Im MQ: Architekturinstallation von Volker Giencke  

erstellt am
03. 06. 03

Wien (mq) - Seit 1. Juni, ist im Haupthof des MuseumsQuartier Wien eine Architekturinstallation von Volker Giencke, Architekt und Professor an der TU Innsbruck, zu erleben, die mit Unterstützung von proHolz Austria realisiert wurde. Der "Red Room" wird bis 3. August im MuseumsQuartier bleiben.

Walter Zschokke red room
Metamorphosen beim Genießen heißen Raumes Manche Insekten beenden ihr Larvenstadium in einer Schutzhülle, der Puppe, der sie nach einiger Zeit als bunter Schmetterling entsteigen. Die Menschen sind Säugetiere und kennen die Metamorphose nicht, aber für ihre geistige und emotionale Entwicklung sind reale Erfahrungen nicht unerheblich. Nicht dass die Sonderform der Raumerfahrung dramatisch essenziell wäre, aber sie bietet eine wesentliche Variante des Genießens von Kunst, wofür etwa die Stahlblechskulpturen von Richard Serra ein Beispiel sein mögen. Unüblich geformte Räume sind jedoch, wo sie nicht 1 : 1 gebaut wurden, schwerlich erfahrbar. Meist sind nur Profis in der Lage, sich derartige Gebilde zu imaginieren. Sind sie aber einmal konkretisiert, ermöglichen sie fast allen Menschen Raumerlebnisse, die überraschend sind und oft unvergesslich bleiben.

Der Architekt Volker Giencke forscht seit längerem an nicht orthogonalen Raumformen und hat davon schon einige realisiert. Vorigen Sommer stand eine ”red room” genannte Holzkonstruktion, gesponsert von proHolz Austria, auf einer Almwiese in Alpach. Dabei handelte es sich um eine vorne und hinten offene Hülle aus Fichtenholzbrettern, die von innen auf einer Reihe polygonaler Spanten befestigt waren. Rote Farbe gab dem Raum, der über zwei Rampen begehbar war, den Namen. Aber die Farbe ”Rot” kann auch ”heiß” meinen, auf etwa besonderes, auf Risiken hinweisen oder schlicht heftige Emotionen ausdrücken.

All dies verkörpert der schiefwinklig verformte reine Raum ohne näher definierten Zweck, der zirka 17 Meter lang ist und sich zur Mitte weitet, wo er gegen 7 Meter misst. Seine Größe steht in angenehmer Beziehung zu jener der Menschen. Die ein zentrales Spannungsfeld evozierenden roten Flächen wirken anregend, sich darin zu bewegen, den Raum in seiner Allgestalt in sich aufzunehmen. Nicht für die Ewigkeit gedacht, handelt es sich beim red room vielmehr um eine ”Raumskizze”, vergleichsweise schnell hingeworfen, damit dieser besondere Raumtypus umgehend erlebbar wird.

Dennoch wird die Raumidee ganzheitlich transportiert und erlebbar. Holz, hier Fichtenholz, erweist sich dafür als ideales Material. Leicht zu verarbeiten und vom Erscheinungsbild her vertraut, ist die primäre Materialwirkung zurückhaltend, dafür kommt das Wesen des Raumes stärker zu Geltung.

Ruhte die schnittige Konstruktion in Alpach prominent und autonom in der Heuwiese, gerät sie im städtebaulichen Kontext des Wiener Museumsquartiers in den sommerlichen Trubel der Großstadt, wo sie in der Passage vor dem Leopoldmuseum in der Südostecke des großen Hofs eine Schlüsselstelle besetzt und selbstbewusst vor dem großen weißen Quader einen kleinen Platzraum definiert. Der red room greift damit aktiv in das stadträumliche Gefüge ein und formuliert allein mit seiner körperlichen Präsenz einen subtilen städtebaulichen Kommentar. Seine äußere Form erhöht an der gewählten Position die räumliche Spannung. Weil er begehbar ist, öffnet er sich jedoch den Besucherinnen und Besuchern des MQ als Alternative zum Durchschlendern, und durchaus zu kurzem Verweilen, um sich ein ”time out” zu nehmen.

Neben einigen festen Programmelementen sind es daher vor allem die spontanen Besucher, die sich den red room durch ihre Anwesenheit aneignen und bei sich jene eingangs angesprochene kleine Metamorphose der Raumerfahrung auslösen, die in der Erinnerung haften bleibt und dem topographischen Gedächtnis der Raumwahrnehmungen ein weiteres Werk, ein neues, zutiefst reales Raumerlebnis hinzufügt.
     
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