Industrie: Innovationspolitik braucht Schub vor der EU-Erweiterung  

erstellt am
07. 10. 03

Drei-Länder-Umfrage von A. D. Little zeigt: Hohe Zufriedenheit der Schweizer Unternehmen
Wien (pdi) - "Mehr als 50% der befragten österreichischen und deutschen Unternehmen sehen ihr Land als Innovationsstandort im Vergleich zu anderen führenden Industrienationen wie USA, Japan und UK im Hintertreffen", erklärte Dr. Christian Weigel, Leiter des Büros von A.D. Little bei der Präsentation der Studie "Neue Rahmenbedingungen für den Innovationsstandort Österreich" in der Industriellenvereinigung (IV). Während weitere 44% der österreichischen Unternehmen Österreich in Sachen Innovation gleich auf mit anderen führenden Industrienationen sehen, beträgt dieser Anteil für Deutschland nur ca. ein Drittel.

Mehr als 80% der Schweizer Unternehmen sehen dagegen ihren Standort in der Top-Liga der führenden Industrienationen.

Innovationsstandorte Österreich und Deutschland liegen hinter der Schweiz Alle relevanten Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Innovationsstandort werden von den Schweizer Unternehmen als zumindest akzeptabel angesehen und hemmen daher Innovationen nicht. Das konträre Bild kennzeichnet derzeit Deutschland.

Fast alle Rahmenbedingungen werden dortals unbefriedigend eingestuft. Besonders schlecht werden die steuerliche Behandlung von Innovationsausgaben, die geringe Flexibilität des Arbeitsmarkts und die ausufernde Rechtslage in Bezug auf Genehmigungen beurteilt. In Österreich sehen die Unternehmen eine Verbesserung im Bereich der steuerlichen Rahmenbedingungen (Absetzbarkeit von Innovationsaufwendungen) und beim Genehmigungs- und Anlagenrecht (schnellere und transparentere Prozesse).

Weigel führte detaillierter aus: "Insgesamt können die politischen und administrativen Rahmenbedingungen alleine nicht für die Beurteilung des Industriestandortes Österreich herangezogen werden. Vielmehr sind auch strukturelle Probleme, wie der geringe Anteil an Hochtechnologiesegmenten im Vergleich zu anderen EU Ländern, in die Gesamtbeurteilung eingeflossen." Österreichische Unternehmen sind besonders forschungsorientiert 85% der befragten österreichischen Unternehmen wollen ihre F&E-Ausgaben in Österreich auf dem derzeitigen Niveau halten bzw. sogar ausbauen. In Deutschland und der Schweiz ist diese Bereitschaft zu hohen Innovationsausgaben ebenfalls stark ausgeprägt (73% bzw. 78%), aber bei weitem nicht so wie in Österreich. Die Bereitschaft der österreichischen Unternehmen, die Innovationsanstrengungen weiter zu steigern, ist umso bemerkenswerter, als bereits jetzt die österreichischen Industrieunternehmen im Vergleich zu ihren globalen Wettbewerbern in einigen Branchen einen überdurchschnittlichen Anteil ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung investieren.

Industrie: Österreich braucht große Innovationsreform für mehr Wachstum
Dr. Gerhard Riemer, Leiter des Bereichs Bildung, Innovation, Forschung in der Industriellenvereinigung (IV), zieht folgende Schlüsse aus den Ergebnissen: "Jetzt ist es umso wichtiger, die aktuellen Diskussionen schnell zu Ende zu führen und nach der Universitätsreform auch eine große Innovationsreform vor der EU-Erweiterung zu machen." Dabei erwartet die Industrie noch im Herbst ein umfangreiches Innovationspaket der Bundesregierung, bestehend aus einer ersten Strukturreform, gesicherter Finanzierung (u.a. Einführung der Nationalstiftung) und Maßnahmen zur für mehr qualifiziertes Personal in Forschung und Entwicklung. "Antizyklische Innovationsförderung hat Signalwirkung, die Kürzungen in Deutschland sind hier als absolutes Negativbeispiel zu werten - statt der deutschen Stagnation sollten wir uns dem mitteleuropäischen Aufbruch anschließen", so Riemer.

"Die von der Bundesregierung eingeführten steuerlichen Incentives werden von den Unternehmen gut angenommen und sind ein gutes Argument im konzerninternen Wettbewerb der Standorte. Es wäre völlig kontraproduktiv, gerade am Beginn eines erwarteten Wirtschaftsaufschwungs den international attraktiven Forschungsfreibetrag von 35% für Steigerungen der Innovationsausgaben abzuschaffen", so Dr. Judith Brunner, Projektleiterin für Forschungsfinanzierung und Forschernachwuchs bzw. -zuzug in der IV . "Im Rahmen des Lissabonprozesses und des von der Regierung angepeilten Zieles, bis 2010 in die Top 3 in Europa vorzustoßen, ist die Innovationspolitik auch mittelfristig der Wachstumsmotor einer Volkswirtschaft." Aktuelle Agenda: Gesicherte Finanzierung, Nationalstiftung, Haus der Forschung Die bisherigen Maßnahmen der Regierung gehen in die richtige Richtung. "Immerhin 71% der befragten Unternehmen in Österreich glauben, dass die angedachten bzw. in Realisierung befindlichen Maßnahmen wie z.B. Umsetzung der Universitätsreform und die Freigabe der Sondermittel von 600 Mio. EUR positiv sind. Umso wichtiger werden nun die geplante Einrichtung einer Nationalstiftung und eines ,Hauses der Innovation', in das nahezu alle Forschungs- und Förderungseinrichtungen einziehen sollten", betonte Riemer. Die Schweizer Unternehmen zeichnen in der Einschätzung der Regierungsmaßnahmen laut Studie ein ähnliches Bild, während die deutschen Unternehmen die Maßnahmen ihrer Regierung als nicht zielführend beurteilen. "Die Rahmenbedingungen für Innovation in Österreich werden sich verbessern, wenn die angedachten Maßnahmen zügig und in enger Abstimmung mit der Industrie und anderen Forschungsträgern umgesetzt werden", erklärte Studienautor Weigel.

Über die Umfrage
Die 3-Länder-Studie "Neue Rahmenbedingungen für den Innovationsstandort Österreich" von A. D. Little bietet erstmals einen Vergleich der Innovationspolitik der deutschsprachigen Länder aus der Sicht der Unternehmen. Befragt wurden die Top-Unternehmen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu den Rahmenbedingungen für Innovation in den jeweiligen Ländern. Ziel war es, ein "Stimmungsbild" zu erhalten, das es erlaubt, Handlungsbedarf und Lösungsansätze für Politik und Unternehmen zu erkennen und entsprechende Empfehlungen zu formulieren. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Industriellenvereinigung und der Economic Swiss Schweiz durchgeführt. In Deutschland haben rd. 350, in der Schweiz rd. 100 und in Österreich rd. 50 Entscheidungsträger der führenden Unternehmen aus allen relevanten Branchen teilgenommen.
     
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