Wissenschaft und Technik
der Woche vom 13. 11. bis 19. 11. 2001

   
Nagen statt schlagen
Wopfing (pts) - Baumit präsentierte erstmals - ganz im Sinne von "Ideen mit Zukunft" - in Krems das System Biber der Öffentlichkeit. Dabei kam die High-Tech Entwicklung zur Altputzentfernung direkt am Sanierungsobjekt (HTL Krems) zum Einsatz. Die Spontanreaktionen der nach Krems gereisten Fachjournalisten, Baumeister, Planer und Hausverwalter reichten von "technisch ganz toll", "beeindruckend", "spektakulär" bis "sehr gut geeignet für Wiener Innenhöfe und Gassenfassaden mit reichen Gliederungen".
Auf den Punkt gebracht spart das System Biber Zeit und Kosten, ist umweltfreundlich und wirtschaftlich zugleich. Der "Biber" ist eine Innovation zur Fassadensanierung, die ohne langer Baustellenvorbereitung, mit geringem Schallpegel und nahezu keiner Staubbelästigung für Anrainer und Wohnungsinhaber, Altputz von der Fassade fräst. Die revolutionäre Fassaden-Saniertechnologie ist ein Patent, das vom deutschen Unternehmer DI Schulz zur Serienreife gebracht wurde. Die erstmals 1995 auf der Münchner "bauma" präsentierte Putzfräse wurde mittlerweile vom Deutschen Wirtschaftsminister mit dem Mittelstandspreis zur EXPO 2000/Hannover und dem Deutschen Innovationspreis im Rahmen der bauma ´98 (Baumaschinen-Messe) ausgezeichnet. Im Herbst vergangenen Jahres brachte Baumit das in Deutschland bereits auf mehr als 300.000m2 Fassadenfläche erfolgreich erprobte System exklusiv nach Österreich und begann damit den Biber an unterschiedlichsten Sanierobjekten zu erproben.
Der Fassaden-Sanierungsmarkt in Österreich ist beachtlich. Laut Marktforschungsinstitut BDI bzw. ÖSTAT wurden in den vergangenen 10 Jahren an knapp 375.000 Gebäuden die Fassade erneuert und das bei einem Gesamtgebäudebestand von derzeit mehr als 2 Millionen.
Die konventionelle Fassadensanierung ist in Österreich bis dato personalintensiv, erfordert längere Gerüststandzeiten und Baustellenvorbereitung, verursacht durch den Einsatz von Schrämhämmern eine nahezu unerträgliche Staub- und Lärmbelästigung für Bewohner und Anrainer. Dazu kommt noch, dass Putz nicht gleich Putz ist und eine optimale Fassadensanierung nicht selten an den hohen Kosten scheitert. Das wiederum mündet zumeist in einer Teilsanierung bei der der Altputz nur noch partiell abgetragen wird.
Mit System Biber lassen sich ohne Baustellenvorbereitung, ohne Gerüst, ohne Staubbelästigung und mit einem auf ein Minimum reduzierten Geräuschpegel pro Tag bis zu 200m2 Altputz entfernen. Dazu sind umgerechnet 7 bis 8 Fassadenarbeiter notwendig, die rund 10 Stunden im Einsatz sind. Großflächige Putzbeschichtungen, Farbe, Schmutz oder dünne Betonschichten werden mit dem Biber nicht mehr mühselig händisch oder per Presslufthammer abgemeißelt, sondern durch eine Spezialfräse einfach "abgenagt". In kurzer Zeit präsentiert sich die Fassade sauber wie eine "neue" Ziegelmauer und bereit für die weitere Bearbeitung. Der Biber Werkzeugkopf - durch seine kardanische Aufhängung besonders feinfühlig zu führen - wird computergesteuert rasch in Position gebracht und von einem handlichen Bedienerpult aus an der Fassade entlang geführt. Auf diese Weise gelangt der Biber derzeit bis in eine Höhe von ca. 22 Meter. Je nach Fassadenbeschaffenheit kann die Andruckstärke variiert werden, so dass zum Beispiel auch mühelos Feinputzoberflächen bei Erhaltung des Grobputzes entfernt werden können. Durch spezielle Walzeneinsätze ist eine Feinbearbeitung auch bei unterschiedlichsten Anforderungen möglich. Das erlaubt sogar den Einsatz an denkmalgeschützten Objekten. Schleifbürsten entfernen z.B. dünne Schmutz-schichten, während Drahtbürsten den Untergrund von Rost, Putz oder Farbe befreien und eine Diamantwelle selbst Beton und Edelputze zum Verschwinden bringt.
Der Altputz wird in einen abgedichteten Behälter eingesaugt und sortenrein bis in den Container transportiert. Die so vermiedene Staub- oder Geruchsbelästigung macht das System auch in empfindlicher Umgebung wie an Schulen, Krankenhäusern oder in kontaminierten Bereichen einsatzfähig. Der zermahlene Bauschutt benötigt zudem nur die Hälfte des bisherigen Baucontainervolumens. Last but not least übernimmt System Biber auch die ordnungsgemäße Bauschuttentsorgung.
Bis dato konnte das System Biber am Hugo-Breitner-Hof in Wien 14, an der Fassade der Meidlinger Kaserne, am Landesgendarmeriekommando Wien, an einem denkmalgeschützten Gebäude in der Wiener Rathausstraße 9, an einem Wohnhausanlage in Waidhofen/Thaya und auf 8.000 m2 Fassadenfläche des Bundesschulzentrums Krems sein Können unter Beweis stellen.

 
Erfindung aus NÖ raubt Geldfälschern jede Chance
Gaaden (nöwpd) - Vor Einführung des Euro im Jänner kommenden Jahres versuchen Falschgeldbanden in ganz Europa, ihre in alten Währungen gedruckten "Blüten" noch rasch auf den Markt zu werfen. Vor allem gefälschte deutsche Mark- und italienische Lire-Scheine mit hohem Nennwert werden in diesen Tagen vermehrt von der Polizei registriert. In Fachkreisen läßt jetzt eine Erfindung aus Niederösterreich aufhorchen: Die Firma Phyma Computermeßtechnik-Spectrometersysteme aus Gaaden bei Mödling und der Herzogenburger Techniker Ing. Peter Fajmann haben an der Entwicklung eines Banknotenprüfgeräts mit dem Namen "The Money Checker" maßgeblich mitgewirkt.
Mit dem Money Checker kann man die Sicherheitsmerkmale auf Geldscheinen, Traveller Cheques und bestimmten Dokumenten, wie z.B. Reisepässen, auf ihre Echtheit überprüfen. Der Money Checker arbeitet mit einer von Phyma und Fajmann entworfenen Speziallinse. Sie ist in der Lage, die sogenannten Kippfarben, die auf den derzeit in Umlauf befindlichen Banknoten und dem neuen Euro integriert sind, besser sichtbar zu machen. Damit lassen sich die Blüten entlarven. Darüberhinaus beinhaltet das Gerät u.a. eine UV-Lampe, eine Durchlichtvorrichtung zur Überprüfung von Wasserzeichen, eine Mini-Videokamera und einen kleinen Bildschirm. Der Money Checker wird von der OeBS Anlagen Technologie und Servicegmbh (OeBS tech) vertrieben. Die neue Entwicklung soll nicht nur im Inland, sondern auch in der Euro-Zone und in Staaten mit anderen Währungssystemen Käufer finden. Zielgruppen sind in erster Linie Banken, Wechselstuben und Spezialeinheiten der Exekutive. Im Geschäftsjahr 2002 erwartet die OeBS tech vom Absatz des Money Checkers einen Umsatz zwischen zwei und drei Millionen Euro (27,5 bis 41,3 Millionen Schilling).

 
Insulintherapie rettet Leben von Intensivpatienten
Wien (phpd) - Eine kürzlich veröffentlichte belgische Studie zeigt, dass durch strenge Kontrolle des Blutzuckerspiegels mittels einer Insulintherapie, die Sterberate und Komplikationen bei Patienten auf der Intensivstation signifikant reduziert werden kann. Die Untersuchung wurde unter anderem von der Firma Novo Nordisk, Dänemark, unterstützt. Es ist bereits lange bekannt, dass schwerkranke Patienten einen hohen Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) und eine Insulinresistenz aufweisen. Bei der neu veröffentlichten Studie fanden die Forscher nun heraus, dass im Vergleich zu einer Standard-Insulintherapie die Insulin-Intensivtherapie die Mortalität auf der Intensivstation um 42 Prozent vermindern könne.

Lebensrettende Ergebnisse
Die prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie schloss 1.548 erwachsene Patienten mit kritischem Krankheitszustand ein, die in die Intensivstation eingewiesen und dort künstlich beatmet wurden. Die Patienten erhielten Actrapid® HM von Novo Nordisk (gentechnologisch hergestelltes Human-Normalinsulin). Eine InterimsSicherheitsanalyse ergab einen deutlichen und statistisch signifikanten Vorteil für die Insulin-Intensivtherapie, dass die Studie aus ethischen Gründen abgebrochen wurde. Im Vergleich zur InsulinStandardtherapie reduziere die Intensivtherapie die Mortalität auf der Intensivstation um 42 Prozent (63 Todesfälle in der Standardtherapie-Gruppe gegenüber 35 in der Intensivtherapie-Gruppe) heißt es in einer Presseaussendung.
"Wenn überhaupt, haben nur wenige Intensivpflegemaßnahmen den klinischen Ausgang in einem Maße verbessert, wie es die InsulinIntensivtherapie bei diesen Patienten vermochte", so Mads Krogsgaard Thomsen, Leiter Forschung und Entwicklung bei Novo Nordisk A/S. "(...) Es ist ermutigend zu sehen, dass die InsulinIntensivtherapie in der Lage ist, auch über Diabetes hinaus Leben zu retten. Die intensive Anwendung von Insulin bei Patienten auf der Intensivstation bewahrt Menschen vor komplikationsbedingtem Leiden und schont gleichzeitig wertvolle Ressourcen des Gesundheitswesens".

 
Laser implantiert Hörgerät
Premiere des mikrochirurgischen Eingriffs am Wiener AKH
Wien (pte) - An der Uniklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen (HNO) am AKH Wien ist erstmals in Österreich einer Patientin ein spezielles leistungsstarkes Hörgerät implantiert worden. Der mikrochirurgische Eingriff wurde von Univ. Prof. Dr. Wolf-Dieter Baumgartner und Univ. Prof. Dr. Peter Franz durchgeführt. Dabei wird mittels Laser eine 0,25 mm kleine Öffnung in den Amboss gebohrt und, ähnlich einer Hydraulik, ein Verstärker für die Gehörknöchelchen eingebaut. Verwendbar ist das Implantat bei bestimmten hochgradigen Hörstörungen. Diese Technik ist seit Januar 2001 verfügbar und wurde bisher weltweit nur an einigen wenigen Institutionen angewendet. Die Uniklinik für HNO-Krankheiten ist eines von wenigen Zentren rund um den Globus, in dem von konventioneller Ohrprothetik, über Cochlea Implantate (elektronische Innenohrprothese) auch alle verfügbaren Methoden implantierbarer Hörgeräte permanent zur Anwendung kommen.

 
Das Gehirn arbeitet bei Wahrheit und Lüge unterschiedlich
Philadelphia (pte) - Forscher der University of Pennsylvania School of Medicine haben herausgefunden, dass das Lügen und das Sagen der Wahrheit verschiedene Aktivitäten im Gehirn erfordert. Durch die Identifizierung jener Gehirnaktivität, die mit Täuschung und Verleugnung in Zusammenhang steht, sollen diese Ergebnisse Fortschritte in der Entwicklung von Lügentests ermöglichen. Zusätzlich erwartet sich das Team um Daniel Langleben durch das Wissen um die genauen Vorgänge im Hirn Erkenntnisse für die Psychotherapie. Die Ergebnisse der Studie werden am Dienstag, den 13. November, auf dem Annual Meeting der Society for Neuroscience in San Diego präsentiert.
Für die Studie beobachtete das Team mittels funktioneller Kernspinresonanztomografie (fMRI) die Gehirnaktivität von 18 Freiwilligen, die einen Guilty Knowledge Test absolvierten. Bei diesem Test werden Fragen zu Sachverhalten gestellt, die nur der Schuldige richtig beantworten kann. Den Teilnehmern wurde ein Umschlag mit einer bestimmten Spielkarte gegeben, den sie ohne die Karte zu verraten in die Tasche stecken mussten. Anschließend wurden sie innerhalb eines MRI-Scanners von einem Computer befragt, der ihnen eine Reihe von Karten zeigte und sich nach dem Vorhandensein der jeweiligen Karte erkundigte. Kam die richtige Karte, war ihr Besitz zu leugnen.
"Regionen im Gehirn, die eine entscheidende Rolle bei der Aufmerksamkeit spielen und wie Fehler beobachtet und kontrolliert werden, waren im Durchschnitt bei Lügen aktiver als bei der Wahrheit. Geht man davon aus, dass die Wahrheit die normale Reaktion auf eine Frage ist, dann erfordert die Lüge eine verstärkte Gehirnaktivität in den Bereichen, die für Sperrung und Kontrolle verantwortlich sind." Laut Langleben weisen diese Ergebnisse darauf hin, dass fMRI-Tests Vorteile gegenüber den derzeit gängigen Verfahren wie dem Polygraphen bringen könnten.

 
Bonner Forscher lokalisieren Gedächtnis
Bonn (pte) - Forscher der Uni Bonn sind der Frage, warum u.a. nach einer Bekanntmachung bestimmte Namen im Gedächtnis bleiben, andere wiederum für das Gehirn "Schall und Rauch" sind, einen bedeutenden Schritt näher bekommen. Die Arbeitsgruppe für kognitive Neurophysiologie untersuchte bei Epilepsie-Patienten die elektrische Aktivität zweier benachbarter Hirnregionen. Die Ergebnisse zeigten, dass beide Areale Hand in Hand arbeiten müssen, damit sich eine Person zu einem späteren Zeitpunkt an etwas erinnert. Die Studie unter der Leitung des Neurophysiologen Guillén Ferndández wird in der Dezemberausgabe von Nature Neuroscience veröffentlicht.
Die Arbeitsgruppe nahm die Gehirnregionen unter die Lupe, die bei der Gedächtnisbildung eine bedeutende Rolle spielen. Sie untersuchten jene Strukturen, die über Erinnern und Vergessen entscheiden und in der Tiefe des Schläfenlappens liegen, der so genannte "Hippokampus" und der "rhinaler Kortex". Die Regionen liegen lediglich 15 Millimeter auseinander. Wird eine der beiden Strukturen verletzt, kann die betroffene Person keine neuen Erinnerungen speichern.
Ferndández und sein Kollege Jürgen Fell untersuchten eine Gruppe von neun Epilepsiepatienten, denen Elektroden direkt in den mittleren Schläfenlappen implantiert wurden. Anschließend zeichneten die Forscher das Hirnstrom-Muster beider Gedächtnisregionen auf. Währenddessen präsentierten sie den Versuchspersonen eine Reihe von Wörtern, die sie sich einprägen sollten. Waren die Hirnströme in den beiden Regionen für wenige hundert Millisekunden genau im Gleichtakt, konnten sich die Probanden später an das zu diesem Zeitpunkt gezeigte Wort erinnern.
Die Bonner Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Gleichtakt der Hirnströme (Synchronisation) für eine Zusammenarbeit von rhinalem Kortex und Hippokampus spricht. Werden zwar verschiedene Aspekte eines Sinneseindruckes in unterschiedlichen Hirnregionen verarbeitet, erfolgt eine Zusammenfügung im rhinalen Kortex. Im Zusammenspiel mit dem Hippokampus gelangt die Information ins Gedächtnis. Die Ergebnisse bezeichnet der Hirnforscher Anthony Wagner vom Massachusetts Institute of Technology (M.I.T.) als "Meilenstein" in der Gedächtnisforschung.