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Kurt-Vorhofer-Preis an Gerhard Marschall im Parlament
Fischer: Couragierter Journalismus unverzichtbar für Demokratie
Wien (pk) - Gerhard Marschall, Redakteur des Wirtschaftsblattes, erhielt am Montag (27. 05.) im Parlament aus den Händen von Nationalratspräsident Heinz Fischer, Jury-Sprecher Hans Winkler und einem Vertreter der P.S.K. den Kurt-Vorhofer-Preis überreicht. Diese mit 7.300 Euro dotierte Auszeichnung wird seit 1996 von der Journalistengewerkschaft in Kooperation mit der Kleinen Zeitung" und der P.S.K. für publizistische Leistungen im Bereich der politischen Berichterstattung vergeben.
Mit dem Preis soll - in Erinnerung an den 1995 verstorbenen stellvertretenden Chefredakteur der "Kleinen Zeitung" Kurt Vorhofer die Tradition eines Printjournalismus gepflegt werden, "der geistige Unabhängigkeit und Verantwortungsbewusstsein mit brillantem Stil kombiniert".
Wie Hans Winkler ausführte, ist Marschall für sein ausgeprägtes soziales Engagement, seine kritische Haltung gegenüber Machthabern aller Art und seine stilistische Vielfalt in allen Darstellungsformen des Journalismus ausgezeichnet worden. Auch habe Marschall für sein Engagement Konflikte nicht gescheut und sei wiederholt "persönliches Risiko eingegangen".
Nationalratspräsident Heinz Fischer, der zur Preisverleihung zahlreiche aktive und ehemalige Politiker und Journalisten begrüßen konnte, wies in seiner Eröffnungsrede darauf hin, dass couragierter, engagierter und ausgewogener Journalismus unverzichtbar für die Demokratie sei. Qualitätsvoller, unabhängiger und fairer Journalismus ist ihm zufolge aber nicht nur in Printmedien gefragt, sondern auch im ORF, wo Fischer derzeit eine "sensible Situation" ortet. Im ORF hätten Veränderungen stattgefunden, die "eine unglaublich breite Diskussion" auslösten, äußerte er sich kritisch.

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Fischer erinnerte in seiner Rede aber auch daran, dass mit dem Namen Marschall eine "aufregende Situation" verbunden sei. Nachdem dieser Anfang des Jahres 2000 kritische und persönlich besorgte Artikel geschrieben habe, sei ihm vom Chefredakteur der Oberösterreichischen Nachrichten die Auflösung des Dienstverhältnisses in Aussicht gestellt worden, da die Artikel Kritik bei der Leserschaft hervorgerufen hätten und es Abo- Abbestellungen gebe. Das habe zu einem sehr heftigen Disput geführt, in dessen Rahmen sich Redaktion und Gewerkschaft hinter Marschall gestellt hätten. In Folge sei das Dienstverhältnis schließlich einvernehmlich gelöst worden.
Auch Franz C. Bauer ging als Vertreter der Journalistengewerkschaft auf diesen Vorfall ein und meinte, wie weit Marschall als erstes journalistisches Opfer der neuen Regierung bezeichnet werden könne, sei nicht eindeutig zu klären, der Verdacht, dass ihm der Machtwechsel in Österreich beinahe die Existenz gekostet hätte, liege aber zumindest nahe. Der Kurt-Vorhofer-Preis hebe die Leistungen unbequemer Journalisten hervor, unterstrich er, wie auch Kurt Vorhofer ein sehr unbequemer Mensch gewesen sei.
Bauer sparte in seiner Rede nicht mit Kritik an der Regierung und insbesondere Justizminister Böhmdorfer und meinte, das Verfassungsrecht auf Meinungsfreiheit sei in Gefahr. Ebenso wandte er sich strikt gegen Schritte zur "Ausschaltung" der Journalistengewerkschaft, besonders gegen den Versuch, diese aus dem Presserat "hinauszudrängen".
Gerhard Marschall betonte in seinen Dankesworten, er habe sich stets dagegen verwehrt, "das erste politische Opfer der Wenderegierung zu sein", schließlich habe er journalistisch weiterarbeiten und nicht für den Rest seines Lebens "als Märtyrer durch die Lande ziehen" wollen. Das Zusammenfallen der Ereignisse spreche ohnehin für sich, konstatierte er.
Journalist zu sein, heiße für ihn vor allem sich nicht anpassen zu dürfen, erklärte Marschall. Gerade in einem so kleinen Land wie Österreich entstünde eine gewisse Enge und man komme sich zwangsläufig nahe. Das berge die Gefahr "der Verbrüderung und der Verhaberung". Journalisten seien aber nicht da, um umarmt und geliebt zu werden, so Marschall, das Verhältnis zur Macht müsse immer ein Distanziertes sein.
Klar sprach sich Marschall gegen von der Politik verordnete "Ethikräte oder andere obskure Aufsichtsgremien" für Journalisten aus. Dagegen müsse man sich entschieden zu Wehr setzen. "So schlecht kann Journalismus gar nicht sein, dass er unter politischer Gängelung oder Zensur besser würde."
Gerhard Marschall, geboren am 27. August 1952 in St. Martin (OÖ), startete seine journalistische Laufbahn bei der "Rieder Volkszeitung", ab 1990 war er vier Jahre lang Oberösterreich- Korrespondent und Innenpolitik-Redakteur des "Standard". 1994 wechselte er zu den "Oberösterreichischen Nachrichten", wo er als Innenpolitik-Redakteur und Leiter des Oberösterreich-Ressorts tätig war. Heute ist Marschall Redakteur beim "Wirtschaftsblatt". Bisherige Preisträger des Kurt-Vorhofer-Preises sind Engelbert Washietl (1996), Katharina Krawagna-Pfeifer (1997), Karl Danninger (1998), Christoph Kotanko (1999), Andreas Koller (2000) und Armin Thurnher (2001).

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