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Georg Kreisler feierte 80. Geburtstag
Wien/Zürich - Der österreichischer Schriftsteller, Kabarettist und Komponist Georg Kreisler wurde am 18. Juli 1922 in Wien geboren. Während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft lebte er in den USA, wo er, unter anderem, für keinen geringeren als Charlie Chaplin Film-Musik komponierte.
Nicht vielen ist bekannt, daß er als Truppenbetreuer für das US-Militär unterwegs war. Bevor er 1955 als amerikanischer Staatsbürger vorerst nach Wien zurückkehrte, trat er unzählige Male in als Chansonnier in der Weltmetropole New York auf.
In Wien, wo er sich auch mit zynisch-makabren "Liedern zum Fürchten" einen Namen machte, begann dann die glorreiche Zeit mit seinen Kollegen Gerhard Bronner, Carl Merz, Helmut Qualtinger, Peter Wehle und Luise Martini. Diese gemeinsame Zeit endete 1958, als er mit seiner (damaligen) Frau und kongenialen Partnerin Topsy Küppers über München nach Berlin "auswanderte" (Küppers gründete später die "Freie Bühne Wieden"). Heute lebt Georg Kreisler in Zürich.

Aber nicht nur unzählige Lieder stammen aus der Feder Kreislers: 1999 fand in Köln die Uraufführung seiner bereits 1996 geschriebenen musikalischen Komödie "Du sollst nicht lieben" statt. In einem Gespräch räumte er damals Marianne Kolarik vom "Kölner Stadtanzeiger" gegenüber ein, dass es schwierig sei, über Leute zu sprechen, die man selbst erfunden habe: "Damals, als ich sie geschrieben habe, haben sie gelebt, aber jetzt leben sie für mich eigentlich nicht mehr." Dennoch erinnert er sich noch daran, dass er seinerzeit der Meinung war, dass es Menschen gibt, die überhaupt kein Leben haben. Sophie drückt das dann so aus: "Alle Männer, die ich kenn, sind tot. Erst gestern hab ich einen toten Mann beim Abendspaziergang mit seinem toten Dackel getroffen. Du bist tot, hab ich zu ihm gesagt. Und er hat geantwortet: Weißt du was Besseres?"


Folgenden Text hat uns Sebastian Krause aus Leipzig zur Verfügung gestellt, der das wohl umfassendste Georg Kreisler-Forum im Internet betreibt. Dort finden Sie Texte zum Lesen und Hören, Noten und vieles mehr. Als echter Kreisler-Fan müßten Sie ohnehin schon dort gewesen sein:

Georg Kreisler über sich selbst (1960):
"Geboren am 18. Juli 1922 in Wien. Als Sohn eines ehrbaren Rechtsanwaltes. Sehr strenge Erziehung. Einziges Kind. War sehr früh entschlossen, Musiker zu werden. Mein Vater, dem ein anderer Beruf lieber gewesen wäre, entschloß sich trotzdem, meine musikalische Ausbildung zu finanzieren. Ich lernte Klavier und Violine spielen, daneben Musiktheorie. Da ich außerdem noch auf das Realgymnasium ging, war ich überbelastet. Durchschnittsschüler. Faul. Als ich knapp 16 Jahre war, machte Hitler meinem sechzehnstündigen Arbeitstag ein Ende. Da wir Juden waren, mußten wir Wien verlassen, wanderten nach Hollywood aus, wo ich einen Vetter beim Film hatte.

Plötzlich mußte ich Geld verdienen. Ich gab Klavierstunden, probte mit Sängern, arrangierte Filmmusik. Mit 19 Jahren dirigierte ich einige musikalische Revuen, auch Opern in einer Opernschule, wo ich korrepetierte. Ende 1942 wurde ich zur amerikanischen Armee eingezogen und als Übersetzer und Dolmetscher nach Europa geschickt. Ehe ich jedoch zum Einsatz gebracht werden konnte, hatte ich ein Soldaten-Musical geschrieben. Da es großen Erfolg hatte, gestattete man mir, mit einer Truppe von Lager zu Lager zu reisen und die Soldaten zu unterhalten. Ich schrieb die Texte selber, auf englisch natürlich, und so wurde Englisch meine zweite Sprache. Kurz nach Kriegsende wurde ich entlassen und kehrte nach Hollywood zu meinem Vater zurück.

Ein Jahr lang arbeitete ich an mehreren Filmen als musikalischer Berater, Dirigent und Arrangeur, wurde aber dieser eintönigen und unkünstlerischen Arbeit bald müde und ging nach New York. Ich begab mich auf den Weg ins Kabarett, versuchte Lieder und komische Monologe zu schreiben, wollte meine eigenen Chansons bringen und mich dabei auf dem Klavier begleiten. Ich bediente mich eines neuen Stils, in dem die TragiGroteske - humeur noir - vorherrschte. Ich hatte zwar Erfolg, aber nur in einem begrenzten Kreise. Funk und Fernsehen wollten dagegen von den erprobten Erfolgsformeln nicht lassen. Auch die Schallplattenindustrie war nicht bereit, meine Chansons zu übernehmen. Als ich auf eine längere Tournée durch die Vereinigten Staaten ging, stieß ich allenthalben auf Unverständnis: die Zuschauer lärmten, Funk und Fernsehen zensurierten meine Texte, bis nichts Originales übrigblieb, alles Makabre wurde gänzlich abgelehnt. Vier Jahre lang sang ich dann in einem New Yorker Nachtlokal den Gästen mehr oder minder gepfefferte Chansons vor, zu denen ich mich auf dem Klavier begleitete. Nach vier Jahren dieses Dahinvegetierens hatte ich genug und fuhr nach Europa. In Wien begann ich von neuem mit makabren Chansons, diesmal auf deutsch, und obwohl mir Deutsch zunächst noch schwer fiel, hatte ich sofort Erfolg.

Jetzt lebe ich in Wien, arbeite für Funk und Fernsehen, schreibe musikalische Komödien, Theaterstücke . . ."

Heute lebt Kreisler in Basel, zusammen mit seiner Frau Barbara Peters, mit der er verschiedene CD's aufnahm und bis April 2001 auch Konzerte gab.

»Ich begreife mich natürlich als politischer Liedermacher, eigentlich fast mehr als Schriftsteller denn als Liedermacher - ich mag das Wort eh nicht sehr. Von den Produzenten, Veranstaltern und Kritikern bin ich auch immer politisch begriffen worden, wurde immer sehr vorsichtig und dosiert eingesetzt - das geht auf die vierziger Jahre zurück, bis heute...
Politisch einzuordnen dürfte ich schwer sein, Partei gehöre ich keiner an, bin noch immer amerikanischer Staatsbürger, Heimat habe ich keine. . .«

Georg Kreisler in einem Gespräch mit Thomas Rothschild