Sozialpolitik – Pensionsreform  

erstellt am
26. 05. 03

Schüssel: Sind Sozialpartnern entgegengekommen, bei Frühpension keine Einigung
Wien (bpd) - Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Herbert Haupt berichteten Freitag (23. 05.) vormittags über die zwischen Regierungsspitze und den Sozialpartnern stattgefundenen Gespräche über die Pensionssicherungsreform. Diese Gespräche begannen Donnerstag Abend um 20 Uhr und endeten nach fünfzehnstündiger Beratungsdauer. Zu diesen Gesprächen wurden auch der Sozialforscher Bernd Marin und der Wifo-Experte Alois Guger beigezogen. "Wir haben uns mit allen Details der Pensionssicherungsreform auseinandergesetzt. Wir haben große Anstrengungen unternommen, um den Sozialpartnern möglichst entgegenzukommen. Wir wollten es ermöglichen, eine gemeinsame Lösung zu erzielen. Es gab wesentliche Annäherungen. In der entscheidenden Frage über die Anhebung des Frühpensionsalters, die alle Experten außer Streit gestellt haben, gab es keine Einigung", so Bundeskanzler Schüssel und erklärte, die Sozialpartner für Montag zu einem weiteren Gespräch eingeladen zu haben. Eine Zusage der Sozialpartner steht noch aus. "Ich glaube, dass man bei einigem guten Willen, zu einem gemeinsamen guten Ergebnis kommen könnte", betonte der Bundeskanzler.

Bundeskanzler Schüssel hob die Bereitschaft der Bundesregierung hervor, den Sorgen der Arbeitnehmervertreter entgegenkommen zu wollen. So war ein konkreter Vorschlag bei den Gesprächen die Gesamtbegrenzung von Verlusten durch die Pensionsreform auf maximal 10%. Ebenso sollte die Verlängerung des Durchrechungszeitraums durch faire Aufwertungsfaktoren begleitet werden. Die Schaffung eines Solidarpaketes soll eine höhere Bewertung von Kindererziehungszeiten, Präsenzdienstzeiten und Familienkarenz gewährleisten. Auch soll ein Pakt für ältere Arbeitnehmer von Experten ausarbeitet werden. Beim Altersübergangsgeld wurde ein deutlich verbesserter Rahmen vorgeschlagen. So soll der bisherige Rahmen von 20% auf 30% gesteigert werden. Zusammen mit dem Arbeitslosengeld, das 55% der Bemessungsgrundlage darstellt, wird dadurch ungefähr die Höhe einer vorläufigen Alterspension erreicht.

 

 Darabos: »Diese Regierung ist am Ende«
Schwarz-Blau agiert in allen Fragen gegen die Interessen der Bevölkerung
Wien (sk) - "Diese Regierung ist am Ende. Sie hat jegliche Reputation verspielt, sie hat keine Strategie für die Zukunft Österreichs, sie zeigt innerlich keine Einigkeit mehr und hat erhebliche Probleme was das Demokratieverständnis betrifft", übte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am Freitag (23. 05.) in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures heftige Kritik an der Regierung.

Der Regierung sei die Regierungsfähigkeit abhanden gekommen, verwies Darabos auf eine Reihe von Beispielen. Darabos erinnerte, dass die Pensionskürzungspläne von der FPÖ, nämlich in der Person von Vizekanzler Haupt, eingebracht wurden. Wenn die FPÖ nun die "Giftzähne" ziehen wolle, müsse man sich fragen, warum diese überhaupt drinnen sind? Angesichts der Vorgangsweise der Klubobleute von ÖVP und FPÖ rund um den Antrag auf Einführung der Frühpension für Politiker stelle sich die Frage, mit welcher Seriosität diese Regierung arbeite. "In meiner Zeit als Klubobmann im Burgenland wäre jedenfalls kein Antrag über meinen Schreibtisch gewandert, den ich nicht durchleuchtet hätte", so Darabos.

Die Regierung habe einfach "keine Gestaltungskraft" mehr, sagte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer weiter. Rund um die Abfangjägerbeschaffung werde auch das "stark eingeschränkte Demokratieverständnis" von Schwarz-Blau deutlich. Wenn nun auch die FPÖ-Politiker Haider und Gudenus meinen, dass im Abfangjägerdeal einiges zu hinterfragen sei, werde klar, wie sehr die Regierung Handlungsfähigkeit vermissen lasse. Darabos berichtete, dass eine burgenländische Firma, die von der Regierung immer wieder als Kandidat für Gegengeschäfte genannt werde, davon gar nichts wisse. Der Betriebsinhaber zeige sich überzeugt, dass es bei der Auftragsvergabe ausschließlich auf das Know how und die Position der Firma ankomme. Hier agiere die Regierung "zumindest politisch unhygienisch".

Darabos kommt zum Schluss, dass die Regierung in allen Fragen gegen die Interessen der Bevölkerung agiere. Eine solche Regierung sei auf Dauer nicht tragfähig. Österreich habe sich diese Regierung nicht verdient.

 

 Walch: Von AK und ÖGB mitgetragene Grausamkeiten von FPÖ hinausreklamiert
ÖGB sollte nicht polemisieren, sondern zurück auf den Verhandlungstisch
Wien (fpd) - "Einmal mehr hat die FPÖ unter Vizekanzler Haupt es geschafft und weitere positive Veränderungen gegenüber dem Vorschlag der Pensionsreformkommission durchgesetzt", hob der stellvertretende FPÖ-Obmann und Landesobmann der Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA) OÖ Abg. Max Walch unter anderem die Deckelung hervor, wonach es höchstens zu Verminderungen von 10 % kommen dürfe. "Auch die SPÖ hat davon gesprochen, daß Einbußen bis 15 % zu verkraften und zu akzeptieren sind. Die jetzige Lösung ist besser als diese Forderung. Und das werden sowohl SPÖ als auch SPÖ-Abgeordneter ÖGB-Präsident Verzetnitsch zur Kenntnis nehmen müssen."

"Daß es laufend zu Verbesserungen zu Gunsten der österreichischen Bevölkerung kommt, ist einzig dem Verhandlungsgeschick unseres Sozialministers, der die Bezeichnung sozial tatsächlich verdient, zu verdanken. Und nicht dem Verlassen des Verhandlungstisches durch den ÖGB", so Walch weiter. "Wir Freiheitliche haben es geschafft, beim Altersübergangsgeld eine Erhöhung um 10 % durchzusetzen. Daher wird dieses in Zukunft den Betrag des Arbeitslosengeldes um 30 % überschreiten."

Interessant sei, daß ausgerechnet jene den Verhandlungstisch verlassen, die an den Grausamkeiten des Erstentwurfs maßgeblich mitbeteiligt waren, "weil die Sozialpartner ja in der Reformkommission auch vertreten waren - auch wenn sie das gerne vergessen". Walch fordert auch den ÖGB auf, weiterzuverhandeln und "das ohnehin schon schlechte Klima nicht mit ständigen Drohungen weiter zu beschädigen".

Es sei bewiesen, daß es den Dialogverweigerern gar nicht um die Inhalte gehe. "Warum sonst hat die Gewerkschaft nicht auf die unglaublich gute Änderung im Bereich der langen Beitragszeiten reagiert? Ganz egal, wie gut etwas ist, die SPÖGB-Parteizentrale wird dieser Pensionssicherungsreform nie zustimmen. Denn dieser politisch schwachen Opposition ist es nie um Inhalte gegangen. Sollte man sich aber dennoch der politischen Verantwortung bewußt werden, so gebe ich gerne einen Tipp: Thematisieren statt polemisieren", schloß Walch.

 

 Schüssel soll Sturheit aufgeben
Van der Bellen: Budgetbegleitgesetz ohne Pensionsreform beschließen - Parlament an der Grenze der Arbeitsfähigkeit
Wien (gruene) - Nur einen Ausweg aus der Krise um die Pensionsreform sieht Bundessprecher Alexander Van der Bellen: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel müsste seine "Sturheit" aufgeben und das Thema Pensionen aus den Budgetbegleitgesetzen herausnehmen. Das wäre organisatorisch durchaus möglich, das Budget 2003 wäre überhaupt nicht betroffen, für 2004 gebe es - angesichts des Gesamtrahmens - keine Beeinträchtigung, sagte Van der Bellen.

Das heutige Scheitern der Verhandlungen zwischen Regierung und Sozialpartnern empfindet Van der Bellen als "bedrückend, weil Schüssel auf seiner Eskalationsstrategie beharrt und das Parlament an der Grenze der Arbeitsfähigkeit steht". Nicht nur Schüssel, auch die FPÖ müssten einen "Schritt rückwärts tun". Sie sollte sich über das Wochenende ihren Standpunkt überlegen - gelte noch "Qualität vor Zeitdruck"? Auch innerhalb der ÖVP "brodelt es", ist Van der Bellen überzeugt. Noch aber rechnet er nicht mit Neuwahlen.

 

Industrie für Weiterverhandeln statt Streiken
Unternehmen erwarten Besonnenheit der Arbeitnehmervertretungen - Betriebe nicht durch Arbeitsniederlegungen belasten
Wien (pdi) - Die Industriellenvereinigung (IV) spricht sich für eine Weiterführung, der offenkundig substanziellen Verhandlungen zur Pensionsreform zwischen Bundesregierung und Sozialpartnern aus. "Die Chance auf eine Einigung auf eine wirksame und sozial gerechte Pensionsreform ist nach dem aktuellen Verhandlungsstand gegeben. Daher soll weiter verhandelt, nicht gestreikt werden", so die IV.

Nachdrücklich warnt die Industriellenvereinigung davor, die im Wettbewerb stehenden Unternehmen in einer angespannten konjunkturellen Situation durch Arbeitsniederlegungen zu belasten. Die Zwischenergebnisse der Verhandlungen zeigen den Willen zu einer Einigung in der Sache. In einer solchen Situation sollte nicht mit Kampfmaßnahmen gedroht werden, sondern Ergebnisse in Gesprächen erzielt werden. Andernfalls liegt die Vermutung nahe, die Arbeitnehmervertretungen verfolgen andere, politische Ziele.

 

 Verzetnitsch: Es liegt nun an Schüssel, dass es zu keinen Streiks kommt
ÖGB fordert sofortige Fortsetzung der Verhandlungen
Wien (oegb) - "Dass es am Dienstag zu keinen Streiks kommt, liegt nun ausschließlich an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel", erklärte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch nach einer zweieinhalbstündigen Sitzung mit den Gewerkschaftsvorsitzenden bei einer Pressekonferenz. "Verhandeln, verbessern, vereinheitlichen" - das ist die Botschaft an die Bundesregierung zur Pensionsreform. "Und damit kann sofort begonnen werden, jetzt gleich. Wir stehen zur Verfügung", sagte Verzetnitsch.

"Es sind die Erfolge der Abwehrstreiks und gewerkschaftlichen Maßnahmen vom 6. Mai und der Großdemonstration vom 13. Mai, dass die Bundesregierung von ihren bisher unverrückbaren Eckpunkten der Pensionsreform abgewichen ist", fasste der ÖGB-Präsident zusammen.

Dennoch seien weiterhin wichtige Fragen offen. Wir wollen nicht, dass Menschen länger arbeiten müssen, ohne ihnen dazu auch die Voraussetzung zu geben. Daher sind wir gegen die Abschaffung der Frühpensionen. "Wir wollen auch nicht, dass die Pensionen in Form einer Deckelung um zehn Prozent gekürzt werden", stellte Verzetnitsch weiters fest. Bei Kollektivvertrags-Verhandlungen wird um Zehntelprozent-Punkte diskutiert, bei den Pensionen möchte man einfach bis zu zehn Prozent kürzen, so Verzetnitsch: "Wir wollen, dass nach 45 Jahren Arbeit, die Menschen die Wahlfreiheit haben, mit 60 Jahren in Pension gehen zu können". Außerdem bekräftige der ÖGB-Chef die Forderung nach Harmonisierung der Pensionssysteme und einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen.

"Die Situation ist viel zu ernst, als dass man die Anliegen der Menschen verwässert und verzögert. Ich fordere die Bundesregierung daher auf, sofort - also jetzt - die Verhandlungen aufzunehmen. Wir stehen zur Verfügung. Schließlich geht es um das Einkommen von Millionen Menschen. Die Verantwortung liegt nun bei Ihnen, Herr Bundeskanzler", so Verzetnitsch abschließend.
 
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