WHO: 121 Millionen Menschen leiden an Depressionen  

erstellt am
18. 06. 03

Unter den zehn schwerwiegenden Erkrankungen befinden sich vier psychische
Wien (pte) - "24 Millionen Menschen leiden weltweit an Schizophrenie, zehn bis 20 Millionen versuchen, sich zu töten, eine Million begeht pro Jahr tatsächlich Selbstmord", so der ägyptische Psychiater und Präsident der Welt-Psychiatrievereinigung (WPA), Ahmed Okasha, im Vorfeld des internationalen WPA-Kongresses, der von 19. bis 22. Juni in der Wiener Hofburg stattfinden wird. 1.500 Teilnehmer werden sich im Rahmen des Kongresses u.a. mit der Diagnose in der Psychiatrie beschäftigen. Diskutiert werden u.a. die Abgrenzung von "Normalität" und psychischen Erkrankungen, die Frage, ob es "typisch weibliche" und "typisch männliche" psychische Krankheiten gibt und die Bedeutung der richtigen Diagnose und Therapie.

Wolfgang Fleischhacker, Leiter der klinischen Abteilung für biologische Psychiatrie an der Universitätsklinik Innsbruck, weist in einer Aussendung auf die schwierige Lage seiner Zunft hin. "Depressionen oder Psychosen sind nicht auf dem Röntgenbild oder im Blutbild darstellbar", so Fleischhacker, der gleichzeitig auch Präsident der österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP) ist. Das unterscheide seine Disziplin von vielen anderen medizinischen Fachgebieten. Angesichts der weltweit massiven Verbreitung psychischer Störungen sollten auch finanzielle Aspekte nicht aus den Augen gelassen werden, gibt WPA-Präsident Okasha zu bedenken: "Die adäquate Versorgung von psychisch kranken Menschen hat bei weitem nicht überall die Priorität, die sie angesichts der Krankenzahlen haben müsste. 33 Prozent der Staaten geben weniger als ein Prozent ihres Gesamt-Gesundheitsbudgets für psychische Erkrankungen aus, bei einem weiteren Drittel der Länder ist es gerade ein Prozent." Mit dazu beitragen mag auch, dass psychische Erkrankungen und von ihnen betroffene Menschen nach wie vor vielen Vorurteilen ausgesetzt sind. "Das Stigma, das eine psychische Erkrankung hervorruft, betrifft nicht nur Patienten und deren Angehörige, sondern auch Behandlungsmethoden- und Institutionen, was dazu führt, dass die Gesundheitsbudgets für psychische Störungen deutlich schlechter dotiert sind als die für somatische Leiden", sagt Fleischhacker.

Ein besonderes Problem stellen die so genannten subklinischen Störungen dar: Psychische Erkrankungen, die zwar unterhalb einer gewissen klinischen Signifikanz liegen, Betroffene aber doch beeinträchtigen. "Depressive Symptome in verschiedenen Kombinationen, subklinische Störungen mitgezählt, betreffen fast ein Viertel der Bevölkerung", rechnet Ahmed Okasha die enorme Bedeutung derartiger Störungen vor. Dennoch sei über solche subklinische psychische Beeinträchtigungen noch sehr wenig bekannt. Es sei noch viel mehr Forschung erforderlich, um die Abgrenzung zwischen "Normalität", subklinischen Störungen und klinisch signifikanten Erkrankungen besser zu verstehen, fordert der Präsident der Welt-Psychiatrievereinigung. "Wir wissen aus vielen Untersuchungen, dass bei sehr vielen Diagnosen in der Psychiatrie eine möglichst frühzeitige Behandlung nicht nur zu einer besseren Prognose und zu einer besseren beruflichen und sozialen Integration Betroffener führt, sondern auch chronische Verläufe oder Rückfälle verhindern kann", so Okasha. "Es ist also eine äußerst sensible Frage, wie früh wir, allenfalls auch im subklinischen Bereich, beginnen zu behandeln."
     
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