Wie das Schmerzgedächtnis entsteht  

erstellt am
11. 06. 03

ÖSG-Wissenschaftspreis anläßlich der 11. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Schmerzforschung vergeben
Salzburg (uni) - Der von der Firma Grünenthal gesponserte ÖSG-Wissenschaftspreis wurde am Freitag, den 6. Juni 2003, an das Team Univ. Prof. Jürgen Sandkühler, Dr. Ruth Ruscheweyh, Dr. Hiroshi Ikeda und Dr. Bernhard Heinke vom Institut für Hirnforschung der Universität Wien vergeben. Die PreisträgerInnen wurden für ihre neuen Ergebnisse zum „Schmerzgedächtnis“ gewürdigt. Diese wurden vor kurzem in der renommierten Zeitschrift „Science“ veröffentlicht unter dem Titel: „Synaptic Plasticity in Spina Lamina I Projection Neurons that mediate Hyperalgesia“.

Wie das Schmerzgedächtnis entsteht, warum die gleiche Ursache nicht bei allen Menschen zu einer langandauernden Schmerzsensibilisierung führt und welche Rolle die körpereigene Schmerzabwehr dabei spielt das sind zentrale Fragen, an denen die Forschergruppe Sandkühler arbeitet. Die Ergebnisse könnten zu einer Verbesserung der Schmerzprophylaxe und auch zu neuen Therapiemöglichkeiten bei chronischen Schmerzen führen.

Jürgen Sandkühler stellte bei der ÖSG-Tagung in Salzburg neue Erkenntnisse dazu vor, wie akute Schmerzen chronisch werden, obwohl die eigentliche Schmerzursache (eine Verletzung, Entzündung, Operation usw.) nicht mehr besteht bzw. ausgeheilt ist. Eine mögliche Ursache für Schmerzen, die trotzdem noch vorhanden sind, liegt darin, dass im Nervensystem selbst unter starken Schmerzen Veränderungen ablaufen können. Das Wiener Team fand nun heraus, wo solche Veränderungen, die Schmerzen chronisch werden lassen, vor sich gehen. Es handelt sich um eine kleine Gruppe von Nervenzellen in der äußeren Rückenmarksschicht, welche eine direkte Verbindung zum Gehirn haben.

Die von diesen Zellen ausgesandten Signale gelangen ungedämpft in bestimmte Hirnareale und lösen dort Schmerzreaktionen aus, ein „Schmerzgedächtnis“ bildet sich heraus. Sandkühler spricht in diesem Zusammenhang von der „zentralen Sensibilisierung“. Die Dauer dieser Sensibilisierung ist individuell sehr verschieden. Sie kann ein paar Tage oder Wochen lang vorhanden sein oder viele Jahre.

Ob sich eine solche „zentrale Sensibilisierung“ entwickelt, hängt vom körpereigenen Schmerzabwehrsystem ab, das individuell sehr unterschiedlich sein kann. Dieses Schmerzabwehrsystem bewirkt nicht nur, dass Schmerzen mehr oder weniger gedämpft werden, sondern wehrt auch die geschilderten Sensibilisierungsprozesse mehr oder weniger gut ab.

In diesen Abläufen der Schmerzregelung liegt, so Sandkühler, auch ein großes Potential für die Schmerzdiagnose und -therapie: „Je besser wir diese Regelungsprozesse kennen, desto eher kann helfend eingegriffen werden, um die Leiden von Schmerzpatienten zu verringern“.

Weitere Informationen zu den Forschungen des preisgekrönten Wissenschafterteams: www.j-sandkuehler.net
     
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