Sozialpolitik – Asylrecht  

erstellt am
15. 09. 03

OGH hebt Bundesbetreuungsrichtlinie des BMI aus den Angeln
Bahnbrechender Beschluss des OGH zur Unterbringung von Asylwerbern
Wien (caritas) - Im Fall einer georgischen Frau, die auf Grund der Bundesbetreuungsrichtlinie mit einem vier Monate alten Baby und einem zweijährigen Kind vom Innenministerium aus der Bundesbetreuung entlassen wurde, liegt nun ein Beschluss des OGH vor.

"Der Oberste Gerichtshof hat seinen Beschluss vom Frühjahr, in dem den Hilfsorganisationen Recht auf Kostenersatz für die Unterbringung zugesprochen wurde, bekräftigt," erläutert Dr. Wolfgang Fromherz, Rechtsanwalt aus Linz, Mitglied des "Netzwerk Asylanwalt" und Vertreter der georgischen Familie. Und noch mehr: Der OGH hat in seinem Beschluss auch festgehalten, dass die Bundesbetreuungsrichtlinie, auf Grund derer seit letztem Herbst Hunderte AsylwerberInnen auf die Straße gesetzt wurden, "durch das Bundesbetreuungsgesetz nicht gedeckt" ist und gegen dessen "Grundwerte" verstößt. Damit wurden die rechtlichen Bedenken der Hilfsorganisationen, die seit Herbst 2002 zu heftigen Auseinandersetzungen mit dem BMI geführt hatten, vollinhaltlich vom Höchstgericht bestätigt.

Dr. Wolfgang Fromherz, der seit vielen Jahren im Auftrag von UN-Flüchtlingshochkommis- sariat UNHCR, Caritas, Rotem Kreuz, Diakonie, Amnesty international und Volkshilfe im "Netzwerk Asylanwalt" tätig ist, meint zu den Folgen des OGH-Beschlusses: "Diese bahnbrechende Entscheidung hat nun endgültig festgestellt, dass der Bund verpflichtet ist, Asylwerber während des Verfahrens unterzubringen. Der Beschluss hat außerdem rechtliche Klarheit in der Auseinandersetzung über die Richtlinie gebracht. Damit ist Innenminister Ernst Strasser gefordert, eine Versorgung von hilfsbedürftigen AsylwerberInnen während des Verfahrens sicherzustellen, die endlich im Einklang mit den Gesetzen und der Verfassung ist."

   
 Parnigoni zu Asyl: Strasser versucht plumpes Ablenkungsmanöver von eigenem Versagen
SPÖ stets auf Rechtswidrigkeit der Bundesbetreuungsrichtlinie hingewiesen
Wien (sk) - Als "plumpes Ablenkungsmanöver von seinem eigenen Versagen" bezeichnete SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni am Freitag (12. 09.) die Aussagen von Innenminister Strasser, wonach die SPÖ für die katastrophale Situation im Asylbereich verantwortlich sei. "Die SPÖ hat immer wieder und von Beginn an darauf verwiesen, dass Strassers Bundesbetreuungsrichtlinie rechtswidrig ist - diese Einschätzung hat der OGH nun bestätigt", so Parnigoni gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. Als "besonders infam und aus mehreren Gründen falsch" bezeichnete der SPÖ-Abgeordnete die Behauptung des Ministers, die SPÖ hätte das neue Asylgesetz verhindert. Darüber hinaus würden die Probleme im Asylbereich durch das von Strasser geplante Asylgesetz keineswegs entschärft.

"Trotz Vorgesprächen mit mir, in meiner Funktion als Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses, war Strasser nicht in der Lage, sein Verlangen auf ein neues Asylgesetz so rechtzeitig einzubringen, dass diese sensible Materie noch vor dem Sommer adäquat parlamentarisch behandelt hätte werden können", unterstrich Parnigoni. Zudem sei es schlicht falsch, "dass damit irgendwelche Probleme aus der Welt geschafft worden wären. Auch bei einem parlamentarischen Beschluss wäre das neue Asylgesetz erst mit 1.1.2004 in Kraft getreten", so der SPÖ-Sicherheitssprecher. Das Asylgesetz werde außerdem die triste Situation nicht ändern, befürchtet Parnigoni: "Ganz im Gegenteil, die menschenrechtswidrige Behandlung von Asylwerbern würde noch verstärkt."

Zusammenfassend sei festzuhalten, so Parnigoni abschließend, dass die Reaktion Strassers auf den heutigen OGH-Entscheid "dem entspricht, was ich mir von diesem Minister erwartet habe. Das ist Strasser, wie er leibt und lebt. Er übernimmt keinerlei Verantwortung und hinterlässt gleichzeitig ein Trümmerfeld, wo immer er auch hinkommt." Parnigoni sagte, er werde in einer Pressekonferenz kommenden Dienstag ausführlich die Rechtswidrigkeit der Vorgangsweise Strassers im Bereich des Asylwesens, aber auch in anderen Bereichen, darlegen.

 

 Ellmauer: Strasser hat mit Aufhebung der Richtlinie umgehend reagiert
Innenminister setzt klares Zeichen zur Betreuung der zusätzlichen Asylwerber
Wien (övp-pk) - "Die künstliche Aufregung der Opposition ist völlig unangebracht. Innenminister Ernst Strasser hat bereits die sofortige Aufhebung der Bundesbetreuungs-Richtlinie veranlasst und damit dem Urteil des OGH raschest Rechnung getragen", so ÖVP-Menschenrechtssprecher Matthias Ellmauer am Freitag (12. 09.) zu jüngsten Aussagen von SPÖ und Grünen. Der Opposition sollte dennoch bewusst sein, dass die Entscheidung des OGH weitreichende Konsequenzen nach sich ziehe, da nach nunmehriger Lage jeder Fremde in Österreich betreut werden müsste.

Zudem wies Ellmauer auf die Tatsache hin, dass eine Neuordnung des österreichischen Asylsystems durch die SPÖ verhindert worden ist, da diese die Beschlussfassung über die Asylgesetznovelle und 15a- Vereinbarung im Parlament blockiert habe. "Hätte die SPÖ hier nicht so unverantwortlich gehandelt, wäre die besagte Richtlinie bereits obsolet und die Versorgung der Asylwerber gesichert", so Ellmauer. Mit dem von Strasser angekündigten Asyl-Gipfel sei jedenfalls ein klares Zeichen gesetzt, dass seitens des Innenministeriums alles unternommen werde, um die zusätzlichen Asylwerber gerade während der unmittelbar bevorstehenden Wintermonate zu betreuen.

 

OGH bestätigt Strassers wiederholten Rechtsbruch
Stoisits: Strasser muss jetzt Grundversorgung sichern
Wien (grüne) - "Es ist erfreulich, dass Strasser endlich die gesetzeswidrige Bundesbetreuungsrichtlinie zurücknehmen will. Das allein ist jedoch noch keine Garantie für die Betreuung aller AsylwerberInnen", so Terezija Stoisits, Menschenrechtssprecherin der Grünen. In seiner ersten Reaktion auf den Beschluss habe Strasser nämlich gleich eingeschränkt, Bundesbetreuung werde gemäß 'den gesetzlichen Bestimmungen sowie nach Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen und finanziellen Möglichkeiten des Ressorts gewährt'.

"Das ist das alt bekannte Spiel von Strasser, die Betreuungsplätze nicht zu schaffen und sich dann auf fehlende Plätze und Mittel auszureden. Der Innenminister müsse nun die Ressourcen für die Betreuung aller bedürftigen AsylwerberInnen schaffen und nicht nur so viele versorgen wie er aktuell Betreuungsplätze hat. Sonst sucht er nur einen neuen Weg, um den Beschluss des OGH zu ignorieren", so Stoisits.

Vor Strasser Reaktion sagte Stoisits:
Der Oberste Gerichtshof hat nun innerhalb von einem halben Jahr zum zweiten Mal festgestellt, dass der Bund zur Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen verpflichtet ist. Innenminister Strasser weigert sich dennoch bis jetzt beharrlich, das umzusetzen. "Das Neue und Erfreuliche am jetzigen Urteil des OGH ist, dass er die Nicht-Rechtmäßigkeit der Strasser'schen Bundesbetreuungsrichtlinie dezidiert feststellt und aussagt, dass diese vom Bundesbetreuungsgesetz nicht gedeckt ist, sondern diesem widerspricht. Das bedeutet einen Sieg der Rechtsstaatlichkeit über Strasser'sche Willkürpolitik", so Terezija Stoisits, Menschenrechtssprecherin der Grünen.

Strasser muss seine gesetzwidrige Richtlinie endlich zurücknehmen und seine Verpflichtung zur Versorgung von Flüchtlingen wahrnehmen, sonst setzt er den wiederholten Rechtsbruch bewusst fort. "Wenn Strasser nun auch diesen Beschluss eines österreichischen Höchstgerichts ignoriert, ist er reif für den Rücktritt", so Stoisits.
     
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