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Ausstattung der Chipkarte im Nationalrat umstritten
Sozialdemokraten für Neuwahlen
Wien (pk) - Die Sozialpolitik stand im Mittelpunkt der Sitzung des Nationalrats am letzten Sitzungstag dieser Woche. In der Debatte ging es um die 59. Novelle zum ASVG und die Novellierung analoger Gesetze ( GSVG, BSVG, B-KUVG, FSVG, NVG) sowie einem damit im Zusammenhang stehenden Antrag. Umstritten war vor allem die Ausstattung der bereits 1999 vom Parlament beschlossenen Chipkarte sowie die - in der Vorlage nicht enthaltene - Chipkartengebühr. Obwohl die Legislaturperiode gerade zur Hälfte abgelaufen ist, beantragt die Fraktion der Sozialdemokraten Neuwahlen. Vor Eingang in die Tagesordnung kündigte Präsident Fischer für 15 Uhr eine von den Grünen beantragte Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung 2781/AB betreffend Zivildienerzuweisung im Juni 2001 an.

Abgeordneter Dr. GUSENBAUER (S) erinnerte am Beginn seines Debattenbeitrags an das Versprechen Haupts, "Kleingroschen-Selbstbehalte" wie die Krankenscheingebühr, abschaffen zu wollen. Dem gegenüber enthalte der vorliegende Gesetzentwurf nichts über Gebührenfreiheit, denn die Regierung habe sich bis heute nicht einigen können, wie die Chipkarte finanziert und organisiert werden soll. Gusenbauer verlieh seiner Ablehnung der Chipkarte deutlich Ausdruck, da er dahinter die Einführung einer Überwachungskarte für die BürgerInnen vermutet.
Scharf rechnete der SPÖ-Klubobmann mit der Sozialpolitik im allgemeinen ab und kritisierte, dass für die ASVG-Pensionen nicht einmal eine Inflationsabgeltung vorgesehen sei, während man vor kurzem für 55jährige BeamtInnen ein Vorruhestandsmodell mit 80 % des Letztbezuges vorgesehen habe. Im Hauptverband habe man eine radikale Personaländerung vorgenommen und erfahrene Leute durch regierungsgenehme ersetzt. Von diesen habe er noch keinen relevanten Vorschlag vernommen, wie die Finanzlücken der Sozialversicherungen geschlossen werden könnten. Mit einer solchen Politik, so Gusenbauer, werde das Gesundheitssystem aufs Spiel gesetzt.
Der Redner thematisierte auch den Heizkostenzuschuss, für den im Vorjahr 600 Mill. S vorgesehen waren, von dem jedoch nur 118 Mill. S ausgeschüttet wurden. Die Volksanwaltschaft habe daher auch die Vorgangsweise in ihrem Bericht angeprangert, und man könne nur von einem "blanken sozialen Zynismus" sprechen, wenn die Regierung argumentiert, dieser Heizkostenzuschuss sei ein Vorzieheffekt für die Pensionserhöhung gewesen. Damit so etwas nicht wieder passiert, kündigte Gusenbauer einen entsprechenden SPÖ-Antrag an.
Für die steigende Arbeitslosigkeit trotz guter Exportraten und Aktivitäten der Wirtschaft sieht Gusenbauer ebenfalls die Schuld bei der Regierung, da der Finanzminister den Topf des AMS "missbräuchlich" für das Budget ausgeräumt habe und jetzt kein Geld mehr für eine aktive Arbeitsmarktpolitik vorhanden sei.
Die Regierung operiere seiner Meinung nach in dieser wirtschaftlichen Situation nach dem Prinzip der "tauben Ohren", und eine solche Untätigkeit könne man nur als Verantwortungslosigkeit bezeichnen. Gusenbauer kündigte daher einen Antrag auf Neuwahlen an, da die gegenwärtige Bundesregierung ihre wirtschafts- und sozialpolitischen Aufgaben in keiner Weise erfülle und die Bevölkerung mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote belaste. Neuwahlen sollen Österreich von der blau-schwarzen Regierung erlösen, meinte Gusenbauer abschließend.

Abgeordneter GAUGG (F) umschrieb die Wortmeldung seines Vorredners als eine "Kraut- und Rüben-Diskussion quer durch den Gemüsegarten". Die Devise der SPÖ sei lediglich Schulden, Schulden und Schulden, er könne daher nur die Politik bis 2000 als verantwortungslos bezeichnen. Die SPÖ erweise sich nicht als eine Oppositionspartei, sondern als eine "Destruktionspartei", welche die sozialen Leistungen, wie das Kindergeld oder die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten von Arbeitern und Angestellten, nicht anerkenne. Gaugg artikulierte auch massive Vorwürfe an die SPÖ-Funktionäre im Hauptverband, die ihm zufolge dort nur parteipolitisch tätig seien, sich zurücklehnten und den Misserfolg herbeisehnten.
Der F-Mandatar widersprach Gusenbauer heftig, dass die Chipkarte eine Überwachungskarte sei. Vielmehr sei die Chipkarte als eine Gesundheitskarte konzipiert. Im Gegensatz zu der von der Opposition vorgebrachten Kritik wollten die Versicherten ihre Notfallsdaten auf der Karte gespeichert haben. Sie werde uns die nächsten Wochen deshalb weiter beschäftigen, da man mit der Einführung auch eine Kostenreduktion verbinden möchte.
Am Ende seiner Ausführungen sprach sich Gaugg für einen Fixbetrag im Rahmen der Pensionserhöhungen aus und würdigte die sozialpartnerschaftliche Einigung zur Abfertigung Neu.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) begrüßte es, über Neuwahlen angesichts des Chaos innerhalb der Regierung zu diskutieren. Er ging näher auf die Gesetzesvorlagen ein und gab zu, dass er die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten grundsätzlich für eine richtige Sache halte. Skeptisch zeigte er sich jedoch hinsichtlich der versprochenen Einsparungseffekte, da sogar das Finanzministerium in der Begutachtung weder Kostenneutralität noch Kostenreduzierung erkennen konnte. Nicht einverstanden erklärte sich Öllinger jedoch mit den neuen Bestimmungen zur Informations- und Aufklärungspflicht des Hauptverbandes, da er darin einen "Maulkorb- und Zensurparagraf" ortet. Wenn alle Informationen bis zu 48 Stunden beim Minister aufliegen müssten, dann würden Grundrechte angesprochen, dann würde die Regierung die aktive und passive Informations- und Meinungsfreiheit beschränken. In diesem Sinne habe sich auch der Verfassungsdienst geäußert, weshalb Öllinger einen Abänderungsantrag auf Streichung des betreffenden Paragrafen einbrachte.
Der Redner widmete sich in der Folge den Bestimmungen zur Chipkarte und wandte sich vehement gegen eine multifunktionale Schlüsselkarte. Er stellte dabei den Zusammenhang mit dem gestern beschlossenen Bildungsdokumentationsgesetz her und meinte, dass die Sozialversicherungskarte mit dem heutigen Tag zum Projekt der Bürgerkarte mutiert sei, womit dem Einstieg in den "Schnüffelstaat" Tür und Tor geöffnet sei. Hier würden Grund-, Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen getreten, rief Öllinger den Regierungsfraktionen zu. Die ÖsterreicherInnen wollten nicht, dass beispielsweise die ArbeitgeberInnen Informationen über sensible Daten erhielten, meinte der grüne Sozialsprecher und trat für die Rückverweisung des gesamten Gesetzespakets an den Ausschuss ein.

Abgeordneter Dr. FEURSTEIN (V) bezichtigte Öllinger, die Unwahrheit gesagt zu haben, da es keine derartige negative Stellungnahme des Verfassungsdienstes gebe, und sogar der Vorsitzende des Datenschutzrates sehe den Schutz der Privatsphäre gegenüber dem derzeitigen Zustand verbessert. Die Chipkarte bringe einen Versicherungsschutz für jeden, der die Karte besitzt, und die 40 Mill. Krankenscheine pro Jahr würden obsolet. Feurstein widersprach Öllinger auch heftig darin, dass der Arbeitgeber Zugang zu den Daten hätte, dies habe nur der behandelnde Arzt. Auf die 800 Mill. S, die die Krankenscheingebühr eingebracht habe, könne die Krankenversicherung jedoch nicht verzichten, stellte der Redner fest.
Abgeordnetem Gusenbauer gegenüber argumentierte er, dass man zum jetzigen Zeitpunkt nicht beim Nulldefizit angelangt wäre, sondern ein Defizit von 100 Mill. S hätte, wären die Vorgaben der SPÖ vom Beginn des Jahres 2000 umgesetzt worden. Es habe auch schon lange nicht eine so niedrige Arbeitslosenrate bei älteren ArbeitnehmerInnen und Langzeitarbeitslosen wie 2001 gegeben, weshalb die Arbeitsmarktpolitik nicht schlecht sein könne. Auch in der Sozialversicherung habe Minister Haupt wesentliche Schritte zur Sanierung der Krankenkassen gesetzt, dass hier noch viel zu tun sei, sei aber nicht zu leugnen. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass dies mit der neuen Führung gelingen werde, denn der ehemalige Präsident Sallmutter habe in keiner Weise konstruktiv zur Sanierung beigetragen. Die gleiche Kritik richtete Feurstein auch an den Präsidenten der Wiener Gebietskrankenkasse Bittner. Dieser möge vor seiner eigenen Tür kehren und hinterfragen, warum die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse viel besser wirtschaftet.
Die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten für Arbeiter und für Angestellte zu einer einheitlichen Anstalt für unselbständig Erwerbstätige bezeichnete Feurstein als einen weiteren entscheidenden Schritt zur Gleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten. Es werde neun Landesstellen geben, wodurch die Versichertennähe gewährleistet werde, die unterschiedliche Vollziehung des ASVG werde damit abgestellt und darüber hinaus bringe die Reform auch eine Verwaltungsvereinfachung, sagte Feurstein.

In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordneter ÖLLINGER (G) in Richtung des Abgeordneten Dr. Feurstein darauf hin, dass sehr wohl eine Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes vom 16. 11. vorliegt.

In einer weiteren tatsächlichen Berichtigung erklärte Abgeordneter Mag. MAIER (S), es sei nicht richtig, dass der Datenschutzrat keine Bedenken angemeldet hat. Vielmehr wurde die Speicherung von Gesundheitsdaten auf der Chipkarte vom Datenschutzrat als problematisch angesehen, zeigte Maier auf.

Bundesminister Mag. HAUPT machte darauf aufmerksam, dass die Chipkarte bereits am 16. Juli 1999 mit der 56. ASVG-Novelle beschlossen wurde. Bei der 59. ASVG-Novelle gehe nun lediglich um die freiwillige Datenspeicherung auf der Chipkarte, erläuterte er. Gerade auch aus persönlicher Sicht könne er die
Speicherung von bestimmten Gesundheitsdaten nur begrüßen, denn sollte er einmal bewusstlos ins Spital eingeliefert werden, sei es von großer Bedeutung, dass das Krankenhauspersonal über seine ansteckende Krankheit informiert ist. Überdies gebe es derzeit eine Reihe von Ausweisen und Karten, deren Daten nun auf einer Karte zusammengefasst werden und auf die man rasch zugreifen könne. Er sei überzeugt davon, dass Menschen, die z.B. unter Allergien, Zuckerkrankheit, Medikamentenunverträglichkeit oder sonstigen Stoffwechselstörungen leiden, daran interessiert sind, im Notfall die bestmögliche Versorgung zu erhalten.
Haupt zeigte sich auch erfreut darüber, dass beim Hearing im Sozialausschuss der Vorsitzende des Datenschutzrates und der Verfassungsrechtler Univ.-Prof. Dr. Haller der Speicherung von Notfallsdaten sehr positiv gegenüber gestanden sind. In der Diskussion sei zudem klar zu Tage getreten, dass die Einwendungen des Datenschutzrates im Hinblick auf die hochsensiblen Gesundheitsdaten in der Vorlage berücksichtigt wurden. Auch die Anregungen des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes sind in die Erläuterungen eingeflossen, stellte der Minister fest.
Was die Informationspflicht der Sozialversicherungsträger betrifft, so musste er leider feststellen, dass sich die Datenübermittlung in den letzten Jahren verschlechtert hat. Dies sei sehr bedauerlich, denn der Steuerzahler habe das Recht, von den Trägern schnell, umfassend und genau informiert zu werden.
Durch die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten und die Einrichtung der Anlauf- und Servicestellen komme es zu mehr Bürgernahe, gab sich Haupt überzeugt, außerdem könne von einem Einsparungspotential in der Höhe von 440 bis 450 Mill. S ausgegangen werden. Wenn man das auf die aktuelle Zahl der Pensionisten umlegt, dann würde jeder einzelne 225 S mehr an Pension erhalten.
In Richtung des Abgeordneten Gusenbauer merkte Haupt an, dass keiner erfreut sei, dass die Arbeitslosenzahlen steigen. Eine Panikmache sei jedoch absolut unangebracht, da man 2001 mit 5, 85 % rechne, währenddessen in den Jahren 1999 und 1998 die Prozentsätze bei 6,7 % bzw. 7,2 % lagen. Was die Defizite bei den Krankenkassen angeht, so denken wir nicht daran, die Beiträge in einer Nacht- und Nebelaktion zu erhöhen, sondern wir wollen die Einsparungspotentiale lukrieren, um das gute österreichische System abzusichern, unterstrich der Ressortchef.

Abgeordneter Dr. CAP (S) zeigte sich besorgt darüber, dass alle relevanten österreichischen Wirtschaftsdaten unter dem EU-Durchschnitt liegen. Zudem sind wir bereits Schlusslicht, was die Schaffung neuer Arbeitsplätze anbelangt, gab der Redner zu bedenken. Die Regierung beschränke sich jedoch nur aufs Jammern und lege keine Reformvorschläge vor. Kritisch betrachte Cap auch die Entwicklungen in der Gesundheitspolitik, denn wenn so weitergemacht werde, dann gebe es bald eine Mehrklassenmedizin wie in Großbritannien.
Die Bundesregierung schröpfe die Bürger, wo es nur geht, und betreibe eine herzlose, unsoziale und undemokratische Politik. Ein Beispiel dafür sei etwa, dass den Pensionisten zum zweiten Mal eine Anpassung an die Inflationsrate verweigert werden soll. Es sei daher Zeit für einen Wechsel und die Bürger sollten befragt werden, ob sie diese Politik wirklich haben wollen, forderte er.

Die Zeit war tatsächlich reif für einen Wechsel, unterstrich Bundesminister Mag. HAUPT, denn die Österreicher mussten 30 Jahre darauf warten, dass keine neue Schulden mehr gemacht werden. Außerdem solle man nicht verschweigen, dass die gesamten Selbstbehalte, außer den Ambulanzgebühren, von Regierungen beschlossen wurden, die unter sozialdemokratischer Führung standen. Die Bürger sind daran interessiert, dass das Staatswesen saniert und eine nachhaltige Politik betrieben wird, um den Generationenkonflikt hintanzuhalten, war Haupt überzeugt.

Abgeordnete HALLER (F) warf dem Klubobmann der SPÖ eine äußerst unseriöse Darstellung der Fakten vor. Sie erinnerte daran, dass es die früheren Regierungen waren, die Selbstbehalte wie Rezeptgebühr, Krankenscheingebühr, Kostenbeteiligungen bei Heilbehelfen und Zahnersatz etc. eingeführt haben.

Sodann kam sie auf die 59. ASVG-Novelle zu sprechen, die zwei große Fortschritte bringe, und zwar einerseits die definitive Einführung der Chipkarte und andererseits den ersten Schritt in Richtung Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten. Ihrer Auffassung nach werde durch die Chipkarte sogar der Datenschutz verbessert, denn bisher habe es der Arbeitgeber sehr wohl gewusst, wann der Arbeitnehmer zum Arzt gehen musste. Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass Bürger selbst entscheiden kann, welche Daten auf der Karte gespeichert werden. Mit der Zusammenlegung der beiden größten Pensionsversicherungsanstalten werde einem langjährigen freiheitlichen Wunsch entsprochen, erklärte Haller. In Zukunft werde es neun Landesstellen geben, die als so genannte front-offices für den Bürger fungieren, und nur mehr eine Zentralstelle.

Es werde kaum jemanden geben, der das System der Krankenscheine, das ein wenig an die theresianische Kanzleiordnung erinnert, in dieser Form aufrecht erhalten will, meinte Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G). Unbestritten sei auch, dass die Einführung einer - geeigneten - Chipkarte einen Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung leisten kann. Was sich jedoch im Vorfeld abgespielt hat, könne man nur als äußerst unprofessionelle Vorgangsweise bezeichnen, kritisierte er.
Zur Chipkarten-Gebühr merkte Grünewald ein, die Kassen bräuchten über kurz oder lang mehr Einnahmen. Mit der Chipkarte würden den Kassen aber neue Leistungen "aufgebürdet", die zusätzliche Kosten verursachen. Wenn man davon ausgehe, dass jeder dritte Versicherte die in Aussicht gestellten Gratisimpfungen in Anspruch nehme, würde das einen Mehraufwand für die Kassen bedeuten, der 25 % über den postulierten Einnahmen durch die Chipkarten-Gebühr liege, rechnete er vor. Ihm zufolge steckt hinter allgemeinen Gratisimpfungen außerdem keine Gesundheitspolitik, viel besser hielte er es, sich zu überlegen, welche Impfungen für welche Bevölkerungsgruppen sinnvoll seien.
Weiters forderte Grünewald, die Notfalldaten nicht auf der Chipkarte zu speichern, sondern eine zweite Karte dafür zu entwickeln. Nur dadurch sei gewährleistet, dass sensible Daten vom Arbeitgeber ferngehalten werden können. Um seine Forderung zu untermauern, brachte der Abgeordnete einen Entschließungsantrag der Grünen ein, der auf die Schaffung einer von der Sozialversicherungs-Chipkarte unabhängigen Chipkarte für Notfalldaten abzielt.

In einer tatsächlichen Berichtigung widersprach Abgeordneter Dr. RASINGER (V) der Aussage von Abgeordnetem Grünewald, Gratisimpfungen würden zusätzliche Kosten für die Kassen verursachen. Er wies auf eine neue amerikanische Studie hin, wonach Grippeimpfungen hohe Einsparungen zur Folge hätten, weil weniger Antibiotika benötigt würden, die Arztbesuche zurückgingen und es weniger Krankenstände gebe.
   
Abgeordnete STEIBL (V) verteidigte die Chipkarte in der vorgesehenen Form und betonte, dass es keine negative Stellungnahme des Verfassungsdienstes zur nun vorgeschlagenen Regelung gebe. Auch der Datenschutzrat habe keine Einwände.
Die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten für Angestellte und Arbeiter wurde von Steibl als weiterer wichtiger Schritt zur Gleichstellung dieser beiden Gruppen begrüßt. Die Zusammenlegung bringt ihr zufolge außerdem mehr Bürgernähe und verwaltungstechnische Vereinfachungen, weiters würden die Außenstellen auf neun ausgeweitet. Ein von Steibl eingebrachter Abänderungsantrag zur 59. ASVG-Novelle enthält insbesondere Präzisierungen und eine mit den Betroffenen abgestimmte Verkleinerung der Gremien in der Pensionsversicherungsanstalt.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) hielt in einer tatsächlichen Berichtigung fest, dass die Bedenken des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes gegen die Chipkarte auch durch die am Gesetzentwurf vorgenommenen Änderungen nicht ausgeräumt seien.

Abgeordnete SILHAVY (S) warf der Koalition vor, mit den vorliegenden Gesetzesvorlagen die Zensur einzuführen, den Weg für einen Überwachungsstaat zu bereiten und den Sozialstaat bewusst und vorsätzlich in den Ruin zu treiben. Ihrer Ansicht nach hat die nunmehr vorgesehene Form der Chipkarte überhaupt nichts mehr mit dem ursprünglichen Chipkarten-Beschluss zu tun. Nunmehr stehe nicht mehr ein leichterer Zugang des Bürgers zur Verwaltung im Mittelpunkt, vielmehr würden Vorbereitungen getroffen, um die Bevölkerung zu überwachen. Weiters kritisierte die Abgeordnete, dass den Vertretern der Versichertengemeinschaft "das Wort verboten" und das Nulldefizit auf Kosten der Krankenkassen erreicht werde.
In einem von Silhavy vorgelegten Entschließungsantrag fordert die SPÖ die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Bauern und der Gewerbetreibenden.

Abgeordneter DOLINSCHEK (F) begrüßte die Einführung der Chipkarte und unterstrich, es sei wichtig, dass die "Zettelwirtschaft" aus den Betrieben wegkomme und Krankenschein und Krankenscheingebühr abgelöst würden. Lieber wäre es ihm, wenn es keine Chipkarten-Gebühr gebe, sagte er, komme man ohne eine solche aber nicht aus, werde man sie beim Arzt oder über die Sozialversicherungsanstalten einheben müssen. Hinsichtlich der Identitätsfeststellung würde der Abgeordnete einen Fingerprint gegenüber einer Identifikationszahl bevorzugen.
Die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten von Arbeitern und Angestellten wertete Dolinschek als Schritt in die richtige Richtung. Er erwartet sich Einsparungen beim Verwaltungsaufwand im Ausmaß von 10 %.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) sprach sich gegen eine Verknüpfung der Sozialversicherungsdaten mit den Daten des Zentralen Melderegisters aus, da sie die große Gefahr sieht, dass damit der gläserne Mensch geschaffen werde. Ebenso wandte sie sich gegen die Aufnahme von Notfalldaten auf die Chipkarte und begründete dies damit, dass nicht immer zwischen Notfall- und Gesundheitsdaten unterschieden werden könne. Durch die mögliche Vernetzung mit den Daten des Zentralen Melderegisters sei aber nicht auszuschließen, dass der Dienstgeber an diese Daten herankomme. Um den Datenschutz zu verbessern, brachte Haidlmayr einen Abänderungsantrag zur 59. ASVG-Novelle ein.

Abgeordneter DONABAUER (V) meinte, er könne damit leben, dass Schreiben der Sozialversicherungsanstalten an die Versicherten künftig dem Minister vorzulegen seien. Unverständnis äußerte er für die Kritik der SPÖ an der Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Arbeiter und der Angestellten. Er gab zu bedenken, dass es sich hierbei um ein "Uraltprojekt" der SPÖ handle. Eine Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Bauern und der Gewerbetreibenden hat für ihn nur dann Sinn, wenn dadurch Synergieeffekte erzielt werden könnten und die Effizienz steige. In der 59. ASVG-Novelle sieht Donabauer viele positive Elemente verankert.

Abgeordneter DIETACHMAYR (S) anerkannte, dass die Gesetze den Zeiten angepasst werden müssten, warnte aber davor, dies zu Paragraphen zu nutzen, die demokratiepolitisch bedenklich sein könnten, was hier für den Paragraphen 43 gelten könnte. Dieser "Maulkorberlass" sei verfassungsrechtlich überaus fragwürdig und kontraproduktiv. Kritik übte der Redner auch an der geplanten Pensionsanpassung. Die Pensionisten, die ohnehin schon genug Belastungen ausgesetzt gewesen seien, sollten nicht nochmals in ihrem Einkommen eingeschränkt werden, mahnte Dietachmayr und brachte einen Entschließungsantrag betreffend Valorisierung der Inflationsrate bei den Pensionen ein.

Abgeordnete Mag. HARTINGER (F) kritisierte die Gesundheitspolitik der Sozialdemokraten als mangelhaft, welche die Sanierung durch die neue Regierung erst erforderlich gemacht habe. Überdies ergehe sich die SPÖ in einer Verhinderungstaktik und behindere so eine Politik für den Bürger. Die gegenständliche ASVG-Novelle sei aber ein wichtiger Schritt hin zu einer Verbesserung auf dem Gesundheitssektor. Die Rednerin brachte einen Abänderungsantrag mit Details zum Überleitungsausschuss ein.

Abgeordnete Dr. MERTEL (S) zog eine ernüchternde Bilanz der bisherigen Gesundheitspolitik durch die F. Diese beschränke sich auf "Schröpfen der Schwerkranken" und evoziere eine Zweiklassenmedizin. Überdies sei es kritikwürdig, dass nun doch Gebühren kommen dürften, wiewohl es lange geheißen habe, diese würden nicht eingeführt. Im übrigen seien die damit in Zusammenhang stehenden Pläne verfassungsrechtlich bedenklich, merkte Mertel an.

Abgeordnete GATTERER (V) wies die Kritik der SPÖ als letztlich substanzlos zurück, ihre Gegenanträge seien nicht neu, ebenso wenig ihre Kritik an der Chipkarte. Die ÖVP vertrete die Ansicht, der Bürger solle selbst entscheiden dürfen, welche Daten auf dieser Karte gespeichert werden sollen. Im übrigen biete die Chipkarte einen Vorteil gegenüber dem Abholen eines Krankenscheins, halte sie doch Spekulationen a priori hintan. Schliesslich verwies Gatterer noch darauf, dass Österreich beschäftigungspolitisch innerhalb der EU hinter den Niederlanden, Luxemburg und Irland an der 4. Stelle stehe, wie auch bei anderen Indikatoren seit 2000 eine deutliche Verbesserung erzielt werden konnte.

Abgeordneter LACKNER (S) konstatierte, es sei in dieser Republik deutlich kälter geworden, was der verfehlten Gesundheits- und Sozialpolitik dieser Regierung geschuldet sei. Ausschließlich der Fetisch Nulldefizit sei Grundlage des Agierens dieser Regierung, und die Auswirkungen seien offenkundig. Auch im Hauptverband werde man von der Solidarität abgehen und eine Zweiklassenmedizin evozieren. Letztlich sollte der Weg frei gemacht werden, die Bevölkerung zwischen den beiden Konzepten von Regierung einerseits und Opposition andererseits entscheiden zu lassen.

Abgeordneter BRUGGER (F) erläuterte den Hintergrund der in Rede stehenden Vorlagen und zeigte sich zufrieden mit den geplanten Reformen im Bereich der Pensionsversicherung, die ihm sinnvoll und richtungweisend erscheine. Auch die Chipkarte sei eine grosse Errungenschaft, wie generell zahlreiche Vereinfachungen in der Verwaltung erzielt würden, was zu begrüßen sei.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) attestierte der Regierung Uneinigkeit in bezug auf den Kurs in der Gesundheitspolitik, was sich negativ auf die Bevölkerung auswirken werde. Den von ihr geplanten Maßnahmen der Regierung erteile die SPÖ eine klare Absage, wie auch die Wiener Bevölkerung dieser Regierung bereits eine Absage erteilt habe. Lapp brachte einen Entschließungsantrag ein, wonach sozial Bedürftigen ein Heizkostenzuschuss in der Höhe von 109 Euro für das Jahr 2001 sowie je 36,34 Euro pro Monat bis April 2002 angewiesen werden solle.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) begrüßte die Zusammenlegung der beiden Sozialversicherungsträger sowie die Einführung der Chipkarte als sinnvolle Maßnahmen. Die Besorgnis der Opposition könne er nicht teilen, meinte der Redner.

Abgeordneter HORNEGGER (F) verwies auf die positiven Effekte für die bäuerliche Bevölkerung, die durch die Politik der Regierung erzielt worden seien. Weiters sprach sich Hornegger dafür aus, über weitere Verwaltungsvereinfachungen nachzudenken, ehe man Leistungskürzungen oder Belastungen in Betracht ziehe.

Abgeordneter Mag. TANCSITS (V) sprach sich für die Informationspflicht aus, die eine Möglichkeit, Missbräuche zu verhindern, biete. Damit werde sichergestellt, dass die Patienten genau und richtig informiert würden. Schliesslich brachte Tancsits einen Abänderungsantrag bezüglich Zusatzbeträge bei Optionsmodellen ein.

Abgeordneter Dr. PUMBERGER (F) verteidigte die Reformen der Bundesregierung als vor dem Hintergrund der Politik der alten Regierung als notwendig. Der Redner wies die Kritik der Opposition zurück, die Einführung der Chipkarte werde zu keinem einzigen Schilling Mehrkosten für die Kunden führen, zeigte sich Pumberger überzeugt.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) plädierte dafür, die Pensionen nicht linear anzuheben, sondern vielmehr eine prozentuelle Erhöhung mit einem Fixbetrag zu kombinieren. Weiters erteilte Öllinger einer willkürlichen Zusammenlegung von Sozialversicherungsanstalten eine Absage. Vorstellbar wäre für ihn allerdings eine Zusammenlegung der Unfallversicherungsträger.

Abgeordnete Mag. PRAMMER (S) erinnerte die FPÖ an deren Forderung nach Abschaffung der Krankenscheingebühr und stellte fest, sämtliche diesbezüglichen Wahlversprechen seien nun gebrochen worden.

Bei der Abstimmung wurde zunächst der Rückverweisungsantrag abgelehnt. Die ASVG-Novelle und Novellen zum GSVG, zum BSVG, zum B-KUVG, zum NVG sowie die Änderung des Bauernsozialversicherungsgesetzes wurden jeweils in Dritter Lesung mit den Stimmen von FPÖ und ÖVP angenommen. Die Abänderungsanträge der SPÖ und der Grünen fanden keine Mehrheit. Einstimmigkeit herrschte über die FSVG-Novelle.

Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend eine eigene Karte mit Notfallsdaten wurde abgelehnt. Keine Mehrheit fanden auch Entschließungsanträge der SPÖ betreffend Anpassung der Pensionen zumindest mit der Inflationsrate, Heizkostenzuschuss bzw. Zusammenlegung der Pensionsversicherungsanstalten der Bauern und des Gewerbes