Europa braucht tief greifende Reformen für höheres und nachhaltiges Wachstum  

erstellt am
13. 06. 03

Gouverneur Dr. Liebscher anläßlich der 31. Volkswirtschaftlichen Tagung der Oesterreichischen Nationalbank
Wien (oenb) - Dr. Klaus Liebscher, Gouverneur der OeNB und Mitglied des EZB-Rates, wies in seiner Eröffnungsrede darauf hin, dass die Europäische Union im letzten Jahrzehnt mit ihrem Binnenmarktprogramm, mit der Währungsunion und der Einführung des Euro wichtige wachstumsstärkende Rahmenbedingungen im Umfeld eines wachsenden globalen Wettbewerbs geschaffen habe.


Doch seien weitere Strukturreformen auf den Güter-, Arbeits- und Finanzmärkten notwendig bzw. bereits eingeleitete Reformen energisch fortzusetzen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit Europas strategisch abzusichern, sein Wachstumspotenzial voll zu erschließen, Reibungsverluste auf den europäischen Arbeitsmärkten abzubauen und schließlich die bevorstehende EU-Erweiterung auch wirtschaftlich zu unterstützen.

In diesem Kontext hob er insbesondere die unbefriedigende Lage auf den europäischen Arbeitsmärkten hervor. Flexiblere Arbeitsformen und eine deutliche Steigerung des Anteils der Beschäftigten an der Bevölkerung seien dringend geboten, um nachhaltig höheres Wachstum zu erzielen. Vor allem der Einsatz neuer Technologien stelle hohe Anforderungen an die Flexibilität der Arbeitsmärkte.

Die derzeitigen Steuer- und Sozialsysteme in vielen EU-Ländern seien - so Gouverneur Liebscher weiter - nicht ausreichend investitions-, beschäftigungs- und wachstumsfreundlich. Eine verantwortungsbewusste Fiskal- und Standortpolitik sei ebenso wie eine auf Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik eine fundamentale Voraussetzung für Investitionen der Unternehmen.

In dieser Hinsicht berge die Finanzpolitik ein großes Potenzial zur Förderung des Vertrauens und damit zur Stützung der Konjunktur - auch auf kurze Sicht. Konkret gehe es dabei um mittelfristige, wachstumsfreundliche Konsolidierungsstrategien. Dazu zählten insbesondere auch mutige Reformen von Struktur und Umfang der öffentlichen Ausgaben, damit Spielraum geschaffen werden könne, um beispielsweise den künftigen, von Rentenversicherungssystemen ausgehenden Druck zu vermindern oder Steuersenkungen durchzuführen. Steuerreformen seien grundsätzlich zu begrüßen, müssten jedoch durch Ausgabenkürzungen gegenfinanziert werden.

Insgesamt betrachtet bleibe es von entscheidender Bedeutung, den finanzpolitischen Rahmen durch eine entschlossene und konsequente Umsetzung der Regeln des EG-Vertrags und des Wachstums- und Stabilitätspakts sowie durch eine strikte Überwachung und Gruppendruck unter den Mitgliedstaaten zu untermauern.
     
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