Neues aus Europa der Woche vom 06. 08. bis 12. 08. 2002

   
Swoboda: Reformen in der Türkei anerkennen, aber keine falschen Versprechungen machen
Türkei in "Europäischen wirtschaftlichen und politischen Raum (EWPR)" miteinbeziehen
Wien (sk) - "Die Europäische Union muss die Reformen in der Türkei anerkennen. Klar ist aber auch, dass Zypern und die Umsetzung der Gesetzesreformen die eigentlich entscheidenden Fragen sind. Die EU sollte der Türkei nichts versprechen, was nicht einzuhalten ist", erklärte der Leiter der SPÖ-Delegation und Türkei-Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Hannes Swoboda, am Freitag (09. 08.) in Reaktion auf die diese Woche erschienenen Berichte in der Zeitung "Financial Times" über die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei.
"Die jüngsten Reformen müssen eine Intensivierung der Beziehungen nach sich ziehen, wir sollten aber Frust und Enttäuschungen durch falsche Versprechungen vermeiden", stellte Swoboda klar.
Die Debatte über einen türkischen EU-Beitritt müsse "offen und ehrlich geführt" werden, so der SPE-Fraktionsgeschäftsführer. Schon aufgrund der Dynamik der nächsten Erweiterungsrunde werde sich "die Bereitschaft in Grenzen halten, in unmittelbarer Zukunft ein so großes Land wie die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen", konstatierte Swoboda. Es gebe "immer noch" viele Unsicherheiten: die Menschenrechtsfrage, Zypern, die türkischen Grenzen nach Osten.
"Es ist daher an der Zeit, Zwischenschritte zu einem EU-Beitritt anzubieten." Swoboda hatte im letzten Jahr die Schaffung eines "Europäischen wirtschaftlichen und politischen Raums" (EWPR) mit Russland und der Ukraine angeregt. Der EWPR könnte sich am Europäischen Wirtschaftsraum orientieren, der Anfang der Neunziger Jahre die EFTA-Staaten näher an die Europäische Union herangeführt habe. Auch über die Teilnahme der Türkei an einem solchen Projekt müsse nun diskutiert werden, forderte Swoboda abschließend.

 
EU-Bevölkerung steigt auf rund 380 Mio. Menschen
Drei Viertel des Wachstums durch Zuzug aus dem Ausland bedingt
Brüssel/Luxemburg (pte) - Die Bevölkerung der Europäischen Union ist im Jahr 2001 um 1,56 Mio. (0,4 Prozent) auf 379,6 Mio. Menschen gewachsen. Für das Wachstum war zu rund drei Viertel der Zuzug aus dem Ausland und zu einem Viertel der natürliche Bevölkerungsanstieg verantwortlich. Dies teilte die EU-Kommission am Mittwoch (07. 08.) unter Berufung auf die Statistikbehörde Eurostat mit.
Innerhalb der EU-Mitgliedstaaten gab es eine deutlich unterschiedliche Entwicklung. Am Stärksten wuchs die Bevölkerung in Irland (+1,5 Prozent) und Luxemburg (+1,1 Prozent), am Schwächsten in Deutschland und Österreich (jeweils +0,2 Prozent). Demgegenüber ging die Bevölkerungszahl in fast allen EU-Beitrittsländern zurück. Einen Anstieg verzeichneten lediglich die Türkei (+1,7 Prozent), Zypern und Malta (jeweils +0,8 Prozent) sowie Slowenien (+0,2 Prozent). In der Slowakischen Republik veränderte sich die Einwohnerzahl kaum. Am stärksten zurück ging sie in Bulgarien (-2,7 Prozent) und Lettland (-0,6 Prozent).
Das Wachstum der EU-Bevölkerung entsprach zwei Prozent des Wachstums der Weltbevölkerung im Jahr 2001, das zum größten Teil auf Indien (Anstieg der Einwohnerzahl um fast 16 Mio., das entsprach 20 Prozent des Weltbevölkerungswachstums), China (14 Prozent) und die übrigen Entwicklungsländer (knapp 60 Prozent) entfiel. Die Einwohnerzahl der USA, die sich Anfang 2002 auf 279,3 Mio. belief, erhöhte sich um 0,9 Prozent, wobei dieser Anstieg zu fast zwei Dritteln auf das natürliche Bevölkerungswachstum zurückzuführen war. Die japanische Bevölkerung nahm um 0,2 Prozent auf 126,9 Mio. Menschen zu, und zwar ausschließlich als Folge des natürlichen Bevölkerungsanstiegs.

 
Arbeitslosenquote der Eurozone auf 8,4% gestiegen
Brüssel (eurostat) - Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote1 der Eurozone2 ist im Juni 2002 auf 8,4% angestiegen, im Vormonat Mai hatte sie bei 8,3% gelegen. Dies berichtet Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg. Ein Jahr zuvor, im Juni 2001, hatte man eine Quote von 8,0% verzeichnet.
Die Arbeitslosenquote der EU15 lag im Juni bei 7,7% gegenüber 7,6% im Mai3. Ein Jahr zuvor, im Juni 2001, hatte die Quote bei 7,4% gelegen.
Die niedrigsten Arbeitslosenquoten verzeichneten im Juni 2002 Luxemburg (2,3%), die Niederlande (2,8% im Mai), Österreich (4,1%), Dänemark (4,2% im Mai) sowie Irland und Portugal (jeweils 4,4%). Spanien verbuchte mit 11,5% weiter die höchste Arbeitslosenquote der EU.
Die deutlichsten relativen Anstiege wurden im Verlauf der letzten zwölf Monate in Österreich (von 3,5% auf 4,1%), den Niederlanden (von 2,4% im Mai 2001 auf 2,8% im Mai 2002), Irland (von 3,8% auf 4,4%) und Luxemburg (von 2,0% auf 2,3%) verzeichnet. Dagegen verbuchte Finnland einen Rückgang von 9,1% auf 8,9%, und Dänemarks Arbeitslosenquote sank im Jahresvergleich von 4,3% im Mai 2001 auf 4,2% im Mai 2002.
Die Arbeitslosenquote der Männer ist in der Eurozone von 6,7% im Juni 2001 auf 7,2% im Juni 2002 angewachsen, die Arbeitslosenquote der Frauen stieg von 9,7% auf 9,9%. In der EU15 erhöhte sich die Arbeitslosenquote der Männer von 6,4% im Juni 2001 auf 6,9% im Juni 2002, die Arbeitslosenquote für Frauen stieg im gleichen Zeitraum von 8,5% auf 8,8%.
Die Quote für die unter 25-Jährigen lag in der Eurozone bei 16,7% und in der EU15 bei 15,5%. Ein Jahr zuvor hatte sie bei 15,7% bzw. 14,6% gelegen. Im Juni 2002 rangierte sie von 6,0% in den Niederlanden (im Mai) bis zu 22,5% in Spanien.
In den USA lag die Arbeitslosenquote im Juni bei 5,9%, in Japan bei 5,4%.
Eurostat schätzt, dass im Juni 2002 in der Eurozone 11,6 Millionen und in der EU15 insgesamt 13,6 Millionen Männer und Frauen arbeitslos waren. Dabei handelt es sich um saisonbereinigte Zahlen gemäß den Kriterien der ILO.

 
Mehrheiten für EU-Beitritte in allen Kandidatenstaaten
Zustimmung in Ungarn am höchsten
Wien (aiz) - In allen Kandidatenländern finden sich derzeit Mehrheiten für einen EU-Beitritt. Nach einer aktuellen Eurobarometer-Umfrage würden bei Volksabstimmungen im Durchschnitt 65% der Bevölkerung in den Kandidatenstaaten für und 18% gegen einen EU-Beitritt stimmen. Der Rest ist unentschlossen oder will nicht zur Abstimmung gehen.
Allerdings zeigen weitere Umfragen in einzelnen Staaten, dass das Rennen noch nicht entschieden ist. So gibt es etwa in Tschechien, in den baltischen Staaten, in Malta und in Estland derzeit keine absolute Mehrheit für einen Beitritt.
In Ungarn ist die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft am höchsten. Nur Rumänien (85% Zustimmung) und Bulgarien (80%) zeigen sich noch europafreundlicher, beide Staaten haben aber kaum Chancen auf einen Beitritt vor 2007. 70% der Ungarn beantworteten in der im März präsentierten Eurobarometer-Umfrage, dem aktuellsten vergleichenden Überblick aller Kandidatenstaaten, die Frage "Wenn morgen ein Referendum über die Frage der EU-Mitgliedschaft stattfände, würden Sie persönlich dafür oder dagegen stimmen?" positiv. Dieser Trend wird durch weitere Untersuchungen bestätigt. Ende Mai gaben 72% der Ungarn in einer repräsentativen Umfrage der Central European Opinion Research Group Foundation (CEORG) an, für den Beitritt stimmen zu wollen.

Tschechien: EU-Gegnerschaft wächst
In Tschechien zeichnete sich dagegen in jüngster Zeit eine wachsende EU-Gegnerschaft ab. Erklärten in der Eurobarometer-Umfrage noch 54% für den Beitritt stimmen zu wollen, sank dieser Anteil in der CEORG- Studie auf 47,4%. Der Anteil der Gegner lag zuletzt bei 27,3%, fast ebenso viele (25,3%) äußerten keine Meinung. Das Prager Meinungsforschungsinstitut CVVM konstatierte im Mai ebenfalls einen starken Rückgang der EU-Befürworter um 8 Prozentpunkte gegenüber Februar und führte dies auf die Kontroverse mit Österreich um die so genannten Benes-Dekrete zurück.

Polen stimmen EU-Beitritt zu
Eine wachsende Zustimmung zum EU-Beitritt wird in Umfragen dagegen in Polen registriert. Lag der Anteil der Befürworter in der Eurobarometer- Umfrage noch bei 54%, so stieg dieser in der CEORG-Studie vom Mai auf 62%. Dieser Trend wird in anderen Untersuchungen bestätigt. Etwa jeder fünfte Pole äußert keine Präferenzen.

Slowenien: Kritische Einstellung zur EU
In Slowenien deuten die vorhandenen Daten ebenfalls auf eine wachsende kritische Einstellung zur EU. Während die Eurobarometer- Studie eine Zustimmung von 56% zur EU-Mitgliedschaft feststellte, wies eine "Politbarometer"-Umfrage des Laibacher Universitätszentrums vom April nur noch einen Anteil von 44% aus. Relativ hoch ist die Unterstützung zu einem EU-Beitritt in der Slowakei (laut Eurobarometer 66% dafür, 11% dagegen).

Baltische Staaten: Keine Mehrheiten für die EU-Mitgliedschaft
Weniger EU-Euphorie herrscht dagegen in den baltischen Staaten, wo es laut Eurobarometer ebenfalls keine absoluten Mehrheiten für die EU- Mitgliedschaft gibt. In Litauen (50% Zustimmung), Lettland (46%), Estland (38%) ist zudem der Anteil der Unentschlossenen und Abstimmungsverweigerer mit 20% bis 35% sehr hoch. In Estland gaben 32% der Befragten an, gegen die EU stimmen zu wollen. Dies ist der zweithöchste Wert in allen Kandidatenländern.
Eine stärkere Ablehnung findet sich nur in Malta, wo sich in der Eurobarometer-Umfrage 40% für und 36% gegen einen EU-Beitritt aussprachen. In Zypern würde sich eine Mehrheit von 62% für den EU- Beitritt aussprechen, jedoch ist dort eine Volksabstimmung nicht erforderlich.