Fischler gibt Ausblick auf zukünftige Vorhaben der EU in Welthandel  

erstellt am
22. 09. 03

EU werde weiter zentrale Rolle in der Entwicklungsrunde spielen
Guelph (aiz.info) - EU-Kommissar Franz Fischler legte anlässlich seines Treffens mit Vertretern des kanadischen Landwirtschaftsministeriums am Freitag (19. 09.) die Position der EU nach dem Scheitern der WTO-Verhandlungen in Cancun dar. Hierbei verteidigte er einerseits die Haltung der Europäischen Union beim jüngsten Ministertreffen und betonte andererseits nochmals, dass man den Abbruch nicht auf einen Streit über Agrarthemen zurückführen könne, da dieser Punkt noch gar nicht angeschnitten worden sei. Weiters zeigte er auf, wie sehr man den Interessen anderer Seiten schon entgegengekommen sei und gab zusätzlich einen Ausblick auf zukünftige Vorhaben, die den weltweiten Handel noch mehr fördern sollen.

Fischler: GAP-Reform und Kompromiss mit USA vor Cancun erarbeitet
"Es ist offensichtlich, dass die Medien versuchen würden, einen Sündenbock für den Abbruch der Gespräche zu finden. Es gab verschiedene Vermutungen über den Grund des Scheiterns, aber - egal was Kritiker sagen mögen - werde ich es nicht zulassen, dass die EU dafür verantwortlich gemacht wird. Außerdem ist es schwerlich zu akzeptieren, dass die Agrarstützungen der Industriestaaten daran schuld sein sollen, bedenkt man, dass wir in den Diskussionen zu diesem Thema gar nicht gekommen sind", erklärte Fischler. Die EU hätte in den Monaten der Vorbereitung auf Cancun einerseits ihr Agrarsystem reformiert als auch die Differenzen mit den USA beigelegt und mit diesen ein Kompromisspapier erarbeitet, was von vielen Seiten als wichtige Voraussetzung für einen Erfolg der Gespräche gewertet worden war.

EU-Weizenanteil am Weltmarkt von 22,4% auf 12,8% zurückgegangen
Weiters stellte Fischler die Verbesserungen des EU-Agrarsystems durch die GAP-Reform dar und wie sich diese in Zukunft positiv auf die internationalen Handelsbeziehungen auswirken würde. Beispielsweise hieße Entkoppelung weniger Marktverzerrung, und man habe seit 1993 auf der Produktion basierende Agrarstützungen um 70% reduziert, die damit verbundenen Exportförderungen gar um 75%. Auch der Nettoexport sei zurückgegangen. Beispielsweise sei der EU-Weizenanteil am Weltmarkt von 22,4% auf 12,8% sowie der Netto-Exportanteil der EU auf dem Zuckermarkt weiters von 18,5 auf 15,8% zurückgegangen. In nächster Zeit würden auch Vorschläge für die Reformen der Tabak-, Baumwolle- und Olivenöl-Sektoren eingereicht werden (das AIZ berichtete). So würden die Märkte offener werden, die Handelsverzerrungen beigelegt und die Gemeinsame Agrarpolitik innerhalb der EU nachhaltiger und international akzeptabler, erklärte Fischler.

Fähigkeit verbessert, konstruktiv an Verhandlungen teilzunehmen
Zusätzlich wurde dargestellt, wie sehr man den Entwicklungsländern entgegengekommen sei, beispielsweise durch die "Everything But Arms"-Initiative. Man fordere die Handels-Partner auf, ähnliche Schritte zu setzen und ebenso flexibel - beispielsweise bei der Reduktion von Export-Stützungen oder von Zöllen - vorzugehen. Die EU hätte sich durch laufende Verbesserungen ihrer Programme - wie beispielsweise der Agrarpolitik - schon beträchtlich von ihrem ursprünglichen Standort entfernt und dadurch ihre Fähigkeit gefestigt, konstruktiv an den Verhandlungen teilzunehmen. In den Kernpunkten habe man sogar eine Einigung mit den USA erzielen können.

Ehrgeizigen Pfad weiter verfolgen
"Wir werden diesen ehrgeizigen Pfad, auf dem wir uns befinden, weiter verfolgen", so Fischler. Man werde den Arbeitsprozess, das Agrarsystem zu reformieren, fortsetzen, hin zu einer EU-Politik, die wettbewerbsfähiger und handelsfreundlicher sei und mehr in Einklang nicht nur mit den Interessen europäischer Farmer und Bürger stünde, sondern auch mit denen der Entwicklungsländer und des weltweiten Agrarhandelssystems", erklärte Fischler.

Behandlung eines Entwicklungslandes soll seinem Entwicklungsstatus entsprechen
Jedoch müsse man in der Entwicklungsrunde ebenso berücksichtigen, dass nicht alle Stützungen gleich handelsverzerrend sind und auch als solche erkannt werden müssten. Auch bedürften die Entwicklungsländer unterschiedlicher Behandlung, die dem Stand ihrer Entwicklung entsprechen müsse. Weiters sollten die Konsumenten den Nutzen der Marktöffnung nicht nur in Form von Preisvorteilen erleben, sondern auch hinsichtlich der Qualität. Die Wichtigkeit von nicht handelsbezogenen Anliegen und des Schutzes von geografischen Angaben würden ein zusätzliches Ziel des EU-Standpunkts bleiben.

Angebote der EU "bleiben auf dem Tisch"
In Summe hätten sich die Lücken für eine Agrarhandelsliberalisierung zu schließen begonnen. "Dass man bisher noch keine Übereinkunft erreichen konnte, ist bedauernswert, aber ich hoffe, dass die Fundamente geschaffen sind, um die Gespräche in den kommenden Monaten voranzutreiben", so Fischler. Die in Cancun dargelegten Angebote der EU würden jedenfalls "auf dem Tisch bleiben". Es sei zu früh, um sagen zu können, wie sich die Gespräche weiterentwickeln werden. "Wenn ich aber eine Sache sagen kann, dann die, dass die EU in diesem Stadium nicht aufgegeben hat. Wir werden fortsetzen, einen konstruktiven Dialog über die nächsten paar Monate hinweg zu versuchen sowie weiters, eine zentrale Rolle im Prozess der Entwicklungsrunde zu spielen", zeigte sich Fischler überzeugt.
     
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