Leitl: Irak-Krieg rein ökonomisch kein Grund zur Panik  

erstellt am
21. 03. 03

Leitl bedauert das Scheitern diplomatischer Lösungen der Irak-Krise – Wirtschaftsbeeinträchtigung schon vor Kriegsbeginn eingetreten
Wien (pwk) - Der Beginn des völkerrechtlich umstrittenen und von keiner UNO-Resolution gedeckten Angriffs auf den Irak ist zwar für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik die bisher schwierigste Herausforderung - aus rein ökonomischer Sicht besteht aber kein Grund zur Panik.

Leitl rechnet nicht mit einem "worst-case-scenario"
"Auch wenn das menschliche Leid durch die Kampfhandlungen natürlich im Vordergrund steht, besteht aus einer rein wirtschaftlichen Perspektive kein Grund für übertriebene Ängste. Die aus der Irak-Krise resultierenden ökonomischen Schäden sind größtenteils schon eingetreten, bevor noch der erste Schuss gefallen ist." WKÖ-Präsident Christoph Leitl erwartet für 2003 nur mehr ein reales Wirtschaftswachstum von 1 bis 1,5%. Wahrscheinlicher sei ein Wert an der Untergrenze dieser Marge, was gegenüber der Dezemberprognose des WIFO für heuer einen Wachstumsverlust von rund einem halben Prozentpunkt bedeuten würde. Leitl: "Die globale Wirtschaftslage der vergangenen Monate war bereits durch den Primärfaktor Unsicherheit geprägt. Weltweit gab und gibt es Unsicherheit sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Investoren." Die Unsicherheiten rund um die Irak-Krise haben auch den starken Ölpreisanstieg mitbewirkt. Dazu kam noch die unterschiedliche Kursentwicklung von Euro und Dollar.

Je nach Kriegsverlauf sind alle Szenarien zwischen geringen weiteren ökonomischen Auswirkungen bis hin zu einer weltweiten Rezession denkbar. "Bei einem kurzen Krieg ist von relativ geringen weiteren negativen Auswirkungen für die europäische und damit auch die österreichische Wirtschaft auszugehen", rechnet Leitl nicht mit einem "worst-case-scenario", obwohl der Rohölpreis auch bei einem kurzen Krieg noch weiter steigen dürfte, um sich aber bis Jahresende deutlich unter dem aktuellen Niveau einzupendeln.

"Besser wäre natürlich eine politische Lösung des Problems gewesen, weil das Risiko einer Eskalation des Krieges und damit verbundener rezessiver Entwicklungen zwar gering ist, aber eben nicht ganz ausgeschlossen werden kann", bedauert Leitl das Scheitern aller Versuche, eine diplomatische Lösung herbeizuführen. Nur bei sehr langem Kriegsverlauf verbunden mit massiven Terroraktionen und einem daraus resultierenden dramatischen und vor allem lang andauernden Anstieg des Ölpreises sowie einer weltweiten Zunahme der Verunsicherung sei eine Rezession denkbar. "Ein Szenario, mit dem allgemein nicht gerechnet wird", so Leitl. Sollte dennoch dieser unwahrscheinliche Fall eintreten, sei ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von bis zu zwei Prozent denkbar.

"Weitere negative ökonomische Auswirkungen des Irak-Krieges sollten sich deshalb in Grenzen halten, weil ein Irak-Krieg mit halbwegs raschem Verlauf im wesentlichen schon im Ölpreis und in den Börsenkursen eingepreist ist und auch bei den jüngsten Wachstumsprognosen schon mitbedacht wird", präzisiert Markus Beyrer, der Leiter der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der WKÖ. Durch den Wegfall bestehender Unsicherheiten könnten sich auf Sicht sogar positive Wirtschaftsimpulse ergeben. Voraussetzung sei natürlich, dass der Krieg und die darauffolgende Neuordnung des Irak und der ganzen Region keine neuen Unsicherheiten schafft. Wunder dürfe man sich von einem raschen Ende der Irak-Krise aber keine erwarten, weil dadurch von der Krise unabhängige Probleme wie etwa die steigenden Defizite der USA (Budget und Leistungsbilanz), das drohende Platzen der sogenannten "Immobilienblase" in den USA oder in Großbritannien, die hartnäckige Krise der japanischen Wirtschaft sowie die mangelnde wirtschaftspolitische Selbstorganisationsfähigkeit der Europäischen Union nicht gelöst werden können. "Der Irak-Krieg darf nicht unseren Blick auf die Notwendigkeit der Beschleunigung der Strukturreformen auf europäischer Ebene trüben oder gar als Ausrede für weitere Versäumnisse dienen", warnt Beyrer.
     
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