Bischof Küng: Ein nur gewinnorientiertes Europa ist »Horrorvision«  

erstellt am
18. 06. 03

»Wir müssen als Christen alles unternehmen, damit Europa für künftige Generationen ein hoffnungsvoller und gesicherter Lebensraum bleibt«, meinte der Vorarlberger Diözesanbischof Klaus Küng.
Feldkirch (kath.net/pdf) - Vom Verlust "humaner" Dimensionen in Europa sprach Papst Johannes Paul II. vergangene Woche beim Kongress der europäischen Familienbischöfe in Rom. Mit dabei war der Vorarlberger Diözesanbischof und österreichische "Familien"-Bischof Klaus Küng. In einem von der diözesanen Pressestelle veröffentlichten Interview nahm er Stellung zu den diskutierten Themen.

Herr Bischof, welche Ziele wurden beim Kongress verfolgt?

Küng: Die Versammlung beim Päpstlichen Rat für Familie in Rom diente dem Austausch über die Herausforderungen und Möglichkeiten am Beginn des dritten Jahrtausends hinsichtlich der Familienpastoral und des Lebensschutzes. In den Berichten aus den einzelnen Ländern wurde deutlich, dass sich überall ein ähnliches Bild zeigt. Vom "demographischen Winter" war die Rede, nämlich von der Tatsache, dass es immer weniger Kinder in den Familien gibt. Ebenso wird die Ehe oftmals in Zweifel gezogen, was die hohen Scheidungsraten zeigen. Zugleich haben die Themen des Lebensschutzes hohe Aktualität. Die embryonenverbrauchende Forschung, in manchen Staaten die Legalisierung der Euthanasie, waren zwei der vielen Themenkreise des Kongresses.

Woher ziehen Sie demzufolge Hoffnung?

Küng: Es gibt auch positive Zeichen. Man darf nicht übersehen, dass trotz aller Probleme die Mehrheit der Ehen Bestand hat. In vielen Ländern sind Aufbrüche in Form von Bewegungen zu sehen, beispielsweise "Pro Vita" und pastorale Initiativen für die Familie. Nicht zuletzt hat die Hauskirche eine zunehmende Bedeutung. In der Pastoral rücken Ehe- und Familie zunehmend in den Vordergrund.

Wo liegen in den Augen von Papst Johannes Paul II. zukunftsweisende Lösungen?

Küng: Der Papst hat in seiner Ansprache betont, dass der Familienpastoral in der heutigen Situation eindeutig eine prioritäre Rolle zukommt. Christus rettet die Menschen, er rettet auch die Familie. Daher sind vor allem bei Christus die Lösungen zu suchen: im Gebet, im Evangelium, in den Sakramenten. Große Bedeutung kommt einer Verbesserung der Ausbildungsmöglichkeiten all jener zu, die in der Familienpastoral tätig sind.

In den letzten Jahren sind diesbezüglich bereits eine Reihe von Einrichtungen entstanden, beispielsweise die Institute Johannes Paul II. in Rom, Paris und Valencia, auch in Gaming (Niederösterreich) wurde ein theologisches Institut mit einer solchen Ausrichtung gegründet. Ebenso gibt es die Familienakademien der Schönstattbewegung am Kahlenberg in Wien und eine Familienakademie in der Erzdiözese Salzburg. Nicht zuletzt ist hier in unserer Diözese die FGA zur Ausbildung der Familien- und Gruppenarbeiter zu erwähnen.

Sehr wichtig sind erneute Anstrengungen zur Intensivierung der Ehevorbereitungskurse und zur Entwicklung einer den heutigen Bedürfnissen entsprechenden Familienpastoral in den Pfarren. In Österreich sind vor einigen Monaten von der Bischofskonferenz entsprechende Projekte in Auftrag gegeben worden. Wir liegen da mit unseren Bemühungen ganz richtig. Auch die von mir in den letzten Jahren besonders geförderte "Bewegung Hauskirche" ist nach den Ergebnissen der Versammlung in Rom eine zukunftsweisende Initiative. Man darf nicht übersehen, dass in der christlichen Familie, wie es auch der Papst betont hat, eine große Kraft steckt. Die Familie im Sinne einer gelebten "Hauskirche" ist unbedingt zu fördern.

Welches Resümee zieht der Kongress?

Küng: Abgesehen von diesen Aufgaben, die der Kirche in der Verkündigung und ihrem Heilsauftrag zukommen, wurde auch die Dringlichkeit von "Neuem" betont. In der Gesellschaftspolitik ist vor allem auch auf europäischem Niveau die Notwendigkeit einer herzhaften Familienpolitik zu fördern. Ohne entschlossene Förderung der kinderbejahenden Familie auf der Grundlage der Ehe werden alle Pensionsreformen zu kurz greifen. "Die gesunde Entwicklung der Gesellschaft geht über die Familie", wiederholt zurecht Johannes Paul II., und Hand in Hand mit einer humanen und existenzsichernden Familienpolitik gehen die Fragen des Lebensschutzes: sie müssen allen ein großes Anliegen sein.

Ein nur auf Gewinn ausgerichtetes Europa, das Embryonen für die Wissenschaft verwendet, Behinderte durch Selektionsverfahren und Abtreibung "vermeidet" oder in der sich alte oder kranke Menschen unter Umständen bedroht fühlen müssen, ist eine Horrorvision, die sich nicht bewahrheiten darf. Das war unsere Schlussfolgerung: Wir müssen als Christen alles unternehmen, damit Europa für künftige Generationen ein hoffnungsvoller und gesicherter Lebensraum bleibt.
     
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