Mitterlehner: Österreich darf nicht »Hochkosteninsel« im Verkehr werden  

erstellt am
05. 05. 03

WKÖ startet Informationskampagne über Road Pricing – »Bewusstseinsbildung für die Politik und Informationen für die Betriebe«
Wien (pwk) - Die Wirtschaft bejaht das Road Pricing, fordert aber eine faire Umsetzung. Die weit über dem Niveau der europäischen Konkurrenz liegenden Mautsätze (Österreich 27 Cent, Deutschland 15 Cent) drohen zuzüglich zu den bestehenden Sondermauten aus Österreich eine Hochkosteninsel im europäischen Verkehr zu machen. Damit trifft das ab Jahresbeginn 2004 zu erwartende Road Pricing längst nicht allein das Transportgewerbe, sondern wird zu einer Frage des gesamten Wirtschaftsstandortes, erklärte WKÖ-Genralsekretär.Stv. Reinhold Mitterlehner Freitag (02. 05.) im Gespräch mit Journalisten: "Es geht um Konkurrenz- und Transportprobleme, die schwerwiegende Folgen für die verschiedensten Branchen, insbesondere in Industrie, Gewerbe und Handwerk, mit sich bringen".

Die Wirtschaftskammer Österreich startet deshalb unter dem Motto "Road Pricing - Ja, aber fair!" eine breit angelegte Informationskampagne, die einerseits der Politik die drohenden Nachteile für den Wirtschaftsstandort vor Augen führt, andrerseits auch die bisher noch nicht involvierten Betriebe ausführlich über die kommenden Belastungen informiert. Im Zentrum der "Bewusstseinkampagne" werden, so Mitterlehner, die von der Wirtschaft im Gegenzug zur Mauteinführung verlangten Entlastungen - Senkung der Kfz-Steuern, ersatzlose Abschaffung der Doppelmauten und Einführung eines Öko-Bonus für abgasarme Lkw - stehen.

Österreich liegt europaweit nicht nur bei den Mautsätzen, sondern auch bei der Kfz-Steuer mit 4.080 Euro mit großem Abstand an der Spitze (Deutschland: 1.521 Euro). Eine Senkung auf das EU-Minimum von 700 Euro würde die heimische Wirtschaft um rund ein Sechstel des Mautaufkommens entlasten. "Wir sind für faire Umsetzungen. Wenn schon eine fahrleistungsabhängige Maut, dann darf es bei uns nicht zusätzlich die höchsten fixen Steuerlasten in Europa geben", betont Mitterlehner.

Vergleicht man die gesamte Lkw-Abgabenlast (Maut, Möst, Kfz-Steuer) in der EU ab 1.1.2004, so liegt Österreich mit 41,7 Cent pro km (Annahme: 4-Achser-Lkw der Klasse EURO III mit 30 l/100 km bei 75.000 km pro Jahr) auch hier deutlich an der Spitze, gefolgt von Deutschland mit 30,7 Cent. Die genannte Reduktion der Kfz-Steuer würde die Grundbelastung von 41,7 auf 36,7 Cent verringern. Die Jahreskosten der Maut selbst liegen in Österreich (bei 80.000 km) bei 22.000 Euro (Deutschland: 12.000 Euro).

Praktische Beispiele für die drohenden schweren Beeinträchtigungen zeigten im Gespräch mit den Journalisten DI Alfons Dachs-Wiesinger, Leiter der Abteilung Transportlogistik bei Magna Steyr Fahrzeugtechnik, und Erich Glaser, Geschäftsführer von Spar St. Pölten, auf. Dachs-Wiesinger befürchtet schwere Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit durch eine erwartete Steigerung der Transportkosten um rund 20 Prozent. Dies bedeutet für das Unternehmen konkret Mehrkosten von 13 Mill. Euro. Die durch die Randlage betroffene steirische Industrie würde damit einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil erleiden. Glaser wies darauf hin, dass 65 Prozent aller gefahrenen Kilometer Road Price-pflichtig sind. Hier gebe es kaum mehr einen Spielraum ("es ist uns leider nicht möglich, überall hin Gleise zu legen"). Das Road Pricing würde außerdem den Diskontern Vorteile verschaffen, da diese kaum Retourfahrten mit Mehrweggebinden haben. Dies führt, wie Mitterlehner bemerkte, zu Nachteilen für den Wehrweg-Handel und damit zu einem zusätzlichen Zielkonflikt.

Doz. Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt-, Infrastruktur- und Energiepolitik in der WKÖ, berichtete über die aktuellen Pläne der EU-Kommission zur Wegekostenrichtlinie. Demzufolge soll noch im Juni ein konkreter Gesetzesvorschlag zur Tarifizierung des Verkehrs vorgelegt werden (die Realisierbarkeit dieses Zeithorizonts scheine allerdings fraglich). Weiters hat Verkehrskommissarin Loyola de Palacio soeben einen Richtlinienvorschlag zur Harmonisierung der Mauterfassungssysteme präsentiert. Dieser beruht auf dem Grundsatz "Ein Vertrag pro Kunde, ein Gerät pro Fahrzeug" spätestens ab 2012. Ab 2008 soll jedes neue Mautsystem satellitengestützt arbeiten.

Wie Mitterlehner hervorhob, kommt eine Informationskampagne zum Thema Road Pricing gerade zum richtigen Zeitpunkt. Denn in den Sparten Transport und Verkehr, Industrie und Handel bestehe, internen Umfragen zufolge, noch großer Informationsbedarf. "Präsentiert man die Lösungsvariante der Wirtschaftskammer, so macht sich hohe Zustimmung breit. Mehr als drei Viertel der Unternehmen aus der genannten Zielgruppe stehen unseren Entlastungsvorschlägen positiv gegenüber", fasst Mitterlehner zusammen.
     
zurück