Südpol als Klimamacher der Nordhemisphäre  

erstellt am
01. 08. 03

Schmelzendes Eis treibt Golfstrom an
Bremen (pte) - Deutsche Forscher haben eine Korrelation zwischen schmelzendem Südpoleis und dem Klimageschehen der Nordhalbkugel nachweisen können. Die Wissenschaftler haben nun erstmals belegt, wie der Klimaumschwung durch das Zusammenspiel zwischen Süd- und Nordatlantik am Ende der letzten Kaltzeit vor etwa 15.000 Jahren in Gang gekommen ist. Das berichten die Forscher in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.

Mit Hilfe eines Rechner gestützten globalen Ozeanmodells konnten Gerrit Lohmann, Klimaforscher an der Universität Bremen, und sein Hamburger Kollege Gregor Knorr erstmals nachweisen, warum das allmähliche Abschmelzen der südpolaren Meereisdecke am Ende einer Kaltzeit weitreichende Folgen für das Weltklima hat. Der Rückzug des Meereises verstärkt jene Meeresströmungen, die warmes und recht salziges Wasser bis in die hohen nördlichen Breiten des Atlantiks transportieren. Dies führt dazu, dass beim Golfstrom sozusagen die Wärmepumpe "anspringt" , die auch das Ende der Eiszeit auf der Nordhalbkugel einläutet. Bekannt war bisher, dass in der Schlussphase der letzten Eiszeit zuerst die Südhalbkugel wärmer wurde. "Mindestens ein Jahrtausend später, das ergaben Untersuchungen an grönländischen Eiskernen, hat sich auch der hohe Norden erwärmt", so Lohmann. "Auf dem Nordatlantik hat sich das Meereis zurückgezogen. Daraufhin sind die großen Inlandeise in Skandinavien, Grönland und Nordamerika geschmolzen".

Das abschmelzende Meereis im Südpolarmeer bewirkt zweierlei: Zum einen ändern sich die Dichteverhältnisse der Wassermassen im Südozean. Dadurch wird eine Meeresströmung in Gang gesetzt, die entlang der südamerikanischen Küste nach Norden in die Karibik fließt und beim Passieren äquatorialer Breiten Wärme "auftankt". Zum zweiten verstärkt sich der warme und salzhaltige Agulhas-Strom, eine Meeresströmung, die aus dem Indischen Ozean um das Kap der Guten Hoffnung in den Südatlantik und von dort weiter Richtung Brasilien und Karibik strömt. Dieser Transportweg war während der Kaltzeit durch die vorgerückten antarktischen Meereismassen stark blockiert. Dann erreichen Wärme- und Salzfrachten der beiden Meeresströmungen den hohen Norden. Dort ist nach etwa 1.000 Jahren ein kritischer Punkt erreicht. Das jetzt salzigere Nordatlantikwasser wird, weil es die in den Tropen gespeicherte Wärme an die Atmosphäre abgibt und dadurch abkühlt, so schwer, dass es in der Grönlandsee wie ein Wasserfall in die Tiefe fällt und nach Süden abfließt. Im Gegenzug wird an der Oberfläche verstärkt warmes Wasser aus dem Süden "angesaugt". Die "Wärmepumpe" Golfstrom beschert dem hohen Norden den Anbruch der Warmzeit. "Die Berechnungen zeigen, dass der Golfstrom vor ca. 15.000 Jahren quasi auf einen Schlag wieder ansprang. Das führte dazu, dass die Temperaturen im nordatlantischen Raum um mehr als 6 Grad Celsius anstiegen", erklärt Lohmann.

"Viele Klimaforscher befassen sich derzeit mit der Frage, ob der Golfstrom als Wärmepumpe für unsere Breiten aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels und des dadurch verstärkten Schmelzwassereintrags zukünftig ins Stottern gerät", meint Lohmann. "In der Klimaforschung ist es wichtig zu untersuchen, wo das Schwungrad des ozeanischen Förderbandes sitzt und wie es funktioniert". Dabei spiele das Südpolarmeer eine Schlüsselrolle.
     
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