Bauwirtschaft hat Konjunkturtal durchquert  

erstellt am
22. 05. 03

Wohnbau weiterhin rückläufig, Hochbau stagniert, Tiefbau profitiert von Infrastrukturinvestitionen · Bauarbeitsmarkt entspannt sich: Arbeitslosigkeit 2002 markiert vorläufig einen Höhepunkt
Wien (ba-ca) - Die österreichische Bauwirtschaft hat den Konjunkturtiefpunkt zwar durchschritten. Ihre Rolle als Stütze des Wirtschaftswachstums ging in den letzten Jahren aber verloren. So fasst Günter Wolf von der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) Konzernvolkswirtschaft im jüngsten Branchenbericht die letzten Geschäftsjahre der heimischen Baubranche zusammen. Der Umsatz der Bauwirtschaft ist um geringe 0,8 Prozent nominell auf 17,8 Milliarden Euro gestiegen. Preisbereinigt ist das Bauvolumen im Land wieder um mehr als 1 Prozent gesunken.

Parallel zum Abschwung in der Bauwirtschaft ist die Arbeitslosigkeit am Bau drastisch gestiegen. Die schwache Baukonjunktur ist für 10 Prozent des Anstiegs der Arbeitslosigkeit im Land seit 2000 verantwortlich. Im Jahresmittel 2002 waren 28.000 Personen mit Bauberufen arbeitslos, in den Wintermonaten zeitweise über 60.000. Das sind 20 Prozent aller in Österreich arbeitslos gemeldeten Personen. Der Anteil der Baubeschäftigten erreicht im Vergleich dazu kaum 8 Prozent der Gesamtbeschäftigung. Die Arbeitslosigkeit am Bau hat 2002 vorläufig einen Höhepunkt erreicht. Im Lauf des Jahres hat sich die Baukonjunktur auf niedrigem Niveau stabilisiert. Das Bauhauptgewerbe erreichte ein Umsatzplus von 1,4 Prozent, mit stärkeren Zuwächsen im Tiefbau dank forcierter öffentlicher Infrastrukturinvestitionen. Der Hochbau schloss mit einem Minus von 0,6 Prozent, wofür der rückläufige Wohnbau wesentlich verantwortlich war. Die Baunebengewerbe erlitten beträchtliche Einbußen von 3 bis 4 Prozent.

Der Rückgang im Wohnbau hat sich verlangsamt. Der Nachfrageüberhang, der sich Ende der 80er-Jahre auf Grund geburtenstarker Jahrgänge und dem Trend zu Single-Haushalten aufgebaut hat, wurde im Verlauf der 90er-Jahre ausgeglichen. Noch 2000 wurden 53.800 Wohneinheiten in Österreich fertiggestellt. Danach kam es zu einer massiven Korrektur im Wohnbau. Im Jahr 2001 beliefen sich die Fertigstellungen auf 45.850 Einheiten, 2002 in etwa auf 44.000. In den nächsten zwei Jahren wird sich die Neubauleistung bei 40 bis 42.000 Wohnungen einpendeln.

"Die schwache Konjunktur dämpfte 2002 die Ausgaben der Unternehmen für Investitionen in Industrieanlagen, Hallen und Fabrikgebäude", sagt Günter Wolf von der BA-CA Konzernvolkswirtschaft. Die Bauwirtschaft hat die Investitionszurückhaltung deutlich zu spüren bekommen, in einem Umsatzminus beim Industriebau von 22 Prozent, auf 600 Millionen Euro. Großteils konnten Einbußen aber durch Aufträge im öffentlichen Hochbau, im Bau von Büros oder von Verkaufsflächen kompensiert werden. In diesem Hochbaubereich ist der Umsatz um 10 Prozent auf rund 2 Milliarden Euro gestiegen. Laut ersten Umfragen planen Österreichs Industrieunternehmen 2003 eine Aufstockung ihrer Investitionen um 5 Prozent, womit auch eine Trendwende im Industriebau zu erwarten ist.

Die Baukonjunktur wurde 2002 von zusätzlichen Ausgaben für den Ausbau des Schienen- und Straßennetzes gerettet. Insgesamt ist der Tiefbauumsatz um 5,7 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro gewachsen. Die Spartenergebnisse vom Vorjahr spiegeln einen Trend, der sich voraussichtlich fortsetzen wird, die dynamischere Entwicklung der Tiefbausparten im Vergleich zum Hochbau.

Die erwarteten Wachstumsraten für 2003 und 2004 bleiben unter der 2 Prozent Marke, womit sich Österreichs Bauwirtschaft zwar rascher erholt als die Branche im westeuropäischen Durchschnitt. Sie bleibt aber gleichzeitig deutlich unter der Performance in den 90er Jahren. Erst nach 2004 wird sich das Wachstum beschleunigen. Die wichtigsten Impulsgeber dabei werden die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, Bedürfnisverschiebungen in der Bevölkerung und der wachsende Bedarf der Dienstleistungsbranchen nach Verkaufs- und Büroflächen sein. Günter Wolf gibt zu bedenken, dass die Bauwirtschaft auch in Zukunft langsamer als die Gesamtwirtschaft wachsen wird. Damit verschärft sich der Wettbewerbsdruck am Baumarkt.
     
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