Schönborn: »Der Papst wird - wie wir alle - einmal sterben«  

erstellt am
06. 10. 03

Johannes Paul II. lebe seine Krankheit bewusst in der Öffentlichkeit, "als Zeichen an eine an Gesundheitswahn krankende Gesellschaft", sagte der Wiener Erzbischof zum 25-Jahr-Jubiläum.
Wien (kath.net / PEW) - Als "Pontifikat der außergewöhnlichen Dimensionen" hat der Wiener Kardinal Christoph Schönborn die bisher 25-jährige Amtszeit von Papst Johannes Paul II. gewürdigt. Der Papst habe seit seiner Wahl am 16. Oktober 1978 eine Reihe "starker Zeichen" mit prophetischem Charakter gesetzt, sagte der Wiener Erzbischof vor Journalisten in Wien. Als Beispiele nannte der Kardinal den ersten Besuch Johannes Pauls II. 1979 in der polnischen Heimat, seine Rede vor 80.000 muslimischen Jugendlichen in Casablanca auf Einladung des Königs von Marokko, seinen Besuch an der Klagemauer in Jerusalem im Jahr 2000 sowie seine Reaktion auf das knapp überlebte Attentat vom 13. Mai 1981.

Als "prophetisch" hätten sich auch die Soziallehre und die Lebens-Ethik des Papstes erwiesen. In seiner dritten Sozialenzyklika "Centismus annus" von 1991 habe er mit großer Klarsicht der westlichen Welt deutlich gemacht, dass sie nach der "Wende" einer sozialen Marktwirtschaft den Vorzug geben soll, sagte Schönborn. Der Papst habe damals Markt und Gewinn als in der Wirtschaft notwendige Größen anerkannt, aber zugleich vor einer alleinigen Marktorientierung gewarnt, die soziale und gesamtgesellschaftliche Orientierungen nicht beachtet. Es würde sich lohnen, viele der heutigen Probleme in diesen Bereichen im Licht der Soziallehre des Papstes zu diskutieren.

Die Lebens-Ethik Johannes Pauls II. und seine Mahnungen zum umfassenden Lebensschutz seien - im Gegensatz zu seiner Sozialethik - häufig als "konservativ" oder "zu eng" kritisiert worden, stellte Schönborn fest. Diese "Kultur des Lebens", für die der Papst eintrete, sei aber untrennbar mit der Sozialethik verbunden. Das zeige sich etwa in der jetzigen Debatte über die Pensionssicherung und das Verhältnis der Generationen. "Der Papst hat klar gesagt, dass ohne ein Ja zum Leben ein Gesellschaft früher oder später in ihrer Lebendigkeit bedroht ist", hob der Kardinal hervor.

Wie Kardinal Schönborn weiter meinte, seien Theologen, Bischöfe und Kurie oft hinter den "prophetischen Zeichen" des Papstes zurückgeblieben. So habe es etwa heftigen Widerstand gegen die große Vergebungsbitte gegeben, die Johannes Paul II. am 12. März des Heiligen Jahres 2000 formulierte. Dennoch habe der Papst daran festgehalten.

Leben und Tod in Gottes Hand

Befragt zu den Sorgen um den Gesundheitszustand des Papstes sagte Schönborn, Johannes Paul II. wisse - wie jeder Christ - , dass sein Leben und auch der Zeitpunkt seines Todes in Gottes Hand sind. "Der Papst wird - wie wir alle - einmal sterben; auch ein so erfülltes und intensives Leben geht in seiner irdischen Phase einmal zu Ende", so der Wiener Erzbischof. Neu sei, dass ein Papst unter so großer Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf den Tod zugehe. Die heutige Welt sei solches nicht mehr gewöhnt.

Der Papst lebe seine Krankheit, seine körperliche Gebrechlichkeit und Behinderung, sehr bewusst in der Öffentlichkeit, "als Zeichen an eine an Gesundheitswahn krankende Gesellschaft". So sei etwa eine der berührendsten Augenblicke der letzten Papstreise in die Slowakei gewesen, dass er - außer Protokoll - in Banska Bystrica auf eine Reihe im Rollstuhl sitzender Gottesdienstbesucher zufuhr und jedem dieser behinderten Menschen die Hand schüttelte. Manche seien schockiert, dass die Fernsehkameras aus nächster Nähe einfangen, wenn der Papst auf Grund seiner Parkinson-Erkrankung den Speichel nicht zurückhalten könne. Viele Menschen sei aber berührt, wie Johannes Paul II. offen seine Krankheit lebe und alle seine Kräfte aufbiete, um dennoch seinen Amtsverpflichtungen nachkommen zu können.

Auf die Frage, warum der Papst die Seligsprechung von Mutter Teresa zeitgleich mit seinem 25-Jahr-Jubiläum feiert, sagte Schönborn, darin zeige sich sicher die große persönliche Wertschätzung Johannes Pauls II. für die "Mutter der Armen". Zugleich sei zu vermuten, dass der Papst damit von seiner Person ablenken will. "Der Papst möchte, dass das silberne Pontifikatsjubiläum nicht in ein Johannes-Paul-Festival ausartet; mit der Seligsprechung von Mutter Teresa möchte der Papst zeigen, was ihm wichtig ist", sagte Kardinal Schönborn wörtlich.
     
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