Neuerlich heftige Eurofighter-Debatte
im Budgetausschuss
 

erstellt am
06. 06. 03

Regierung weist Zweifel der Opposition an Kostendarstellung zurück
Wien (pk) - Der Budgetausschuss setzte am Donnerstag (05. 06.) Vormittag seine Beratungen über das Budgetbegleitgesetz unter der Verhandlungsleitung seines Obmannes Jakob Auer fort. Die erste Verhandlungsrunde galt einmal mehr dem Thema "Luftraumüberwachungsflugzeuge"

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) eröffnete die Debatte mit seiner Frage nach den Veränderungen des Stückpreises pro Abfangjäger infolge der Reduzierung der Stückzahl von 24 auf 18 Abfangjäger im letzten Sommer. Weitere Fragen galten dem neunjährigen Finanzierungsmodell und der Differenz zwischen dem im vorgesehenen Abänderungsantrag enthaltenen Gesamtpreis sowie einem Gesamtkostenpreis von 2,5 Mrd. Euro. Besonders interessierte Matznetter, ob es sich beim Kriterium der Lieferung der ersten vier Abfangjäger im Jahr 2005 um ein Muss- oder ein Sollkriterium gehandelt habe und wie viele Punkte EADS für die pünktliche Lieferung in der Bewertung bekommen habe. Auch seien die Gesamtsystemkosten von der Regierungsseite unvollständig dargestellt worden. Der Abgeordnete bat um präzise und vollständige Information.

Abgeordneter Peter Pilz (G) ersuchte um Auskunft über die Details der Betriebskostenberechnung anhand der dazu vorliegenden Berechnungen des Verteidigungsressorts sowie um präzise Angaben über die Kosten der Übergangslösung. Das Ressort verfügt laut Pilz zu beiden Fragen über detaillierte Berechnungen und Abschätzungen, die ihm vorliegen. "Wenn wir keine Antworten bekommen, bin ich gerne bereit, an Stelle des Ministers zu antworten", sagte der Abgeordnete. Er sei bisher davon ausgegangen, dass sich der Systempreis aus den Beträgen für Flugzeugkauf sowie für Logistik und Finanzierung mit einer Gesamtsumme von 1,969 Mrd. Euro (ohne Betriebskosten) zusammensetzt. Seine Frage an den Verteidigungsminister lautete, ob diese Summe auch den Systemaufwand mit sonstigen Vertragspartnern enthalte: Einsatzausbildung der Piloten, Flugfunknetz, die Freund-Feinderkennung, die IT-Infrastruktur, den Data-Link, die Flugplatzeinrichtungen und die Bauinfrastruktur, nämlich Werkstätten. "Wie hoch sind die sonstigen Systemkosten und wie hoch ist der gesamte Systemaufwand?", fragte Pilz und fragte weiter: "Warum steht, wenn der Systemaufwand 2,2023 Mrd. Euro ausmacht, eine falsche Zahl im Abänderungsantrag?"

Abgeordneter Werner Amon (V) erinnerte zunächst daran, dass die Beträge für den Eurofighterkauf die Budgets der Jahre 2003 und 2004 nicht betreffen. Die Opposition sollte nicht versuchen, den Eindruck zu erwecken, im Zuge der Flugzeugbeschaffung sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen. Den Grünen warf Amon vor, in jener Phase der Entscheidungsfindung, in der der Saab-Gripen favorisiert wurde, bereits eine Argumentationslinie vorbereitet zu haben, die auf den Vorwurf hinauslief, die Ausschreibung sei für das schwedische Flugzeug manipuliert worden. Nachdem dies Linie in sich zusammengebrochen sei, versuche man nun die Entscheidung für den Eurofighter zu kriminalisieren. "Legen Sie konkrete Vorwürfe auf den Tisch oder machen Sie eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft", sagte Abgeordneter Amon in Richtung des Abgeordneten Pilz.

Abgeordneter Anton Gaal (S) sprach von einer politischen Fehlentscheidung. Ein kostenintensiver Beschaffungsvorgang soll eingeleitet werden, obwohl er sicherheitspolitisch nicht begründbar und budgetpolitisch als Katastrophe zu bezeichnen sei. Die Anschaffung der teuren Kampfjets lasse keine Spielräume für dringend notwendige Erneuerungen in der Mannesausrüstung und beim Fuhrpark des Bundesheeres. "Wir brauchen keine sündteuren Kampfflugzeuge für die Luftraumüberwachung", sagte Gaal und meldete Zweifel an der Realisierbarkeit von Gegengeschäften in der versprochenen Höhe von 240 % des Kaufpreises an. Gaals Detailfragen galten der Erhöhung des Stückpreises im Zuge der Reduzierung der Stückanzahl.

Abgeordneter Werner Kogler (G) interessierte sich für die Gründe der Entscheidung zugunsten eines neunjährigen Finanzierungszeitraumes und äußerte die Vermutung, man habe gewusst, dass der Eurofighter damit die Nase vorne haben werde.

Abgeordnete Marek (V) unterstrich als Betriebsratsobfrau eines mittelständischen Unternehmens, das gute Aussichten habe, an den Gegengeschäften zu profitieren, die wirtschaftliche Bedeutung der vereinbarten Kompensationen.

Auch Abgeordneter Stefan Prähauser (S) interessierte sich für die Gegengeschäfte und meinte, es wäre besser gewesen, ein billigeres Flugzeug zu kaufen und das ersparte Geld für Finanzspritzen in Betriebe zu nutzen, die dies wirklich brauchen. Denn von den Eurofighter-Gegengeschäften werde, so befürchtet Prähauser, nur wenige Großbetriebe profitieren können. Schließlich fragte er nach den künftigen Standorten der Militärflugzeuge sowie nach den Flugstunden der Draken und den diesbezüglichen Kosten während der letzten Jahre.

Eine weitere Detailfrage des Abgeordneten Peter Pilz (G) galt der Veränderung der Systemkosten durch die Reduzierung der Zahl der Flugzeuge von 24 auf 18.

Abgeordneter Walter Murauer (V) betonte die Bedeutung der Gegengeschäfte auch für kleinere und mittlere Unternehmen und begrüßte die Ankündigung des Wirtschaftsministers, die Geschäfte transparent zu machen. Den Vorwurf der SPÖ, die Eurofigterbeschaffung gehe zu Lasten anderer wichtiger Heeresbeschaffungen, wies der Abgeordnete zurück und machte auf geplante Beschaffungen in den Bereichen Mannesausrüstung, ABC-Schutz und Kampfanzüge aufmerksam.

Abgeordneter Klaus Wittauer (F) warf den Oppositionsparteien, die von vornherein eine Strategie gegen die Abfangjäger gehabt haben, Unehrlichkeit vor und forderte sie auf, gegen Minister Platter und seinem Vorgänger Scheibner nicht länger von "Schiebung" und "Betrug" zu sprechen. Die FPÖ stehe hinter der Entscheidung für den Eurofighter.

Verteidigungsminister Günther Platter hielt fest, dass es sich beim Liefertermin bei der Ausschreibung um ein Sollkriterium gehandelt habe. Der Minister fügte ein Zitat aus einem Rechtsgutachten hinzu, aus dem hervorging, dass die Firma EADS im Entscheidungsprozess nicht gleichheitswidrig bevorzugt worden sei.

Die Saab 105 werde nach heutigem Wissen auch noch nach 2005 verwendbar sein und hauptsächlich im Jettraining zum Einsatz kommen .

Die Betriebskostenberechnung des Abgeordneten Pilz beruhe auf längst nicht mehr relevanten Unterlagen aus dem Verhandlungsstadium zwischen dem Verteidigungs- und dem Finanzministerium, sagte der Bundesminister und führte aus, dass es zwischenzeitlich gelungen sei, die Betriebskosten durch eine Reduktion der Flugstunden auf 1800 knapp unter 15 Mill. Euro zu senken. Das Papier des Abgeordneten Pilz sei nicht Gegenstand der Verhandlung. Die von Pilz genannten Beträge hätten "überhaupt nichts mit dem Eurofighter-Beschaffungsvorgang zu tun. Es handelt sich um Sicherheitsmaßnahmen auf den Flughäfen".

Es sei wichtig, mit dem Budgetbegleitgesetz die Vorraussetzungen für die Unterzeichnung des Kaufvertrages zu schaffen, weil es erst dann möglich sein werde, mit Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien über eine kostengünstige Übergangslösung konkret zu verhandeln.

Die Anschuldigungen wegen nicht richtig dargestellter Systemkosten wies der Minister zurück und sagte, in Wahrheit wollten die Kritiker diesen sorgfältig durchgeführten Beschaffungsvorgang nicht haben. Die Opposition habe mit der Beschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge - ob Eurofighter, Gripen oder F16 - nichts am Hut.

Das Landesverteidigungsbudget sei für die Jahre 2003 und 2004 um 70 Mill. Euro aufgestockt worden. Dies ermögliche Investitionen in Kampfanzüge, den Fuhrpark und Sanierungsmaßnahmen. Im Rahmen der Pensionsreform sei es möglich, die Dienstzeit der Zeitsoldaten besser zu honorieren.

Es bleibe unverändert bei den drei Einsatzorten Zeltweg, Graz und Hörsching, wobei der zentrale Einsatzort Zeltweg sei.

Staatssekretär Alfred Finz ging auf die Finanzierung der Beschaffung ein. Nach dem Ministerratsbeschluss habe der Kaufpreis für 24 Flugzeuge 1,791 Mrd. Euro betragen. Das wären 1,343 Mrd. für 18 Flugzeuge. Nach den Verhandlungen sei eine günstigere Finanzierung für 18 Eurofighter und ein Preis von 1,132 Mrd. Euro., also um 200 Mill. Euro weniger, erreicht worden. Ein großer Erfolg, sagte der Staatssekretär. Inklusive Finanzierungskosten ergab sich ein Kaufpreis von 1,337 Mrd. Euro, wie er auch im Abänderungsantrag stehen wird. Dazu kommen bis 2014 für Ausbildung und Logistik 632 Mill. Euro dazu. Ergibt einen Gesamtpreis von 1,969 Mrd. Euro.

Bezahlt wird ab 2007 in 18 gleichen Halbjahresraten. In den 632 Mill. Euro ist enthalten: Radar, Hard- und Software, Ausbildung, Piloten- und Materialerhaltung, Umlaufteile. Prüf- und Messmittel, technische Dokumentation, Beratung, Logistikservice und Flugsimulator. Die Kosten, die Pilz nannte, seien typenunhabhängige Kosten, die man bei jeder Flugzeugbeschaffung gebraucht hätte, etwa die Adaptierung der "Goldhaube". Das habe nichts mit der Eurofighterbeschaffung zu tun.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser wies den Vorwurf, leichtfertig mit Steuergeldern umzugehen, entschieden zurück und bezeichnete den Eurofighterbeschaffungsvorgang als politisch völlig korrekt und transparent.

Die neun Jahresraten werden rund 220 Mill. Euro betragen. Das mache 0,1 % des BIP aus. Dieses Geld werde zusätzlich zur Verfügung gestellt, sodass das im internationalen Vergleich niedrige Budget des Verteidigungsressorts nicht eingeschränkt werde. Der Umfang der Gegengeschäfte in der Höhe von 240 % des Kaufpreises, also 4 Mrd. Euro, seien kein frommer Wunsch, sondern ein klar herausverhandelter Erfolg.

In einer weiteren Verhandlungsrunde erkundigte sich Abgeordnete Pfeffer (S) nach einem Vergleich der Gesamtkosten zwischen Eurofightern, F-16 und Gripen sowie nach den Betriebskosten der Draken. In einem Abänderungsantrag zum Budgetbegleitgesetz forderte die Abgeordnete namens ihrer Fraktion den Entfall des Nachkaufs der Luftraumüberwachungsflugzeuge.

Abgeordneter Peter Pilz (G) wiederholte seine Frage nach den Gesamtkosten des Systems und wollte wissen, ob Kosten für die Einsatzausbildung der Eurofighterpiloten, das Funknetz, die Freund-Feind-Erkennung und die IT-Infrastruktur für die Eurofighter nicht zur Beschaffung des Eurofighter zählen. Weitere Fragen galten dem zweiten Werkzeugsatz.

Zu den Betriebskosten forderte Abgeordneter Pilz die neuesten Beträge.

Abgeordneter Werner Kummerer (S) machte auf die zahlreichen Kritiker des Eurofighterkaufs außerhalb der Reihen der Oppositionsparteien aufmerksam, etwa die FPÖ-Politiker Prinzhorn und Wattaul sowie darauf, dass der 4:1-Beschluss der Bewertungskommission ursprünglich von Corrieri, Pleiner und Minister Scheibner nicht aufgegriffen wurde. Für interessant hielt Kummerer auch, dass die europäische Wertschöpfung, die nun für den Eurofighter ins Treffen geführt werde, bei bisherigen Beschaffungen, etwa beim Black Hawk, keine Rolle gespielt habe. In jedem Fall habe man sich in den letzten Jahren aber auf das teuerste Angebot geeinigt.

Abgeordneter Werner Kogler (G) bezweifelte, dass der Nachkauf der Abfangjäger den Bestimmungen des Bundeshaushaltsgesetzes entspreche und beantragte eine Ausschussfeststellung zu den derzeit abschätzbaren Kosten dieser Beschaffung. Kogler hielt fest, dass seine Frage über den neunjährigen Finanzierungsplan nach wie vor offen sei, klagte über ständig differierende Angaben und verlangte daher eine Sitzungsunterbrechung - ein Wunsch dem Ausschussvorsitzender Jakob Auer aber nicht entsprach.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) erinnerte an einen in der Presse publizierten Gesamtsystempreis inklusive Finanzierung in der Höhe von 2,399 Mrd. Dividiert man diesen Vergleichswert durch 24 erhält man einen Stückpreis von 99,996 Mill. Euro. Der heute präsentierte Stückpreis wird aber mindestens 109 Mill. Euro betragen, kritisierte Matznetter. Der Abgeordnete wiederholte seine Frage, ob Mitbewerber von EADS durch die Umwandlung eines Musskriteriums in ein Sollkriterium zu Unrecht vom Angebot ausgeschlossen wurden.

Abgeordneter Peter Pilz (G) wollte wissen, wie oft Musskriterien im Verlaufe dieser Typenentscheidung in Sollkriterien umgewandelt wurden.

Verteidigungsminister Günther Platter bezifferte die Kosten für 1400 Draken-Flugstunden pro Jahr mit 12 Mill. Euro.

Die Ausbildung der Piloten sei in die Systemkosten integriert. Die Betriebskosten konnten durch eine Reduktion auf 1800 Flugstunden pro Jahr gesenkt werden. Der zweite Werkzeugsatz zähle nicht zu den Betriebskosten.

Der Eurofighter sei nicht das teuerste, sondern das beste Gerät, betonte der Verteidigungsminister und machte auf dessen Leistungen in den Bereichen Beschleunigung und Steigleistung sowie auf das hohe Maß an Sicherheit durch die beiden Triebwerke aufmerksam.

Musskritierien seien nicht in Sollkriterien umgewandelt worden, stellte der Minister abschließend fest.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser erinnerte daran, dass die Gegengeschäfte im Umfang von 130 % des Kaufpreises bei der Drakenbeschaffung voll erfüllt wurden. Die gewählte Vorgangsweise entspreche vollinhaltlich den Bestimmungen des Bundeshaushaltsgesetzes, unterstrich der Finanzminister. Die Entscheidung für den Eurofighter sei aufgrund einer 4:1-Empfehlung der Bewerungskommission im Ministerrat einstimmig gefallen. Mit der Firma EADS sei sehr gut verhandlet worden, sagte Grasser und erinnerte an die Reduzierung des Stückpreises und des Mengengerüstes.

Abgeordneter Peter Pilz (G) kritisierte, dass der Verteidigungsminister keine Angaben zu den Systemkosten gemacht habe und keine Auskunft über massive Einsparungen bei der Einsatzausbildung der Piloten, beim Flugfunknetz, bei der Freund-Feind-Erkennung, bei der IT-Infrastruktur, beim Data-Link und bei der baulichen Infrasturktur der Flughäfen gemacht habe.

Abgeordneter Werner Kogler (G) sah seine Frage nach dem neunjährigen Finanzierungszeitraum und eine ganze Reihe weiterer Fragen nicht beantwortet.

Verteidigungsminister Günther Platter widersprach, er habe alle Fragen beantwortet.

Finanzstaatssekretär Alfred Finz begründete die Entscheidung für ein neunjähriges Finanzierungsmodell mit der Absicht, wegen der Maastricht-Konformität das Entstehen von Finanzschulden zu vermeiden und bei der Finanzierung innerhalb der Zehnjahresfrist zu bleiben.
     
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