht vorkomme - für diese Regierung kein Anliegen. "Wo die von Minister Pröll ins Treffen geführte 'Klammer Nachhaltigkeit' zu finden ist, ist völlig unklar", kritisierte Sima. In Kernbereichen wie dem Klimaschutz oder der Anti-Atom-Politik seien die Pläne unambitioniert. Eine große Chance, wieder aktive Umweltpolitik zu machen, sei leider vergeben worden.

Zum Thema Klimaschutz kritisierte Sima, dass bis jetzt keine zusätzlichen Mittel für diesen wichtigen Bereich ausgegeben wurden. Es seien pro Jahr 90 Millionen Euro notwendig, um das österreichische Kyoto-Ziel zu erreichen. Ausgegangen wurde dabei von einem Start dieser Investitionen 2000, bisher hat es keine zusätzliche Mittel in diesem Bereich gegeben. Nun wolle man 2004 beginnen - von 2004 bis 2006 werden die Budgetmittel laut Koalitionsabkommen um 30 Millionen Euro aufgestockt, erst 2006 wird die volle Summe von 90 Millionen investiert. "So wird Österreich das Kyoto-Ziel nicht erreichen." Außerdem hätten laut einer Wifo-Studie durch die Investitionen in den Klimaschutz 25.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die SPÖ fordert daher die sofortige gesicherte Finanzierung der überfälligen Klimaschutzmaßnahmen von 90 Millionen Euro pro Jahr.

Zur nuklearen Sicherheit unterstrich Sima, dass das Regierungsprogramm einer "Bankrotterklärung der heimischen Anti-Atompolitik" gleichkommt. Die schwarz-blaue Regierung habe in der letzten Legislaturperiode so gut wie alle Chancen gegen das Akw Temelin verschenkt. Sima plädierte daher dafür, die österreichische Anti-Atompolitik völlig neu zu orientieren und auf europäischer Ebene Verbündete zu suchen. Der Kampf gegen Einzel-Akw habe bisher keinen Erfolg gezeitigt, so die SPÖ-Umweltsprecherin.

Sima sprach sich auch vehement gegen eine Aufstockung der EURATOM-Kredite von vier auf sechs Milliarden Euro aus. Denn mit diesem Geld werde nicht bloß in die Sicherheit von osteuropäischen Akw investiert, es werden damit auch sechs neue Reaktoren an vier russischen Standorten finanziert. Die SPÖ fordert daher ein klares Nein von der Bundesregierung zur Aufstockung der EURATOM-Kredite.

Eine dramatische Entwicklung ortet die SPÖ-Umweltsprecherin im Bereich Abfall. "Die Müllberge wachsen rasant, die Mehrwegverpackungen verschwinden aus den Regalen", wies Sima hin. Bei Mineralwasser etwa sei der Anteil von Mehrwegflaschen von 59 Prozent 1999 auf 43 Prozent 2002 zurückgegangen. Obwohl die Menge an gesammelten PET-Flaschen in den letzten Jahren von 10.000 auf 15.000 Tonnen gestiegen sei, gebe es bisher keine gegensteuernden Maßnahmen von der Regierung. "Offenbar will man nichts unternehmen, um den sinkenden Anteil an Mehrweggebinden wieder anzuheben", kritisierte die SPÖ-Politikerin. Die SPÖ fordert eine Pfandpflicht oder einen Entsorgungsbeitrag zur Eindämmung der Plastikeinweg-Flaschen und Alu-Dosen am Getränkemarkt.

Da das EU-Moratorium betreffend der Marktzulassung von gentechnisch veränderten Pflanzen in Kürze fallen könnte, sei eine wahre Flut an neu zugelassenen Gentech-Pflanzen in der EU zu erwarten, so Sima. "Die schwarz-blaue Regierung hat bis heute keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um diese Entwicklung abzufedern. Es gibt auf Bundesebene keine Regelung." Als völlig unverständlich bezeichnet Sima den aktuellen Vorstoß von EU-Kommissar Fischler, wonach Biobauern für Schutzmaßnahmen und Pufferzonen selbst verantwortlich sind. "Fischler wälzt damit jegliche Verantwortung auf die Bauern ab und versetzt der gentechnikfreien Zone in Europa einen Todesstoß", kritisierte Sima. Bei einem wahllosen Nebeneinander von gentechnikfreier Landwirtschaft und jener, die Gentechnik einsetzt, komme es nach wenigen Monaten zu einer völligen Durchmischung, eine gentechnikfreie Produktion sei dann unmöglich. Die SPÖ lehnt daher den Fischler-Vorschlag ab und fordert, keine gentechnikmanipulierten Pflanzen in Österreich freizusetzen. 

 

 Kopf: Regierungsprogramm lesen, bevor man es kritisiert
Aufstockung der Gelder für Klimaschutz - Anti-Atomkurs wird weitergeführt
Wien (övp-pk) - Als "oppositionelle Pflichtübung" bezeichnete ÖVP-Energie- und Umweltsprecher Abg. z. NR Karlheinz Kopf am Montag (10. 03.) die Aussagen von SPÖ-Umweltsprecherin Ulli Sima. "Es hätte Sinn gemacht, wenn Sima das Regierungsprogramm wenigstens gelesen hätte, bevor sie es kritisiert", so Kopf. Nicht umsonst schrieben die "Salzburger Nachrichten" in ihrer heutigen Ausgabe, das Regierungsübereinkommen trage eine "nicht zu übersehende ökosoziale Handschrift", sagte Kopf.

Simas Äußerungen bei ihrer heutigen Pressekonferenz entsprächen nicht den Tatsachen. "Beim Klimaschutz etwa werden die Budgetmittel in den Jahren 2004 bis 2006 um je 30 Millionen Euro aufgestockt", so Kopf. Außerdem verfolge Österreich weiterhin zielstrebig seinen Anti- Atomkurs. "Im Regierungsübereinkommen steht ganz klar, dass sich die Entscheidung Österreichs daran orientieren wird, dass keine zusätzlichen Mittel für den Neubau, die Kapazitätsausweitung oder die Nachrüstung von Atomkraftwerken verwendet werde", so der ÖVP- Energiesprecher.
 
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