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Minister Reichhold beeindruckt Opposition mit kritischer Analyse
Grundsatzdebatte über Technologiepolitik im Industrieausschuss
Wien (pk) - Der Industrieausschuss trat heute unter der Vorsitzführung seines Obmannes Fritz Verzetnitsch zu einer Aktuellen Aussprache zusammen, in der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Matthias Reichhold sich Fragen der Abgeordneten zur Technologiepolitik stellte. Reichhold unterstrich das Ziel der Bundesregierung, die F&E-Quote am BIP bis 2005 auf 2,5% zu steigern und wies die Opposition darauf hin, dass es der Bundesregierung durch ihre Prioritätensetzung bereits gelungen sei, Österreich aus der Schlusslichtposition im F&E- Bereich herauszuführen. Überaus positive oppositionelle Reaktionen rief Reichhold mit seiner Analyse des Ist-Zustandes der Forschungslandschaft in Österreich hervor. Die österreichische Forschung sei grundlagenorientiert, während die Industrie nach wie vor eine starke Rohstofforientierung zeige, führte Reichhold aus. Der niedrige High-Tech-Anteil der industriellen Produktion sei für die niedrige Forschungsquote der Industrie und die geringe Hebelwirkung der Forschungsförderung verantwortlich. Die gegenwärtige Struktur der österreichischen Forschung hielt der Minister für nicht in der Lage, ein Forschungsvolumen von 2,5% des BIP abzuwickeln, und nannte es sein strategisches Ziel, die Hebelwirkung der Förderungsmittel zu erhöhen. Denn die von der EU in Barcelona beschlossene Finanzierungsrelation für die Forschung: zwei Drittel Wirtschaft/ein Drittel öffentlichen Hand sei nur zu erreichen, wenn die derzeit unübersichtliche, dem sechsten Rahmenprogramm nicht entsprechende Struktur der Forschungsförderung mit ihren vielen "Schrebergärten" verändert werde. Reichhold lobte die Aufgeschlossenheit seiner Beamten für seine Reformabsichten und teilte den Abgeordneten mit, dass er dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung den Auftrag gegeben habe, sich über die künftige Forschungsförderungsstruktur Gedanken zu machen.

Für wichtig hielt der Minister die von den Abgeordneten Caspar Einem, Heinz Gradwohl (beide S) und Martina Pecher (V) in der Debatte zur Sprache gebrachte Frage der Umsetzung der Biopatent- Richtlinie. Um Missverständnisse im Zusammenhang mit den ethischen und politischen Fragen auszuräumen, regte der Minister die Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete an, was Ausschussobmann Friedrich Verzetnitsch gerne aufgriff und sich mit dem Appell an die Fraktionen wandte, diesen Vorschlag gemeinsam an den dafür zuständigen Hauptausschuss heranzutragen.

Die Fragen der Abgeordneten
Abgeordneter Caspar Einem (S) eröffnete die aktuelle Ausspache mit einer Reihe grundsätzlicher Fragen zur Technologiepolitik, indem er sich erkundigte, wie Minister Reichhold das Ziel der Bundesregierung erreichen wolle, die F&E-Quote auf 2,5% des BIP zu steigern. Er sprach Finanzierungsprobleme bei beiden Fonds im Jahr 2003 an und interessierte sich für die vom Minister angekündigten Schwerpunktsetzungen im Bereich Forschung und Technologie, sowie für die dafür maßgeblichen Grundlagen. Schließlich wollte er die Position des Minister zur embryonalen Stammzellenforschung erfahren und er bat zudem um Auskunft über Forschungsförderungsprojekte im Umfang von 150 bis 200 Mill. S im Bundesland Kärnten.

Abgeordnete Martina Pecher (V) unterstrich die Zielsetzung der Bundesregierung die F&E-Quote zu erhöhen, weil dies für den Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplatzsicherheit entscheidend sei. Man brauche dafür Geld, gute Köpfe und die richtige Strategie. Die Forschungsquote steige, was zeige, dass die Unternehmen die neuen Instrumente - Prämien und höheren Freibetrag - nutzen, sagte die Abgeordnete. Kritik übte sie, dass für die wirtschaftsnahe Forschung 42 Mill. € zu wenig zur Verfügung stehen. Pechers Fragen galten dem Generalforschungsplan, der "Forschung Austria", wirtschaftsnahen Forschungsförderung und der Reform der Förderungen.

Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) erkundigte sich nach dem Stand der Umsetzung des Förderungsprogramms A und B.

Abgeordneter Karl Dobnigg (S) zeigte sich besorgt über die Pläne des Finanzministers, die ÖIAG aufzulösen und verwies auf das Negativbeispiel der Firma Semperit in Traiskirchen. Konkrete Hilfe urgierte der Abgeordnete für eine Windschutzscheibenproduktion in Eisenerz, wo 115 Arbeitsplätze in Gefahr seien.

Minister Reichhold: Schrebergartenstruktur der Forschungspolitik überwinden
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Matthias Reichhold unterstrich das Ziel der Bundesregierung die F&E-Quote am BIP bis 2005 auf 2,5% zu steigern. Unter Minister Einem habe sie sich zwischen 1,6 und 1,7% bewegt. Dieses Ziel bilde einen Schwerpunkt der Bundesregierung, sagte Reichhold und machte darauf aufmerksam, dass 7 Mrd. S zusätzlich zur Verfügung gestellt worden seien, wodurch es gelungen sei, Österreich aus der Schlusslichtposition im Bereich Forschung und Entwicklung herauszuführen. Reichhold analysierte die grundlegenden Vorraussetzungen der Forschungspolitik in Österreich, indem er darauf hinwies, dass die österreichische Forschung sehr grundlagenorientiert sei und die Industrie eine starke Rohstofforientierung aufweise. Der High-Tech-Wert an der industriellen Produktion sei immer noch sehr gering und daher die Forschungsquote in der Industrie und auch die Hebelwirkung der Forschungsförderung sehr niedrig. Führend sei Österreich bei den Forschungen in den kleinen und mittleren Unternehmungen. Diese Stärke gelte es auszubauen.
Bei der Erhöhung des Stellenwerts der industriellen Forschung setzt Minister Reichhold auf steuerliche Anreize, ein spezielles Impulsprogramm und auf Headquarters, die er nach Österreich holen möchte.

Aufhorchen ließ Minister Reichhold mit der Aussage, dass die Struktur der österreichischen Forschung nicht in der Lage sei, ein Forschungsvolumen von 2,5% des BIP abzuwickeln. Der Minister kritisierte, sehr viele Forschungsprogramme würden nicht evaluiert und bei jenen, die Evaluierungen unterzogen würden, stelle sich die Frage, ob die Evaluierung internationalen Kriterien entspreche. Für ihn laute daher die strategische Frage, wie effizient die Forschungsförderungsmittel eingesetzt werden, denn es gelte, die Hebelwirkung zu erhöhen. Diese Forderung begründete der Minister, indem er auf den Beschluss von Barcelona hinwies, der darauf gerichtet sei, zwei Drittel der Forschung aus der Wirtschaft und ein Drittel von der öffentlichen Hand zur Verfügung zu stellen. Eine solche Relation sei nur zu erreichen, wenn die derzeit unübersichtliche, nicht EU-gerechte, dem in Ausarbeitung befindlichen sechsten Rahmenprogramm nicht entsprechende Struktur der Forschungsförderung mit ihren "Schrebergärten" verändert werde.

Reichholds Grundsatz lautet: Klare Kompetenzen und enge Koordination mit den Ländern. Er lobte die Aufgeschlossenheit seiner Beamten für seine Veränderungsabsichten und teilte den Abgeordneten mit, dass er dem Rat für Forschung und Technologieentwicklung den Auftrag gegeben habe, sich über die künftige Forschungsförderungsstruktur Gedanken zu machen.

Beim FFF könnten im Jahr 2003 Problem entstehen, räumte der Minister ein, er habe mit dem Finanzminister bereits gesprochen und teilte mit, dass im Jahr 2003 Zusagen gegeben werden können, die in den Folgejahren finanziert werden. Eine Steigerung von 10% sei in Aussicht genommen. Beim FWF sei die Situation ähnlich, er peile eine Steigerung von 12,2 % im kommenden Jahr an.

Das angesprochene Förderungsprojekt in Kärnten sei ein Software- Technologie-Park, zu dem ein Konsens aller Landtagsparteien bestehe. Die Mittel seien zweckgebunden für Humanressourcen und Software.

Beim Thema Stammzellenforschung habe er in Brüssel in Vertretung von Ministerin Gehrer die mit der Bioethik-Kommission abgestimmte und der österreichischen Tradition entsprechende sehr restriktive Haltung vertreten.

Das A und B-Programm ziele auf die Verschränkung von universitärer und wirtschaftsnaher Forschung. Von den sechs eingereichten Projekten seien fünf positiv beurteilt und bereits genehmigt worden.

Eine moderne Forschungs- und Industriepolitik müsse in Österreich das Ziel verfolgen, von der Rohstofforientierung wegzukommen und die Wertschöpfung zu erhöhen -es gelte, die hohen Löhne und Sozialstandards zu erhalten. In diesem Zusammenhang bekannte sich der Minister zum wichtigen Standbein der Aus- und Weiterbildung und zeigte sich froh darüber, dass das Fachhochschulprogramm sehr gut laufe.

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Lob und Gratulation, aber auch viele weitere Fragen der Opposition
In einer zweiten Verhandlungsrunde brachte Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (F) das Satellitennavigationssystem Galileo zur Sprache.

Abgeordnete Sophie Bauer (S) bezog sich auf die Absicht des Bundesministers, die Gesellschaft des Bundes für industriepolitische Maßnahmen künftig nicht mehr für die Erhaltung gefährdeter Betriebe einzusetzen, sondern als Instrument der Forschungsförderung und fragte, wer künftig die Aufgaben der GBI wahrnehmen werde. Außerdem drängte die Abgeordnete auf Maßnahmen zur Lehrlingsausbildung, da die Zahl der Jugendlichen steige, die keinen Ausbildungsplatz haben.

Abgeordneter Werner Kogler (G) dankte dem Minister für seine offenen Worte und seine massive Kritik an der Forschungslandschaft. Der Abgeordnete zeigte sich vom ersten Auftritt Reichholds im Industrieausschuss beeindruckt. Seine Detailfragen richteten sich nach Seilschaften im Forschungsförderungsbereich und nach der Absicht, Headquarters nach Österreich zu holen.

Abgeordnete Maria Kubitschek (S) sprach die Finanzierungsprobleme bei den Forschungsförderungsfonds im Jahr 2003 an und wollte wissen, wie sich die neue Struktur, die Minister Reichhold der außeruniversitären Forschung geben möchte, zum Entwurf einer neuen Wirtschaftsförderungsstruktur verhält, den die Minister Bartenstein und Grasser vorgelegt haben. Kubitschek unterstrich die Notwendigkeit einer Gesamtstrategie für die Informationstechnologie und klagte darüber, dass Österreich beim Projekt E-Europe nachhinke.

Abgeordneter Paul Kiss (V) befürchtete, dass Top-Wissenschafter, die nach Österreich kommen, Probleme mit den obligatorischen Deutschkenntnissen bekommen könnten.

Abgeordneter Martin Graf (F) stellte fest, dass "Seilschaften und Netzwerke" in der Forschergemeinschaft nicht nur negativ zu sehen seien, hielt es aber selbstverständlich für notwendig, auf eine funktionierende Kontrolle zu achten. Mit dem Hinweis auf sozialpartnerschaftliche Strukturen in der Forschung verband Abgeordneter Graf die Aufforderung an die Spitzen der Sozialpartnerschaft, bei der Strukturbereinigung in der Förderungslandschaft mitzuhelfen, da es nicht nur um mehr Geld, sondern auch um einen effizienteren Einsatz der Mittel gehe. Die nationale Kraftanstrengung zur Erhöhung der F&E-Quote sollte auch zu einer Effizienzsteigerung und zu einer besseren Abstimmung zwischen Bund und Ländern führen. Es gehe um eine größere Hebelwirkung und das Vermeiden von Mitnahmeeffekten.

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (S) zeigte sich froh über die Forderung nach einer stärkere Einbindung der Sozialpartner in die Forschungsförderungspolitik.

Abgeordnete Martina Pecher (V) machte darauf aufmerksam, dass die Wirtschaft nicht deshalb forsche, weil sie dafür Förderungen bekomme; dafür seien Förderungen, die großteils aus Darlehen bestehen, zu gering. In der Frage der Umsetzung Bio-Produkt- Richtlinie trat die Wirtschaftsvertreterin dafür ein, Rechtunsicherheit zu vermeiden. Es sei besser strenge, aber klare Regelungen zu haben als keine.

Abgeordneter Werner Kogler (G) stellte die Frage, wie der Hochtechnologietransfer, der als Argument für die Abfangjägerbeschaffung ins Treffen geführt werde, konkret organisiert werden könne. Kogler fragte sich auch, wie der ursächliche Zusammenhang einer Rüstungsbeschaffung und einem Technologietransfer nachträglich hergestellt und kontrolliert werden könne. Überdies vermutete Kogler, dass High-Tech-Aufträge den Grundpreis der Beschaffung in die Höhe treiben könnten.

Abgeordneter Heinz Gradwohl (S) gratulierte dem Minister für seine mutigen Aussagen über den Kompetenzwirrwarr im Forschungsförderungsbereich und sagte ihm die Unterstützung seiner Fraktion bei der Veränderung dieser Situation zu.

Auch Abgeordneter Gradwohl wies auf die industrie- und regionalpolitischen Aufgaben hin, die die GBI bisher wahrgenommen habe. Wer werde in Zukunft deren Arbeit leisten, wenn die GBI andere Aufgaben übernehme, lautete seine Frage.

Eine Quadratur des Kreises ortete der Abgeordnete beim Thema Headquarters. Einerseits lasse der von Minister Grasser angekündigte Abverkauf von ÖIAG-Betrieben den Verlust von Headquarters befürchten, andererseits wolle Minister Reichhold Headquarters nach Österreich holen. In der Frage Stammzellenforschung drängte Gradwohl auf eine Fortsetzung der Diskussion.

Sind Technologieimpulse durch Abfangjägerkauf realistisch?
Der vom Ausschuss eingangs der Sitzung als Experte beigezogene Präsident der Forschung Austria, Helmut Krünes, ging auf Koglers Frage nach den Technologieimpulsen im Zusammenhang mit der Abfangjägerbeschaffung ein und sprach sich dafür aus, nicht allgemeine Volumina anzupeilen, sondern nachweisbare Aufträge zu vereinbaren. Ein zu großes Volumen sei schon aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Er wünsche sich technologierelevante Forschungsaufträge im Umfang von 10% des Gesamtauftrags, wobei die Hälfte in den ersten fünf Jahren wirksam werden sollte.

Helmut Krünes untermauerte die Ausführungen des Ministers, indem er auf die sehr aufgesplitterten Forschungseinrichtungen in Österreich aufmerksam machte und darauf hinwies, dass man bei der KMU-Orientierung die Betriebsgröße berücksichtigen müsse und dafür sorgen müsse, bei den einzelnen Projekten möglichst viele KMU zu erfassen. Die Einrichtung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung hielt Krünes für sehr positiv und sprach die Hoffnung auf eine stärkere strategische Ausrichtung der außeruniversitären Forschung aus.

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Minister Reichhold und Ausschußvorsitzender Verzetnitsch für parlamentarische Enquete zur Bio-Frage
Technologieminister Matthias Reichhold hielt die Frage der Biopatent-Richtlinie für wichtig. Eine diesbezügliche Regierungsvorlage liege dem Parlament bereits vor. Die Richtlinie verschärfe Ausschlusstatbestände und mache das Klonen unmöglich. Um Missverständnisse bei der Beantwortung der ethischen und politischen Fragen in diesem Zusammenhang auszuräumen, regte der Minister die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete an.

Die steuerliche Situation für Headquarters sei im europäischen Vergleich in Österreich beispiellos gut, hielt Reichhold fest.

Zu den Fragen bezüglich GBI, die zu einer Einrichtung für Forschung und Entwicklung umgegründet werden soll, stellte Reichhold klar, dass es in seinem Haus um Forschung und Entwicklung gehe, während die Wirtschaftsförderung (ERP-Fonds u.a.) im Wirtschaftsressort gebündelt sei. Er könne aber spezielle Programme für die von den SP-Abgeordneten Gradwohl, Dobnigg und Bauer angesprochenen Regionen anbieten, und zwar nicht nur für Großbetriebe, sondern auch für KMU.

Die neue Struktur in der außeruniversitären Forschung, die er anstrebe, beziehe sich nur auf seinen Kompetenzbereich, stellte Minister Reichhold klar; es gehe ihm darum, seine Hausaufgaben zu erledigen.

Das Thema Informationstechnologie sei Gegenstand von drei parlamentarischen Unterausschüssen, er sei froh, dass dieses wichtige Thema breit debattiert werde. Der Schwerpunkt Lehrlingsausbildung bleibe selbstverständlich aufrecht, sowohl im Bereich der Post als auch hinsichtlich der 300 ÖBB-Lehrlinge. Es gelte bei den Betrieben das Bewusstsein zu schaffen, dass Forschung und Entwicklung die Krisenfestigkeit der Unternehmen erhöhe.

Abschließend griff Ausschussobmann Friederich Verzetnitsch (S) die Anregung des Technologieministers auf, die Umsetzung der Bio- Patent-Richtlinie zum Thema einer Parlamentarischen Enquete zu machen. Verzetnitsch appellierte an die Fraktionen, diesen Vorschlag gemeinsam an den dafür zuständigen Hauptausschuss heranzutragen.

Den von Minister Reichhold angesprochenen "Generalforschungsplan" schlug Ausschussobmann Verzetnitsch als Thema für eine künftige Sitzung des Industrieausschusses vor.

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