Sozialpolitik  

erstellt am
02. 04. 03

 Schüssel zu Pensionen: Blick heben - Geht um Sicherung der Sozialsysteme
Ganz wichtige Reformvorhaben gewinnen Gestalt - halten Zeitplan kurz
Wien (övp-pd) - "Bei den Pensionen müssen wir den Blick heben. Es geht nicht um Einsparungen, sondern entscheidend ist die Sicherung der Sozialsysteme für die Zukunft", sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel im Pressefoyer nach dem Ministerrat am Dienstag (01. 04.). Mit dem gestern in Begutachtung geschickten Budgetbegleitgesetz würden "einige ganz wichtige Reformvorhaben im Regierungsprogramm Gestalt gewinnen. Wir halten den Zeitplan und den Kurs". Der Kanzler dankte allen Beteiligten für die "beachtliche logistische Leistung", die sehr "professionell und harmonisch" abgestimmt worden sei.

In den vergangenen 30 Jahren sei die Lebenserwartung von 70 auf 79 Jahre sowie die Pensionszeit der österreichischen Bevölkerung um elf Jahre angestiegen. Im Jahr 1971 hätten die Menschen durchschnittlich neun Jahre in Pension verbracht, heute seien es 20 Jahre, so Schüssel. Die Ausbildungszeit sei im selben Zeitraum von 17 auf 23 gestiegen, die Lebensarbeitszeit jedoch von 44 auf 36 Jahre gesunken. "Aus diesem Trend ist ganz eindeutig erklärbar, dass man handeln muss", sagte der Kanzler.

Schüssel betonte, die Maßnahmen im Rahmen der Pensionssicherungsreform würden nicht überfallsartig getroffen. "Wir planen lange voraus, die Maßnahmen treten erst mit 1.7.2004 in Kraft, aber bereits mit 1.1.2004 werden sie sozial abgefedert und ein Begleitpaket für ältere Arbeitnehmer tritt in Kraft", sagte Schüssel. Die Regierung habe sich auf Grund der derzeitigen schwierigen Konjunkturlage für die Verschiebung des Beginns der schrittweisen Anhebung des Frühpensionsalters entschieden.

Der Kanzler betonte gleichzeitig, dass eine Entlastung von rund einer Milliarde Euro festgeschrieben sei. Spekulationen zu dieser Frage seien unangebracht. Gemeinsam mit der Lohnnebenkostensenkung stelle dies ein "gewaltiges Entlastungsvolumen" dar. Auch werde der Entfall der 13. Umsatzsteuervorauszahlung vorgezogen, was "sehr vernünftig" sei und von der Wirtschaft sehr begrüßt werde. Für Einkommen bis 14.500 Euro pro Jahr werde es Steuerfreiheit geben. Diese Maßnahme sei durchgehend und daher werde jeder Steuerzahler davon profitieren. Die Ökologisierung des Steuersystems, die mit Maßnahmen im Bereich der nicht entnommenen Gewinne gegengerechnet werde, bringe eine Nettoentlastung von fünf- bis sechshundert Millionen Euro pro Jahr, sagte Schüssel.

Angesprochen auf die Harmonisierung der Pensionssysteme sagte der Kanzler, alle derzeitigen Schritte im ASVG-Bereich seien selbstverständlich auch für die Versicherten in anderen Systemen deckungsgleich vorgesehen. Den "zweiten großen Schritt" stelle die Gesamtharmonisierung der Systeme dar. "Diese wird genau wie sie im Regierungsprogramm steht, auch umgesetzt. Wir arbeiten bereits intensiv an diesem ganz großen Wurf für ein für österreichische Verhältnisse revolutionäres einheitliches Pensionssystem. Das ist nicht aufgeschoben - ganz im Gegenteil", betonte der Kanzler.

Die Harmonisierung solle jedenfalls in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, bereits in der letzten Periode eingeleitete Schritte würden fortgesetzt. Schüssel verwies in dem Zusammenhang auch auf die Ergebnisse der Sondierungsgespräche mit SPÖ und Grünen, wonach diese Frage "eigentlich außer Streit gestanden ist". Dabei solle darauf hingearbeitet werden, dass jemand etwa im Alter von 35 Jahren, sich auf dieses neue System voll einzustellen hat. "Das ist vertretbar, das ist vernünftig und darauf muss hingearbeitet werden."

 

 Blecha: Regierung führt reine »Pensionskürzungsreform« durch
Blecha fordert verstärkten Kündigungsschutz für ältere ArbeitnehmerInnen
Wien (sk) - "Bei der sogenannten Pensionssicherungsreform der Regierung handelt es sich um nichts anderes als eine reine Pensionskürzungsreform für die ältere Generation", kritisierte der Präsident des Pensionistenverbands Karl Blecha am Dienstag (01. 04.) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Sozialsprecherin Heidrun Silhavy und SPÖ-Gesundheitssprecher Manfred Lackner die geplanten Maßnahmen der schwarz-blauen Koalition. Es handle sich um eine "dramatische Verknüpfung verschiedener Maßnahmen", die zu Kürzungen führen würden, "wie noch nie in 100 Jahren Sozialgeschichte". Blecha sprach von einer "Geldbeschaffungsaktion" des Finanzministers, um die von ihm verursachten Budgetlöcher zu stopfen. Der PVÖ-Präsident warnte weiters vor einer "Abschiebung älterer ArbeitnehmerInnen in die Langzeitarbeitslosigkeit". Schließlich habe die schwarz-blaue Koalition keinerlei abfedernde Begleitmaßnahmen zu ihren "überfallsartigen Beschlüssen" vorgesehen.

"Die Maßnahmen verstärken sich gegenseitig, mit dem Ziel die Pensionen abzusenken", kritisierte Blecha das Programm der Bundesregierung. Blecha sprach von einem "Abzocken, Enteignen und Vorhaben, die bis zur Grenze des Betrugs reichen". Durch Lebensdurchrechnung, reduziertem Steigerungsbetrag und erhöhten Abschlägen komme es bei einem Großteil der künftigen PensionistInnen zu einer annähernden Halbierung ihrer Pension. "Der Finanzminister kennt sich hinten und vorne nicht mehr aus", deshalb versuche er "seine budgetären Nöte auf dem Rücken der PensionistInnen und ArbeitnehmerInnen" abzudecken, beantwortete Blecha die Frage nach dem "Warum".

Blecha forderte eine "tiefgreifende Reform und eine Harmonisierung der Pensionssysteme". So müsse eine Gesamtreform nach dem Motto "gleiche Beiträge mit gleicher Leistung" durchgeführt werden. Ein gesichertes Pensionssystem könne nur über hohe Beschäftigung und hohen Anteil älterer erwerbstätigen Menschen erreicht werden. Das "jämmerliche Abzockerprogramm" der schwarz-blauen Regierung lasse die Erwerbsquote bei Älteren jedoch sinken, kritisierte Blecha scharf. Österreich sei innerhalb der EU bereits jetzt das einzige Land, in dem die Erwerbsquote älterer ArbeitnehmerInnen sinkt. Um diese Entwicklung umzukehren verlange der österreichische Pensionistenverband einen verbesserten Kündigungsschutz für ältere Erwerbstätige.

Als "glatte Lüge" bezeichnete Blecha die Aussagen von Regierungsmitgliedern, dass der Bundeszuschuss zu den Pensionen in den letzten Jahren massiv gestiegen sei bzw. weiter steigen werde. Nach Schätzungen von Experten werde der Bundeszuschuss bis 2006 konstant bei 2,6 Prozent des Bruttoinlandprodukts bleiben. Es gäbe daher auch keinen Grund für diese "überfallsartigen Maßnahmen" - langfristig müsse natürlich eine überlegte Reform durchgeführt werden. Mit den Schreckensmeldungen über die zukünftige Unfinanzierbarkeit des umlagefinanzierten Pensionssystems wolle Schwarz-Blau vor allem Jüngere von ihrem spekulationsabhängigen Drei-Säulen-Modell überzeugen.

"Ein Volksbegehren hat zwar einen hohen Mobilisierungseffekt", jedoch solle man zuvor "alle anderen Mittel" gegen diese "Pensionskürzungsreform" ausschöpfen, erklärte Blecha zum Vorschlag des oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden Erich Haider, ein Volksbegehren zu diesem Thema zu initiieren. So erwäge man aufgrund der Tatsache, dass die Menschen durch die "überfallsartigen Maßnahmen" der schwarz-blauen Koalition bei ihrer Lebensplanung maßgeblich behindert werden, Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzulegen. Ein Konvent zum Thema Pensionen sei ein weiteres Mittel, um die betroffenen Gruppierungen einzubeziehen und zu einem, für alle Beteiligten, befriedigenden Ergebnis zu kommen, so Blecha. Die Stärke eines Konvents liege darin, dass alle Anwesenden "Farbe bekennen müssen" und sich somit ihr Verhalten öffentlich rechtfertigen müssen, bekräftigte der PVÖ-Präsident abschließend.

 

 Walch: Pensionsreform dank freiheitlicher Punkte sozial
Reform muß für alle Berufsgruppen gelten
Wien (fpd) - Nach wochenlangem persönlichen Engagement ist der stellvertretende FPÖ-Bundesobmannstellvertreter und Landesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) OÖ Abg. Max Walch stolz: "In der gestern präsentierten Pensionsreform sind viele freiheitliche Punkte enthalten. Die älteren Arbeitnehmer können also aufatmen. Denn durch strenge Verhandlungen mit dem Koalitionspartner konnten wir diese wichtige Reform sozial verträglich gestalten."

Walch zeigt sich gleich über mehrere durchgesetzte Punkte erfreut: "Wichtig und gut ist es, daß die Hacklerregelung nun bis 2010 verlängert wurde." Der oberösterreichische Abgeordnete sieht es auch positiv, daß das Pensionsantrittsalter für Leute mit langer Versicherungsdauer bis 2005 nicht angetastet werden soll. Negativ empfindet Walch jedoch die Anhebung ab 2005: "Im Rahmen der Begutachtungsfrist könnte man diese Anhebung noch hinausverhandeln und streichen. Ich erachte es als ausreichend, wenn die Beitragsjahre 40 bzw. 45 Jahre betragen."

Als nächsten wichtigen Punkt führte Walch die Verlängerung der Altersteilzeit an. Bis 2009 werde diese nun verlängert. "Hier haben wir uns hervorragend durchgesetzt", erklärte Walch: "Zum ersten ist es weiterhin möglich, die Altersteilzeit zu blocken. Zum zweiten soll in Zukunft pro in Anspruch genommene Altersteilzeit zwar eine Ersatzkraft angestellt werden, aber es kann sich dabei - und das ist das wesentliche - auch um geringfügige Beschäftigte oder Lehrlinge handeln. Damit ist das Angebot auch für den Arbeitgeber weiterhin attraktiv." Um in Zukunft mehreren die Altersteilzeit zu ermöglichen, solle man auch andenken, ob nicht auch ein Ersatz für zwei reiche.

Wichtig ist Walch auch die Harmonisierung aller Pensionssysteme. "Es ist richtig, wenn im Herbst 2003 mit der Ausarbeitung eines einheitlichen Pensionsrechtes für alle begonnen wird. In Österreich muß es bei den Pensionen endlich eine Gerechtigkeit für alle Berufsgruppen geben. Da muß man aber wirklich rasch handeln. Ich denke, daß spätestens am 1.1.2004 der genaue Fahrplan dafür festgeschrieben sein sollte", schloß Walch.
   

 Schwarz-Blaue Pensionsreform sozial unausgewogen
Öllinger:: Weniger Pension, länger arbeiten, höhere Arbeitslosigkeit die Folge
Wien (grüne) - "Die am Dienstag (01. 04.) von Haupt und Bartenstein vorgestellte Pläne sind kein Ansatz für eine sozial ausgewogene Pensionsreform, die notwendig wäre. Sie ist eine reine Geldbeschaffungsaktion, die massive Verschlechterungen nach sich zieht", so Karl Öllinger, Sozialsprecher der Grünen. Der einzige "Erfolg", den die Regierung mit dieser Reform erzielen wird, sei ein weiteres Ansteigen der Arbeitslosigkeit.

"Die blau-schwarze Pensionsreform wird zur Folge haben, dass es erstens deutlich weniger Pension geben wird, zweitens die Leute länger arbeiten müssen und drittens wird wegen der fehlenden flankierenden Maßnahmen für den Arbeitsmarkt für die Versicherten das Risiko arbeitslos zu werden, wesentlich höher ", so Öllinger.

Das Risiko, arbeitslos zu werden, steigt nach diesen Plänen vor allem für zwei Gruppen. Die Jungen werden es schwerer haben, einen Arbeitsplatz finden. Dabei wird es jetzt vor allem die höher Qualifizierten treffen, weil hochqualifizierte Ältere eher am Arbeitsplatz bleiben (z.B. Chefredakteure und Kommentatoren in Redaktionen). In die Alterarbeitslosigkeit gedrängt werden vor allem schlecht Qualifizierte und "Abgerackerte".
 
zurück