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Erklärung zur Europäischen Agrarpolitik
Landwirtschaftsminister Österreichs, Frankreichs, Spaniens, Portugals, Irlands, Luxemburgs sowie des wallonischen Teils von Belgien bekennen sich zur Weiterentwicklung GAP und haben eine gemeinsame Erklärung verfaßt, die am Montag (23. 09.) der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Hier die Erklärung im Volltext:

"In letzter Zeit wurde die Kritik immer lauter, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für viele schwierige Situationen in Europa, aber auch in der ganzen Welt verantwortlich sein soll. Die Medien übernehmen häufig unreflektiert manche dieser Kritikpunkte.

Der GAP wird vorgeworfen, zur Überproduktion zu führen. Das stimmt so nicht. Die Butter- und Milchpulverberge gehören der Vergangenheit an. Der GAP ist es gelungen, die Erzeugung zu drosseln und gleichzeitig immer höhere Einfuhren zuzulassen. Die Europäische Union ist ein wichtiger Importeur von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln. Wir sind weit von einer "Festung Europa" entfernt. Die Lagerung, sofern sie stattfindet, richtet sich ausschließlich nach hygienischen Motiven oder ist eine Reaktion auf rein konjunkturelle und zeitlich beschränkte Gegebenheiten.

Weiters wird behauptet, dass die produktivistische GAP die Umweltverschmutzung fördern würde. Europa hat ein solches Modell in den 60er-Jahren hauptsächlich deshalb gewählt - und das darf nicht vergessen werden -, weil es darum ging, die Bevölkerung eines Kontinents zu ernähren, der damals noch nicht die Selbstversorgung erreicht hatte. Europa war bestrebt, die Produktivität seiner Landwirtschaft zu verbessern. Produktivismus ist etwas anderes. Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit hatte ihren Preis. Aber heute entwickeln sich auch integrierte landwirtschaftliche Produktionsmethoden, und die Europäische Union hat bereits vor mehr als zehn Jahren Agrarumweltmaßnahmen entwickelt, die durch die Beschlüsse im Rahmen der Agenda 2000 bekräftigt wurden. Seit der Reform von 1992, die durch die Agenda 2000 fortgesetzt wurde, hat sich die Landwirtschaft ständig in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt, wobei die Wettbewerbsfähigkeit auf den Märkten beibehalten und zur Erhaltung der ländlichen Gebiete und der Landschaften beigetragen wurde und außerdem gleichzeitig versucht wurde, den Ansprüchen der Verbraucher besser gerecht zu werden.

Darüber hinaus wird angedeutet, dass die GAP für die BSE-Krise verantwortlich wäre. Aber in Wahrheit hat ein Zuwenig und nicht ein Zuviel an europäischer Politik die Ausbreitung des Rinderwahnsinns gefördert. Ganz im Gegenteil, die Qualität der Erzeugnisse wurde seit Jahrzehnten laufend verbessert. Die Produkte sind heute sicherer als vor zwanzig Jahren! Allerdings reagiert der Verbraucher heute stärker, und das ist gut so.

Es wird auch verbreitet, dass die GAP Europa zu teuer käme. Auch hier sollte man keinem Irrtum unterliegen. Der in Berlin festgelegte Haushaltsrahmen wird weitgehend eingehalten, und die Unterstützung für die Landwirtschaft macht weniger als 1 % der öffentlichen Ausgaben der EU und der Mitgliedstaaten aus, im Vergleich zu 1,5 % in den USA.

Manche meinen, die GAP wäre für den Hunger in der Dritten Welt verantwortlich. Hier ist das rechte Augenmaß zu wahren. Die Landwirtschaft in vielen dieser Länder, insbesondere in Afrika, haben in erster Linie die Aufgabe, die Selbstversorgung mit Lebensmitteln sicherzustellen. Diese wird schwer beeinträchtigt durch die Zerstörung der traditionellen Landwirtschaft, was zu einer Steigerung der Importe und somit zur Erhöhung der Verschuldung dieser Staaten führt. Was Kulturen wie Kakao oder Kaffee betrifft, so sind diese abhängig vom System der Rohstoffbörsen, die nichts mit der GAP zu tun haben.

 
 Setzen wir diesen Unterstellungen ein Ende! Seien wir zu Recht stolz auf den in den letzten vierzig Jahren zurückgelegten Weg. Wir können nun gemeinsam die Zukunft unserer Landwirtschaft gestalten. Wir möchten unter Einhaltung des in Berlin festgelegten Zeitplans einen konstruktiven Beitrag dazu leisten.

Lösen wir zunächst die konkreten Probleme, die sich in bestimmten Produktionszweigen stellen, und beheben wir die festgestellten Unausgewogenheiten.

Bekräftigen wir auch, dass die Bauern in der Lage sein müssen, vom Erlös ihrer Produkte zu leben und die Belastungen im Zusammenhang mit den Umweltschutzauflagen, der Sicherheit der Lebensmittel und der Qualität der Erzeugnisse zu tragen.

Versöhnen wir anschließend die Bauern wieder mit der Gesellschaft, denn sie braucht gelassene und zuversichtliche Produzenten in ausreichender Zahl, um die wirtschaftliche Ausgewogenheit unserer Regionen sicherzustellen und die Vielfalt unserer Landschaften, die die europäische Identität prägen, zu erhalten.

Schaffen wir schließlich eine ambitionierte Politik der ländlichen Entwicklung, der Raumordnung und der Anreize im Agrarumweltbereich, die besser funktionieren soll als derzeit und auch weniger bürokratisch und effizienter sein muss.

Seien wir vor allem stolz darauf, gemeinsam eine Agrarpolitik zu gestalten, die unserer Sicht von unserer europäischen Kultur entspricht. Das nennen wir unser europäisches Landwirtschaftsmodell, wie es in Berlin in Kraft gesetzt wurde.

Für uns sind die landwirtschaftlichen Erzeugnisse weit mehr als nur Waren: Sie sind das Ergebnis der Liebe zu einem Beruf und einer Landschaft, die von vielen Generationen gestaltet wurden.

Für uns kann Europa keine isolierte Festung in der Welt sein, die sich hinter illusorischen und längst hinfällig gewordenen Barrieren verschanzt. Europa muss stolz auf sein Modell der ländlichen Kultur sein, das besser erklärt und mit anderen geteilt werden muss. Europa hat dank seiner Initiative "Everything but arms" den Weg gezeigt - andere Länder würden gut daran tun, ihn ebenfalls einzuschlagen.

Für uns dürfen die Bauern nicht zur "Anpassungsvariablen" einer unmenschlichen und standardisierten Welt werden. Wir halten sie für vollwertige Akteure unserer Gesellschaft.

Ja, wir haben für Europa die Vorstellung von einer modernen Landwirtschaft, in der den Menschen und ländlichen Gebieten der ihnen gebührende Platz eingeräumt wird. Nur unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann dem erweiterten Europa von morgen die Agrarpolitik geben werden, derer es bedarf.

Fernand Boden
Luxemburgischer Minister für Landwirtschaft, Weinbau und ländliche Entwicklung

Miguel Arias Cañete
Spanischer Minister für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung

Wilhelm Molterer
Österreichischer Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Armando José Cordeiro Sevinate Pinto
Portugiesischer Minister für Landwirtschaft, Entwicklung des ländlichen Raums und Fischerei

Hervé Gaymard
Französischer Minister für Landwirtschaft, Ernährung, Fischerei und Angelegenheiten des ländlichen Raums

José Happart
Minister für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten der Wallonischen Region

Joe Walsh
Irischer Minister für Landwirtschaft und Ernährung"

Quelle: Österr. Bundespressedienst