Österreichs kirchliche Archive gehen »online«  

erstellt am
01. 04. 03

Neues Internet-Portal der Diözesan- und Stiftsarchive wurde in Wien präsentiert. Es ist europaweit ein einzigartiger Service
Wien (kath.net / PEW) "Wir möchten die für das Sozial- und Kulturleben Österreichs, ja ganz Mitteleuropas bedeutsamen Schätze der kirchlichen Archive leichter zugänglich machen", betonte die Leiterin des Wiener Diözesanarchivs, Annemarie Fenzl, am Montag (31. 03.) bei einer Pressekonferenz zur Präsentation des neuen Internet-Portals "www.kirchenarchive.at". Mit diesem europaweit einzigartigen Service werden - neben Angaben zu Geschichte und Aufgaben kirchlicher Archive - alle wichtigen Informationen über Kontakt- und Benutzungsmöglichkeiten sowie Hinweise auf Projekte und Veranstaltungen der kirchlichen Archive geboten. Ein eigener Bereich der neuen Website enthält hilfreiche Tipps und Links zur Familienforschung. Weiters entsteht ein elektronischer Verbund der kirchlichen Archive Österreichs, mit dem Recherchen in den Inventarlisten der Archive in Zukunft von zu Hause aus durchgeführt werden können. Welche Schätze die kirchlichen Archive zu bieten haben, wurde bei der Pressekonferenz mit dem jüngsten Sensationsfund aus dem Zwettler Stiftsarchiv illustriert: Dabei geht es um ein Fragment einer Handschrift des Nibelungenliedes aus dem 12. Jahrhundert.
Die Wiener Diözesanarchivarin bezeichnete es als notwendigen Schritt, dass auch die kirchlichen Archive "on line" gehen. Die Archive der Diözesen und Klöster seien keine "Privatangelegenheit", sondern hätten für das Verständnis der Geschichte des ganzen Landes höchste Bedeutung. Via Internet werde diese kulturelle Erbe für Interessierte aller Konfessionen zugänglich gemacht. Die Bestandsverzeichnisse des Diözesanarchivs St. Pölten sowie der Stiftsarchive von Melk und Lilienfeld sind bereits unter www.kirchenarchive.at abrufbar. Bald werden das Wiener Diözesanarchiv und die Stiftarchive von Göttweig und Zwettl im elektronischen Verbundkatalog vorhanden sein, teilte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Diözesanarchive, Thomas Aigner, mit.

Die Archive seien nicht nur für Wissenschaftler interessant, sondern auch für die private Familienforschung, die in den letzten Jahren hoch im Trend liege, betonte Aigner: Bereits seit dem 16. Jahrhundert führten die meisten Kirchen und Klöster in Österreich genaue Tauf- und Sterbebücher. Zur Entdeckung des Nibelungen-Fragments sagte die Zwettler Stiftsarchivarin Charlotte Ziegler, der Text sei nicht wortwörtlich mit den bekannten Ausgaben des Liedes identisch, jedoch bestünde inhaltlich keinen Zweifel, dass es sich um das mittelhochdeutsche Werk handle. Untersuchungen mit Infrarot hätten ebenso die Originalität des Schriftstückes bestätigt. Die Buchstaben seien schwer lesbar, doch wurden die Verse bereits vollständig transkribiert. Im Spätmittelalter habe man Handschriften, deren Inhalt für das Klosterleben als unpassend empfunden wurden, auseinander geschnitten und als Einbände für Bücher benutzt, erinnerte Ziegler.
     
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