Erhebliche Auswirkungen der Aktienkursrückgänge auf die österreichischen Geldvermögen  

erstellt am
11. 06. 03

OeNB Gouverneur Liebscher präsentiert den Finanzmarktstabilitätsbericht 5 der OeNB
Wien (oenb) - „Trotz schwieriger Rahmenbedingungen kann die Risikotragfähigkeit der österreichischen Kreditinstitute als zufrieden stellend bezeichnet werden“, fasste der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Dr. Klaus Liebscher das Ergebnis der fünften Ausgabe des Finanzmarktstabilitätsberichts der OeNB zusammen.

Die nun schon mehr als drei Jahre anhaltenden Kursrückgänge auf den internationalen Aktienmärkten haben erhebliche Auswirkungen auf die österreichischen Geldvermögen gehabt. Die Abwärtsbewegung der Aktienkurse hat die Performance von Lebensversicherungen, Investmentfonds und Pensionskassen deutlich beeinträchtigt. In den letzten drei Jahren haben die privaten Haushalte Bewertungsverluste von insgesamt rund 7 Mrd EUR erlitten, wie vorläufige Berechnungen der OeNB zeigen.

Darüber hinaus stellte der Gouverneur fest, dass die inländische Kreditentwicklung im Jahr 2002 vom schwachen konjunkturellen Umfeld beeinträchtigt wurde. So war das ausstehende Kreditvolumen der Unternehmen im zweiten Halbjahr 2002 sogar rückläufig und verringerte sich Ende desselben Jahres um 1,8% gegenüber dem Vorjahr. Die Ursache hierfür sei zum einen die konjunkturell bedingte verminderte Investitionsneigung der Unternehmen, zum anderen verfolgten die Banken angesichts des in wirtschaftlich schlechten Zeiten höheren Kreditrisikos von Unternehmenskrediten eine vorsichtigere Kreditpolitik.

„Die schwierigen Rahmenbedingungen spiegeln sich auch in einer Verschlechterung der Ertragslage der österreichischen Banken wider“, fügte Liebscher hinzu. Dass sich die - konsolidierte - Ertragsentwicklung im Jahr 2002 im Vergleich zu den deutschen Großbanken dennoch um einiges günstiger entwickelt hat, führt der Gouverneur der OeNB nicht zuletzt auf die guten Ergebnisse der Tochtergesellschaften der österreichischen Großbanken in Zentral- und Osteuropa zurück. Bei den großen österreichischen Bankkonzernen tragen die Tochtergesellschaften in den zentral- und osteuropäischen Ländern mittlerweile 30 bis 60% zum Konzernergebnis bei. Der bevorstehende EU-Beitritt dieser Länder sowie die Perspektive eines längerfristigen Wachstumsvorsprungs gegenüber dem Euroraum dürften die Rahmenbedingungen für das Bankgeschäft weiter verbessern. Die Kosten haben sich zwar Ende 2002 gegenüber dem Vorjahr annähernd stabilisiert, trotzdem sieht Liebscher Potenzial für weitere Kostensenkungsmaßnahmen.

Nicht zu vernachlässigende Risiken birgt nach Meinung Liebschers nach wie vor das hohe Volumen der Fremdwährungskredite. Während sich der Fremdwährungskreditanteil bei den Unternehmen in den letzten Jahren stabilisiert hat, hielt der Boom von Fremdwährungsfinanzierungen bei den privaten Haushalten im vergangenen Jahr unvermindert an. Seit Jahresbeginn ist der Fremdwährungskreditanteil bei den Unternehmen allerdings leicht rückläufig und bei den privaten Haushalten stabil. Im April 2003 betrug der Anteil der Fremdwährungskredite am gesamten ausstehenden Volumen bei den Unternehmenskrediten 18,8% (23,8 Mrd EUR), bei den Krediten an private Haushalte sogar 25,0% (16,8 Mrd EUR). „Auch wenn die mit den Fremdwährungskrediten einhergehenden Risiken bis dato nicht schlagend geworden sind, stellt der hohe Fremdwährungskreditanteil bei einer Reihe österreichischer Banken aus Perspektive der Finanzmarktstabilität gleichwohl ein gewisses Risikopotenzial dar", stellte der Gouverneur fest und wies darauf hin, dass "dies weiter Anlass zu einer genauen Beobachtung gibt“.

Abschließend betonte Liebscher, dass der fünfte Finanzmarktstabilitätsbericht der OeNB die Risikosituation und -tragfähigkeit der österreichischen Kreditinstitute insgesamt positiv beurteilt. Im Jahr 2002 waren keine markanten Veränderungen der Eigenmittelquote der Banken zu verzeichnen. Sie lag zum Jahresende unverändert deutlich über der gesetzlichen Mindestanforderung von 8%. Auch bezüglich der zukünftigen Eigenmittelerfordernisse durch die neue Basler Eigenkapitalvereinbarung (Basel II) stellt sich die derzeitige Eigenmittelausstattung der Banken unbedenklich dar. Dies ergab die Anfang des Jahres durchgeführte Feldstudie QIS (Quantitative Impact Study) 3, bei der weltweit Banken die Auswirkungen der neuen Kapitaladäquanzbestimmungen auf ihre Bilanzaktiva getestet haben.

Der Finanzmarktstabilitätsbericht 5 der OeNB, der neben der Analyse finanzmarktstabilitätsrelevanter Entwicklungen auch Studien zu aktuellen Schwerpunktthemen enthält, ist auf der Website der OeNB unter http://www.oenb.at abrufbar.
     
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