6. European Health Forum Gastein  

erstellt am
02. 10. 03

Beim 6. European Health Forum Gastein sind die Auswirkungen von Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich ein großes Thema
Bad Gastein (sbg.at) - Am Mittwoch (01. 10.) eröffnete eine illustre Runde bestehend aus EHFG-Präsident Prim. Dr. Günther Leiner (Österreich), Landesrätin Dr. Maria Haidinger (Land Salzburg, Österreich), Gesundheitsminister Dr. Juozas Olekas (Litauen), Maria Rauch-Kallat (Ministerin für Gesundheit und Frauen, Österreich) und Dr. Girolamo Sirchia, Gesundheitsminister und EU-Ratsvorsitzender für Gesundheit (Italien) das European Health Forum Gastein.

550 Teilnehmer, 43 Nationen
Der international renommierter Gesundheitsgipfel, der alljährlich im Salzburger Gasteinertal, Österreich, stattfindet, hat heuer mehr als 550 namhafte Entscheidungsträger und Experten aus den europäischen Institutionen und allen Sektoren angezogen, die für Gesundheitsthemen relevant sind: Politiker, Wissenschaftler, Repräsentanten von Wirtschaft & Industrie, aber auch Vertreter von Patienten & Konsumenten aus insgesamt 43 Staaten. Darunter befinden sich führende Akteure der internationalen Gesundheitspolitik: Neben EU-Gesundheitskommissar David Byrne und WHO-Regionaldirektor Marc Danzon kommen zehn Gesundheitsminister und Staatssekretären aus aller Welt: Chien-jen Chen (Taiwan), STS Dorjan Marusic (Slowenien), Juozas Olekas (Litauen), Maria Rauch-Kallat (Österreich), der tschechischer Unterstaatssekretär für Gesundheit Jiri Langr (Tschechische Republik), Unterstaatssekretär Viktor Maslowski (Polen), STS Zsuzsanna Jakab (Ungarn), Girolamo Sirchia (Italien), STS Reinhart Waneck (Österreich) und STS Jozika Maucec Zakotnik (Slowenien). Auch der derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Gesundheitsminister Girolamo Sirchia, Italien, ließ es sich nicht nehmen, zur Eröffnung des EHFG zu kommen.

Das heuer so rege Interesse am Kongress erklärt sich EHFG-Präsident Dr. Günther Leiner an der brennenden Aktualität der diesjährigen Themen. „Ganz Europa steht vor den gleichen Herausforderungen: Überalterde Gesellschaft, eine Kostenspirale bei den Gesundheitsspiralen, die sich auf bedenkliche Weise nach oben dreht, die Erwartung der Kosumenten, mit innovativen Mitteln behandelt zu werden“, erläutert Leiner. Viele versprächen sich daher vom EHFG, Anregungen und neue Sichtweisen und Ansätze, da stets versucht wird, für komplexe Probleme an die europäischen Gesundheitssysteme unter einem gesamteuropäischen Blickwinkel gestellt werden und eine Plattform geboten wird, um die unterschiedlichsten Interessen, Sichtweisen und Ansätze diskutieren zu können. die auf nationaler oder EU-Ebene umgesetzt werden können.

Gesundheitsausgaben, die nicht sein müssten
Eines der Themen, das derzeit Europa am meisten bewegt, ist die zunehmende Überalterung der Bevölkerung. Eine schrumpfende Erwerbsbevölkerung muss in Zukunft für immer mehr Bürger in Ruhestand aufkommen, gleichzeitig steigen die Gesundheitskosten. Der italienische EU-Ratspräsident Dr. Girolamo Sirchia sieht forcierte Maßnahmen in der Gesundheitsprävention als Ausweg. „In der Bevölkerung muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, wie die eigene Gesundheit erhalten und gefördert werden kann. Ein Viertel der Italiener raucht. 20 Millionen sind übergewichtig. Die Folgekosten, die aus Suchtgiftkonsum oder falsche Ernährung entstehen, müssten nicht sein.“ Auch müssten für Betriebe Anreize geschaffen werden, um Menschen fortgeschrittenen Alters zu beschäftigen. „Menschen werden eher krank und pflegebedürftig, wenn sie körperlich und geistig nicht mehr gefordert sind“, meinte Sirchia. Daher lehnt der die Frühpensionierung von Arbeitslosen als Reaktion auf Arbeitslosigkeit ab. Wie auch Minister Sirchia ist seine Kollegin, die österreichische Bundesminsterin Rauch-Kallat ist davon überzeugt, dass Prävention der beste Arzt sei und verweist nicht ohne Schmunzeln auf die neueste Gesundheitskampagne vor, mit der gegen den „inneren Schweinehund“ vorgegangen wird, der verhindert, das Wissen über gesundes Leben in die Tat umzusetzen. „Wir wollen die Menschen dabei unterstützen, tatsächlich ihr Verhalten zu ändern. Es muss einfach chic sein und Spaß machen.“

Generationsvertrag unter dem Deckmantel der Finanzierbarkeit untergraben
EHFG-Präsident Dr. Günther Leiner in seiner Eröffnungsrede eine bedrohliche Entwicklung bei der derzeitigen Spardebatte im Gesundheitsbereich: „Es kommt mir teilweise vor, als würde versucht werden, sukzessive den Generationenvertrag unter dem Deckmantel der Finanzierbarkeit zu untergraben. Wir werden uns zweifellos von der sogenannten „Vollkasko-Mentalität“ verabschieden müssen. Eigenbeteiligungen aller werden unumgänglich. Aber die müssen verantwortungsvoll und sozialverträglich sein“, forderte EHFG-Präsident Prim. Dr. Günther Leiner bei der Eröffnung des nun mehr 6. European Health Forum Gastein.

Sparen heißt, die Mittel effizienter einsetzen
Auch österreichische Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat kritisierte ebenfalls einen Sparkurs in der Gesundheitspolitik, der die Versorgungsqualität der Bürger in Gefahr bringt: „Sparen soll nicht heißen, nicht, die Mittel für den Gesundheitsbereich zu schmälern, sondern sie sparsamer und effizienter einsetzen.“ Ehe man überlege, was man den Patienten alles nicht mehr finanziert, sollte an strukturelle Veränderungen denken, etwa bei der Bettenaufteilung in Krankenhäusern. In Österreich gebe es z.B. immer noch zu viele Akutbetten und immer noch zu wenige Pflegebetten. Die Salzburger Landesrätin Dr. Maria Haidinger wies in diesem Zusammenhang darauf hinzu, dass die Gesundheitsausgaben in den letzten Jahrzehnten in Österreich stark angestiegen sind. „Sie liegen derzeit je nach Studien und Berechnungen nach der Studie des IWI bei ca. 11 % des BIP nach anderen Berechnungen bei ca. 8 %. Die Leistungsfähigkeit des Systems liegt hingegen im internationalen Vergleich keineswegs im Spitzenfeld sondern deutlich unter der Ausgabenquote.“ Jedenfalls gäbe es Länder wie die Niederlande oder Schweden, wo weniger pro Kopf ausgeben wurde, bzw. die Ausgabensteigerung geringer war. „Das bedeutet, dass zwischen den Gesundheitsausgaben einer Gesellschaft und dem Gesundheitszustand der Bevölkerung nur ein sehr loser Zusammenhang besteht. Weniger Ausgaben kann ein mehr an Gesundheit bedeutet und umgekehrt“, so Haidinger.

Dr. Juozas Olekas, Gesundheitsminister in Litauen, bestätigt aus eigener Erfahrung, dass Gesundheitsstrategien zur Prävention erhebliches für die Volksgesundheit leisten könnte. „Die Kindersterblichkeit und die Lebenserwartung sind in Litauen bereits merklich gestiegen.“ In Litauen wurde 1991 viel daran gesetzt, die Qualitätsstandards beim Krankenpflegepersonal und Ärzten zu heben, und die Gesundheitskosten in Griff zu bekommen, und dabei bereits merkliche Erfolge erzielt.
     
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