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Gusenbauer: Klare Worte zu einer zukünftigen Regierungsverantwortung
Scharfe Kritik am Rechtskurs der ÖVP
Wien (sk) - Mit scharfer Kritik grenzte sich SPÖ-Bundesparteivorsitzender Alfred Gusenbauer im Rahmen des Wiener Parteitages am Samstag (27. 04.) gegen die blau-schwarze Politik ab, die darauf abziele die Gesellschaft zu spalten und eine Zwei-Klassengesellschaft zu errichten. Gusenbauer beließ es jedoch nicht bei dieser Kritik, sondern stellte eine konkrete Alternative zur Aussicht: "Im Falle einer zukünftigen Regierungsverantwortung wird die SPÖ die unsoziale Besteuerung der Unfallrenten zurücknehmen, die Studiengebühren abschaffen und die Ambulanzgebühren streichen."
Klare Worte der Kritik fand Gusenbauer auch zum "scharfen Rechtskurs" der ÖVP, dem man nicht zuletzt die Neonazi-Demonstration am Heldenplatz zu verdanken habe, und welcher sich auch in der "kleinlichen Häme, den Spott und die Schadenfreude" ausdrücke, mit der die Regierung auf den Erfolg des Rechtsextremisten und Antisemiten Le Pen bei den französischen Wahlergebnis reagiert habe. Betreffend des Amoklaufs in Erfurt bemerkte Gusenbauer: Dies sei der Ausdruck einer sich radikalisierenden Gesellschaft; die politische Ebene habe es möglich gemacht, dass sich Rechtsextremisten durchsetzen können.
Betreffend des Kanzleranspruchs, den Haider in den arabischen Medien erneut gestellt hat, bemerkte Gusenbauer: "Das Schlimme besteht nicht in dieser Ansage, sondern in den Untergriffen und Attacken, mit denen Haider und die Regierung die Österreicher beleidigen und das Bild Österreichs weltweit in ein schiefes Licht rücken" - Stichwort Auflösung des Jugendgerichtshofes und Angriffe auf den Verfassungsgerichtshof. "Der Bundeskanzler, der von Haiders Gnaden am Ballhausplatz sitzt" reagiere auf diese Entwicklungen mit "notorischem Schweigen", kritisierte Gusenbauer - und zog daraus den Schluss: Mit der Verleugnung ihrer christlich-sozialen Wurzeln habe die ÖVP als ehemalige Partei der politischen Mitte einen scharfen Rechtskurs eingeschlagen. Mit anderen Worten gesprochen: "Zwischen Haider und Schüssel und Khol und Westenthaler passt kein Löschblatt mehr." Die Antwort der SPÖ auf diese Rechtentwicklung der ÖVP müsse laut Gusenbauer sein, als "integrative Kraft" ein Angebot für die - nun heimatlose - politische Mitte zu bieten.
Als Ausdruck des Rechtkurses der ÖVP, wertete Gusenbauer deren Zustimmung dazu, dass zum ersten Mal in der Zweiten Republik Neonazis am Heldenplatz demonstrieren durften. "Wir werden nicht akzeptieren, dass Österreich von rechten Chaoten gemeinsam mit blau-schwarzen Geschichtsumdeutern geschändet wird", Gusenbauer kündigte an, "alle Alarmzeichen ernst zu nehmen" und dieser nicht mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Zu den anarchistischen Randalierern bemerkte Gusenbauer: Sie seien die besten Erfüllungsgehilfen für die blau-schwarze Regierung, da nicht mehr über Inhalte, sondern nur mehr über Gewalt diskutiert werde. Der Gewalt, egal von welcher Seite sie komme, erteilte Gusenbauer ein "deutliches Nein": "Wir sind der Garant für ein friedliches und sicheres Österreich."
Die Haider-Schüssel Regierung versuche mit einer unbeschreiblichen Aggressivität, die Kräfte mundtot zu machen, die ihr nicht ins Konzept passen. Den Hintergrund dieses "kalten Hasses" ortete Gusenbauer in einer "Spaltung des Landes". Die Österreicher sollen in jene, die für und jene, die gegen die Regierung sind, in jene, die hier und jene die zugewandert sind, aufgespalten werden. Zudem sollen die Jungen von den Alten und jene, die im Stande sind, Solidarität zu geben, von jenen, die darauf angewiesen sind, Solidarität zu erhalten, getrennt werden. Dieser Zielsetzung trat Gusenbauer mit Vehemenz entgegen: " Wir werden diese Spaltung nicht zulassen, wir werden diese Zwei-Klassengesellschaft nicht dulden, wir wollen ein Österreich mit gleichen Chancen für alle Österreicher."
Als weitere Abgrenzungslinie gegenüber der blau-schwarzen Politik führte Gusenbauer die Wirtschaftspolitik ins Treffen. Entgegen einer modernen Wirtschaftspolitik, die darauf abziele, in die Schaffung von hochqualifizierten Arbeitsplätzen zu investieren, tue die Regierung in Zeiten einer verschärften Rezession nicht nur Nichts, sondern trage noch zu einer zusätzlichen Verschärfung der Arbeitsmarktsituation bei. "250 000 Menschen stehen in Österreich auf der Straße, und was tut die Regierung? Sie kürzt noch zusätzlich die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik", kritisierte Gusenbauer - und folgerte daraus: "Sie stopft die Gelder lieber in Budgetlöcher als in die Investition von Arbeitsplätzen." Besonders "zynisch" empfand Gusenbauer die parteipolitische Auseinandersetzung der Regierung mit der Wiener SPÖ: "Zuerst wurden der Stadt Wien durch eine Kürzung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik die Chancen geraubt und dann wurde mit einer Plakatkampagne, die Verantwortung für die hohe Arbeitslosigkeit auf die SPÖ geschoben."
   
Nationalratswahl ist Richtungsentscheid für Österreich
"Ich werde alles dafür tun, dass diese Wahl zu Gunsten der sozialen Gerechtigkeit ausgeht und nicht zu Gunsten der sozialen Kälte", so Gusenbauer weiter. Die kommende Nationalratswahl stelle eine "Wegkreuzung für Österreich" dar. Es werde sich zeigen, ob sich die ÖsterreicherInnen für einen Weg entscheiden würden, der "Österreich fundamental zurückwirft" oder sich dem Modell der Sozialdemokratie anschließen werden. "Wir Sozialdemokraten stellen uns dieser Grundsatzfrage. Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt", unterstrich Gusenbauer.
"Die Österreicher haben unsere solide Arbeit belohnt", betonte der Parteivorsitzende. In den letzten zwanzig Jahren habe es kaum eine Zeit gegeben, in denen die Sozialdemokratie so viele aufeinander folgende Wahlen gewonnen habe. Dies müsse die Sozialdemokratie als Ermutigung für die kommende Wahl sehen. Gerade in Wien habe sich gezeigt, dass die politische Auseinandersetzung mit der blau-schwarzen Bundesregierung auch helfen könne. Der Wiener SPÖ und dem Bürgermeister sei es mit Unterstützung der Gewerkschaft gelungen, zusätzliche Mittel für den Arbeitsmarkt zu erhalten.
Die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt habe sich unter der derzeitigen Regierung fundamental verschlechtert. "Es werden die Weichen in die falsche Richtung gestellt", kritisierte Gusenbauer. Sämtliche Aktivitäten zum Ausbau der Kinderbetreuung seien eingestellt worden. Stattdessen mache die Bundesregierung einen "Zurück an den Herd"-Politik, die ein verstaubtes Modell sei. Auch Qualifikationsmaßnahmen für Frauen müssten unter der Politik leiden. Dies habe bereits konkrete Auswirkungen. In Oberösterreich sei ein ausgezeichnetes Weiterbildungsprojekt gestrichen worden, damit habe man zahlreichen Frauen die Chance auf einen Beruf genommen. Die Aufgabe der Sozialdemokratie sei es nun, dafür zu sorgen, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verwirklicht werde.
"Blau-schwarz hat versprochen die Steuern zu senken. Kaum waren sie an der Macht, wurden die Steuern und Abgaben um 20 Prozent erhöht." Österreich habe seit Antritt der Bundesregierung die höchste Abgabenquote seit Jahren. Nun würde die FPÖ erneut eine Steuersenkung ankündigen. "Nach jeder Ankündigung einer Steuersenkung ist eine Erhöhung gefolgt", stellte der Bundesparteivorsitzende klar. "Die Österreicher haben nicht so ein schlechtes Gedächtnis wie die Bundesregierung glaubt." Nach der nächsten Nationalratswahl werde die Regierung für diese Politik die Quittung präsentiert bekommen.
"Über 700.000 haben das Sozialstaatsvolksbegehren unterschrieben. Diese Menschen werden von der Regierung verhöhnt", konstatierte Gusenbauer. Den Initiatoren und Unterstützern sei ein herzlicher Dank für dieses Volksbegehren auszusprechen und zu diesem Erfolg zu gratulieren. "Wir Sozialdemokraten stehen zu den Zielen dieses Volksbegehrens", bekräftigte Gusenbauer. Man müsse den Sozialstaat weiterentwickeln und gegen zukünftige Angriffe wappnen. "Aber auch wir sind keine Traumtänzer", so Gusenbauer. Um den Sozialstaat finanzieren zu können, müssten die Ausgaben durch Einnahmen abgedeckt sein. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass es bei jeder Budgetkonsolidierung Einschnitte im Sozialsystem gegeben habe. "Daher besteht ein enger Zusammenhang zwischen einem ausgeglichenem Budget und dem Sozialstaat", bemerkte der Abgeordnete.
Man müsse den Sozialstaat anpassen, um den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden. "Wir können uns nicht alles leisten. Daher müssen wir Prioritäten setzen." Für die Sozialdemokratie gebe es drei Grundpfeiler des Sozialsystems: ein gerechtes Gesundheitssystem, ein freier Zugang zur Bildung und gesicherte Pensionen. "Wir sind für einen freien Zugang zur Bildung, sie sind für Studiengebühren. Wir sind für ein faires Gesundheitssystem, sie sind für eine Zwei-Klassen-Medizin", so Gusenbauer in Bezug auf die Politik der blau-schwarzen Regierung." Die Grundlage für Pensionen werde von der Regierung von Jahr zu Jahr geändert. Hier zeige sich der "Kernunterschied" zwischen blau-schwarz und der Sozialdemokratie. Während die SPÖ für eine solidarische Gesellschaft stehen würde, repräsentiere schwarz-blau die "Ellenbogengesellschaft".
"Die SPÖ hat in den letzten zwei Jahren zielstrebig und unbeirrt für einen Kurswechsel gearbeitet. Die Bilanz kann sich sehen lassen", so Gusenbauer. So habe man ein Steuerkonzept präsentiert, dass nicht nur Arbeitnehmer entlaste, sondern auch Arbeitgeber für Investitionen belohne. "Das ist ein Paket der sozialen Gerechtigkeit." Das Steuerkonzept der SPÖ liege bereits im Parlament vor und müsse nur noch zur Abstimmung gebracht werden. "Die Steuerreform wird für die Bundesregierung ein Lackmustest", betonte der Bundesparteivorsitzende.
"Die Universitätsreform ist zu Recht auf breite Ablehnung gestoßen." So hätten sich Rektoren, Mittelbau und Studierende gegen das Konzept von Wissenschaftsministerin Gehrer ausgesprochen. Die Sozialdemokraten hätten mit allen Betroffenen diskutiert und nun ein Konzept präsentiert, dass die Universitäten nicht unter politischen Zugriff stelle und die Mitbestimmung nicht beschneide. Die Sozialdemokratie sei für eine Universität ohne Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren. "Wir stehen nicht für das Kaputtsparen, sondern für die Zukunft der Bildung", hielt Gusenbauer fest.
Des weiteren habe man eine umfassende Strategie in Bezug auf die bevorstehende Erweiterung der Europäischen Union, die im Gegensatz zum "Wackelkurs der Regierung" stehe. Die blau-schwarze Koalition habe sich vor allem mit Vetodrohungen ausgezeichnet. Die Erweiterung sei ein wichtiges Projekt für Wohlstand und Frieden in Europa. "Wir sind überzeugt, dass die EU-Erweiterung in unserem ureigensten Interesse liegt", schloss Gusenbauer.

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