Sozialpolitik – Pensionsreform  

erstellt am
16. 04. 03

Stadlbauer: Hoffe, Rauch-Kallat wird bald Lust verspüren, sich für Frauen einzusetzen
Wien (sk) - "Wozu haben wir eigentlich eine Frauenministerin", fragte SPÖ-Bundesfrauensekretärin, Abgeordnete Bettina Stadlbauer am Dienstag (15. 04.) in einer Pressekonferenz im Kreise dreier Frauen, die von den Pensionsmaßnahmen der Regierung betroffen sind. In Anspielung des "Freudschen Versprechers" der neuen Frauenministerin, in ihrem Ministerium werde bald "Frust statt Lust" einkehren, erklärte Stadlbauer: "Ich hoffe, Rauch-Kallat wird bald Lust verspüren, sich für die Frauen einzusetzen." Die SPÖ-Abgeordnete rief zu einer Allianz der Frauen aller Parlamentsparteien gegen den Pensionsentwurf auf und forderte einen nationalen Dialog für ein einheitliches, gerechtes Pensionssystem. Eckpunkte der SPÖ-Forderungen: Bessere Bewertung der Kinderpause und der Teilzeitarbeit, Verbesserung der Aufwertungsfaktoren, gezielte Maßnahmen, um ältere Arbeitnehmerinnen länger in Beschäftigung zu halten.

Für Stadlbauer handelt es sich bei den Pensionsplänen der Regierung um "die mit Abstand schlimmsten Maßnahmen", die den Frauen bisher zugemutet wurden. Damit ignoriere die Regierung voll und ganz die spezifischen Interessen von Frauen. Zwar schmücke sich die Regierung mit Gender Mainstreaming, aber das alles sei "nur Schall und Rauch", wie die Pensionsreform beweise. Bundeskanzler Schüssel, "der Schweigekanzler", äußere sich dazu gar nicht, und von der zuständigen Ministerin Rauch-Kallat sei zu hören, dass Frauen durch die Einbezahlung von Versicherungsbeiträgen durch den Ehegatten abgesichert werden können. Auch verweise die Frauenministerin gerne auf ihre Töchter, die frühzeitig privat vorgesorgt hätten. "In welcher Welt lebt Rauch-Kallat?", fragte Stadlbauer, die zu bedenken gab, dass viele Frauen sich eine private Vorsorge nicht leisten können.

In dem Programm der Regierung gibt es für Stadlbauer "sechs Schikanen für die Frauen". Die erste betrifft die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes für die Pensionsbemessung. "Es liegt auf der Hand, dass Frauen weniger Erwerbs- und Versicherungsjahre als Männer haben", betonte Stadlbauer. Auch sei zu bedenken, dass viele berufstätige Frauen mit Kindern Teilzeit arbeiten, weil sie oft gar keine andere Wahl haben, denn die Rahmenbedingungen - "ich verweise nur auf die Öffnungszeiten von Kindergärten" - ermöglichen keinen Vollzeitjob.

Die zweite Schikane sei der "bittere Nachgeschmack des Kindergeldes": Die Frauen bleiben länger zuhause, steigen später in den Beruf ein, daraus resultiert, dass sie weniger Versicherungsmonate haben, schlechter bezahlte Jobs und damit geringere Pensionen. Das bedeute, dass die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern noch größer wird, die Pensionen der Frauen noch geringer. Stadlbauer monierte in diesem Zusammenhang, dass sie von Frauenministerin Rauch-Kallat noch keine Maßnahme zum Schließen der Einkommensschere gehört habe.

Die einzige Maßnahme, die sich spezifisch mit den Frauenpensionen auseinandersetzt, die Anrechnung der pensionsbegründenden Monate, wirke sich erst in dreißig Jahren aus, wenn die Frauen, die heute Kindergeld beziehen, in Pension gehen. "Alle anderen gehen leer aus", umriss Stadlbauer die dritte Schikane.

Als vierte Schikane ist für Stadlbauer die Abschaffung der Alterspension wegen Arbeitslosigkeit anzusehen. Minister Haupt bestätigte in der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage im Bundesrat die Bedenken der SPÖ. Er führte aus, dass derzeit 25 Prozent Männer und 75 Prozent Frauen in vorzeitiger Alterspension sind. Auf Grund der Erwerbsbiografie der Frauen führe dies zu niedrigeren Frauenpensionen. Laut Haupt werde auf Basis der gegenwärtigen Aufwertungsfaktoren ein 40-jähriger Durchrechnungszeitraum Pensionsverluste von rund 25 Prozent mit sich bringen.

Weiters sei das Problem der Notstandshilfe zu nennen: Frauen, die aufgrund des Einkommens ihres Partners keine Notstandshilfe bekommen, verlieren jegliche Ansprüche und damit Versicherungszeiten. "Kein Job, kein Notstand, keine Pension - dieser Weg führt geradewegs in die Altersarmut von Frauen", befürchtete Stadlbauer. Und sechstens, so ist Stadlbauer überzeugt, sei die Abschaffung der Frühpension zum jetzigen Zeitpunkt "klarer Verfassungsbruch". Sie verweist diesbezüglich auf die entsprechende Meinung des Verfassungsrechtlers Heinz Mayer, wonach der Verfassungsgeber jedenfalls bis 2019 - ab da kann der Alterspensionsantritt von Männern und Frauen angeglichen werden - eine vorzeitige Alterspension als gegeben annimmt.

Stadlbauer schließt an die sechs Schikanen die Forderungen der SPÖ an. Allen voran: "Die Regierung muss den in Begutachtung befindlichen Entwurf zurückziehen!" In einem nationalen Dialog für eine neu gestaltete Pensionsreform soll gemeinsam mit den anderen Parteien und den Sozialpartnern ein einheitliches, gerechtes Pensionssystem für alle entwickelt werden. Die Aufwertungsfaktoren müssen verbessert werden, "denn die besten Einkommensjahre haben Frauen zumeist vor der Kinderpause" - und gerade diese Jahre werden am schlechtesten bewertet. Die Kindererziehungszeiten sollen nach dem Niveau des vorhergehenden Einkommens bewertet werden, und auch die Teilzeitarbeit muss in der Pensionsversicherung mit einer besseren Bewertung ihren Niederschlag finden. Als Punkt, "der auf alle Fälle umgesetzt werden muss", sieht Stadlbauer Maßnahmen und Anreize für Unternehmer, ältere Arbeitnehmerinnen zu beschäftigen und zu halten. "Die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension ist der falsche Weg", so Stadlbauer.

 

Steibl: SPÖ-Frauen wollen von Konzeptlosigkeit ablenken
Wien (övp-pk) - "Die Rücktrittsforderung der SPÖ- Frauen an Frauen- und Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ist nichts anderes als ein weiterer Versuch Bettina Stadlbauers, von der Konzeptlosigkeit der SPÖ in Fragen der Pensionssicherung abzulenken", sagte ÖVP Familiensprecherin Abg. z. NR. Ridi Steibl am Dienstag (15. 04.). Die Kritik an Frauenministerin Rauch-Kallat weist Steibl vehement zurück. Die Ministerin führe intensive Gespräche mit Expertinnen und Experten, um die Alterssicherung für Frauen zu gewährleisten. "Rauch-Kallat hat sich eingesetzt und wird sich weiter dafür einsetzen, dass es zu keiner Schlechterstellung der Frauen, weder im aktiven Berufsleben, noch in der Pension, kommt." Auch die Behauptung, dass Kinder die Sicherung des Lebensunterhaltes in der Pension gefährden würden, weist Steibl zurück. "Es wird sich keine Frau zwischen Kind und Pension entscheiden müssen."
 
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