Sozialpolitik – Pensionsreform  

erstellt am
06. 06. 03

 Gusenbauer zu Pensionen: Keine substanziellen Zugeständnisse der Regierung
FPÖ ist im Liegen umgefallen - welcher "Kuhhandel" steckt hinter dieser Einigung?
Wien (sk) - "Seit den runden Tischen mit den Sozialpartnern hat sich die Bundesregierung nicht mehr bewegt. In ihren Abänderungsanträgen zur Pensionsreform gibt es keinerlei substanzielle Zugeständnisse", kritisierte am Donnerstag (05. 06.) SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer in einer Pressekonferenz. Die Kürzungen in der Höhe von elf bis 12 Prozent bleiben unverändert, es gebe keine Regelungen für Schwerstarbeiter, keine sozialen Abfederungen für Pensionen unter 1.000 Euro, noch finde sich ein Wort zur Harmonisierung im Gesetzestext. "Die ÖVP hat ihr Kürzungsprogramm absolut durchgepeitscht, und die FPÖ hat nichts erreicht. Die FPÖ ist noch im Liegen und mit lautem Gebrüll umgefallen. Es ist noch eine spannende Frage, welcher Kuhhandel steckt hinter der Einigung der FPÖ mit der ÖVP", so Gusenbauer.

Der nun von Regierungsseite angebotene Härtefonds sei ebenfalls kein Ausweg, da dieser mit nur zehn Millionen Euro dotiert sei. Kommendes Jahr gehen 67.000 Menschen in Pension, davon werden 35.000 unter 1.000 Euro im Monat erhalten. Suchen nun alle um einen Ausgleich beim Härtefonds an, dann bekommen sie pro Monat genau 20 Euro, rechnete der SPÖ-Vorsitzende vor. Darauf bestehe aber kein Rechtsanspruch, sondern die Gewährung dieser Mittel sei ein "staatlicher Gnadenakt". Die Kürzungen machen hingegen bei einer Pension von 1.000 Euro 120 Euro aus. Zieht man die 20 Euro aus dem Härtefonds ab, dann beträgt die Kürzung immer noch 100 Euro. "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Viele werden durch die Pensionsreform der Regierung an die Grenze der Armut gedrängt."

Für Junge kommt aber das dicke Ende noch, nämlich dann wenn der Deckel bei den Kürzungen "wegfliegt", da dieser zeitlich befristet sei und die heute unter 40-Jährigen dann in ein beitragsorientiertes Pensionskonto einzahlen. Dann stehen Pensionskürzungen in der Höhe von 30 Prozent im Raum, so Gusenbauer. "Für unter 40-jährige ist unter keinen Umständen eine Nettoersatzrate von 80 Prozent auch nach 45 Beitragsjahren, wie von der Regierung versprochen, erreichbar. Die Ersatzraten werden dann auf 55 bis 60 Prozent netto sinken", unterstrich der SPÖ-Chef. Denn es gebe keine adäquaten Aufwertungsfaktoren.

Gusenbauer betonte, dass die Regierung von ihrem Versprechen, die Pensionen ab 2004 mit der Lohnentwicklung aufzuwerten, jetzt wieder abgerückt sei. Dieser Vorschlag sei an sich schon schlimm genug, da die alten Versicherungszeiten dabei nicht berücksichtigt bleiben, doch nun soll nur mehr nach der Nettoanpassung aufgewertet werden, was ein eindeutig schlechterer Satz ist, und einer Entwertung der Pensionen gleich kommt. Damit sei auch klar, dass am ursprünglichen Entwurf nichts geändert wurde, da die Hauptbetroffenen immer noch unverändert die Jungen sind. Einzig für die in den nächsten Jahren in Pension Gehenden wurde der Deckel bei den Kürzungen eingeführt. Dazu komme noch, dass die Regierung die Mindestzinsgarantie bei Pensionskassen absenken will. Dadurch werden 400.000 Menschen die Pensionen gekürzt, die in diese Kassen eingezahlt haben.

Wann eine Harmonisierung der Pensionssysteme erfolgen soll, stehe weiter in den Sternen, kritisierte Gusenbauer. Es gebe dazu nur "müde Absichtserklärungen", im Gesetzestext finde sich dazu kein Wort. "Mit dieser Einigung zwischen FPÖ und ÖVP zur Pensionsreform ist auch die Harmonisierung begraben worden", sagte der SPÖ-Vorsitzende. In diesem Zusammenhang ist Gusenbauer gespannt, wie sich der Chef der Beamtengewerkschaft, ÖVP-Abgeordneter Neugebauer nächste Woche bei der Abstimmung verhält. "Vielleicht hat sein Leisertreten in dieser Angelegenheit in den letzten Tagen damit zu tun, dass ihm Kanzler Schüssel bereits Zugeständnisse bei der Harmonisierung gemacht hat", so Gusenbauer.

Der SPÖ-Vorsitzende vermutet, dass die Regierungsparteien selbst kein großes Vertrauen in ihr Produkt haben, da sie gestern mit einem Fristsetzungsantrag einen "Schluss der Debatte" mit dem morgigen Tag gesetzt haben, ohne aber einen Abänderungsantrag zu ihrem ursprünglichen Entwurf für die Budgetbegleitgesetze eingebracht zu haben. Auch beim seit 10 Uhr vormittags tagenden Budgetausschuss wurde dieser Antrag noch nicht vorgelegt, er soll erst am Nachmittag eingebracht werden, "so hört man". Gusenbauer wertet dieses Vorgehen als eine "Brüskierung des Parlaments" und als einen Versuch, eine kritische Debatte zu verhindern. Dadurch soll offensichtlich erreicht werden, dass nicht alle "schlafenden Hunde" im Text entdeckt werden können, vermutet Gusenbauer.

Für Gusenbauer sei das ein "schlechter Stil", der nichts mit einem "zivilisiertem Umgang" mit dem Parlament zu tun habe. Und es sei ein Beweis dafür, dass diese Pensionsreform von "vorne bis hinten vergurkt" sei, sagte Gusenbauer in Anlehnung an ein Zitat des Beamtengewerkschafters Neugebauer.

Das was die Regierung vorgelegt habe, sei keine wirkliche Pensionsreform, da der Lebensstandard nicht gesichert werde, die langfristige Finanzierung nicht garantiert werden könne und keine Erhöhung der Gerechtigkeit statt finde. Als Beleg dafür führte Gusenbauer an, dass die Regierung darauf verzichtet, bei hohen und höchsten Pensionen einen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von zehn Prozent einzuheben, dass sie aber bereit ist, Menschen mit sehr kleinen Pensionen zehn bis zwölf Prozent ihrer Pensionen abzuknöpfen.

Ohne die Kampfmaßnahmen des ÖGB hätte sich in der Pensionsdebatte überhaupt nichts getan, ist Gusenbauer überzeugt. Es hätte dann keine runden Tische gegeben, keine Veränderungen in einzelnen Bereichen, auch wenn diese größtenteils kosmetisch geblieben seien, und außerdem wurde dadurch erreicht, dass auf einer breiten Basis wie noch nie über das Pensionsthema diskutiert wurde, unterstrich der SPÖ-Chef. Nächste Woche in der Plenarsitzung des Nationalrates werden auch die Unterschriften der SPÖ-Bürgerinitiative für faire Pensionen an die Regierung überreicht. Mit dieser Initiative werde auch eine Volksabstimmung über die Pensionsreform gefordert. "Das ist der nächste Glaubwürdigkeitstest für die FPÖ, da sie sich immer für eine Volksabstimmung ausgesprochen hat. Stimmt sie nun dafür oder geht ihre Umfallerserie weiter", so Gusenbauer abschließend.

 

Lopatka: Unglaubwürdige Angriffe auf Politpensionsregelung
Grünen-Chef ist künftig Luxusrentner
Wien (övp-pk) - "Die Angriffe der Grünen auf die Neuregelungen bei Politikerpensionen sind völlig unglaubwürdig. Der Klubobmann der Grünen, Alexander van der Bellen, soll lieber vor der eigenen Tür kehren, da er als Universitätsprofessor mit 100 Prozent seines Letztbezuges in Pension gehen kann", sagte ÖVP-Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka am Donnerstag (05. 06.).

Daher seien persönliche Untergriffe gegen die ÖVP- Nationalratsabgeordneten Günter Stummvoll und Werner Fasslabend völlig unangebracht, so Lopatka weiter. Eine Abschaffung jeglicher Pensionsprivilegien von Politikern sei vielmehr einer der Kernpunkte der ÖVP-Linie bei der Pensionsdebatte, führte der Generalsekretär abschließend aus.

 

 Achleitner: Pensionen: Soziale Sicherheit für alle Generationen
Sozialstaat bezahlt sich nicht von selbst
Wien (fpd) - "Verantwortung zu tragen und Verantwortung für nachhaltige Reformen zu übernehmen, die mehrere Generationen berücksichtigen, bedeutet Mut. Es bedeutet Mut, den Menschen die Wahrheit zu sagen, und es bedeutet auch Mut, Reformen gemäß den finanziellen Bedingungen sozial gerecht zu gestalten und nicht zu Lasten der Schwächeren." Mit diesen Worten eröffnete die freiheitliche Frauensprecherin Dipl.-Ing. Elke Achleitner ihren Debattenbeitrag am Mittwoch (04. 06.).

Gerade diesen Mut habe aber die SPÖ nie gehabt und ziehe es nun vor, durch Panikmache, Horrormeldungen und Verunsicherungen mit den Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher zu spielen. Während SPÖ und Grüne gemeinsam mit dem ÖGB nichts anderes im Sinn hätten als die Bevölkerung gegen die Regierung aufzuhetzen, Arbeitnehmer zu instrumentalisieren und auch Druck auf sie auszuüben, um ihre Macht zu demonstrieren. sei das Ziel der FPÖ ein ganz anderes, nämlich mit einer gerechten Pensionsreform die soziale Sicherheit für alle Generationen nachhaltig zu gewährleisten.

Ein großes Anliegen sei dabei, daß für Frauen die Betreuungsleistungen angerechnet und daß die Lücken im Erwerbsleben der Frauen, die Familienarbeit leisten, geschlossen werden. Ohne Besserstellung der Frauen wäre eine Pensionsreform für die FPÖ nicht denkbar gewesen. "Denn es sind die Frauen, die den Generationenvertrag garantieren", erklärte Achleitner. Daher werden pensionsbegründende Kindererziehungszeiten künftig auf zwei Jahre erhöht, die Durchrechnungsverlängerung wird dadurch ausgeglichen, daß pro Kind 3 Jahre berücksichtigt werden. Zusätzlich wird für die Bemessungsgrundlage der Kindererziehungszeiten für die Pensionen erhöht. Durch diese jährliche Aufwendung werden 2028 die Kindererziehungszeiten doppelt so viel wert sein wie jetzt. Verbesserungen für die Frauen werden auch durch die neuen Rahmenzeiten für die Altersteilzeit gewährleistet."

"Das ist freiheitliche Sozialpolitik, und die Opposition soll endlich zur Kenntnis, daß sich der Sozialstaat nicht von selbst zahlt", schloß Achleitner.

 

 Verbesserungen bei Pensionsreform Folge der Streiks
Van der Bellen sieht "Kapitulation der FPÖ" - Öllinger kritisiert »Propagandaparagraph«
Wien (grüne) - Die Grünen bleiben bei ihrer Kritik an der Pensionsreform. Die gestern von der Regierung vorgelegten "geringen, aber doch merklichen Verbesserungen" seien im Wesentlichen bereits bei den "Runden Tischen" mit den Sozialpartnern zu Stande gekommen, meinte Bundesprecher Alexander Van der Bellen in einer Pressekonferenz am Donnerstag (05. 06.). Es handle sich dabei also um Teilerfolge der Streiks und Demonstrationen: "Ohne diese Aktivitäten wäre die Regierungsvorlage sicher durchgegangen."

Darüber hinaus gehende Verbesserungen habe die Regierung nicht vorgenommen. Der Gesetzesentwurf bedeute die "endgültige Kapitulation der FPÖ in Sachen Pensionsreform", so Van der Bellen. Schließlich würden künftige PensionistInnen mit unter 1.000 Euro monatlich von der Reform genauso betroffen wie alle anderen auch. FP-Staatssekretärin Ursula Haubner hatte Anfang der Woche gefordert, Pensionseinkommen unter 1.000 Euro von den Kürzungen auszunehmen.

Sozialsprecher Karl Öllinger kritisierte die nach wie vor ausstehende Harmonisierung der Pensionssysteme. Er glaubt nicht daran, dass sie wie angekündigt im Herbst durchgeführt wird. Schließlich habe die ÖVP bereits bei den gemeinsamen Koalitionsverhandlungen klar gemacht, dass sie kein Interesse daran habe, in die Pensionen "ihrer Klientel" - der Bauern, BeamtInnen und UnternehmerInnen - einzugreifen.

Kritik übte Van der Bellen auch an anderen Teilen des Budgetbegleitgesetzes: So sei immer noch keine ausreichende Vorsorge für das Überleben der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) getroffen worden. Die Finanzierung der Universitäten "hängt in der Luft", sogar von Zahlungsunfähigkeit sei die Rede. Und im Gesundheits- und Steuerbereich gebe es Mehrbelastungen von insgesamt 500 Mio. Euro. Öllinger verwies darauf, dass sich im Budgetbegleitgesetz nun ein "Propagandaparagraph" befinde, der die Sozialversicherungsanstalten zwinge, Informationsmaterial der Regierung zu verwenden.
 
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