"eine Nacht und ein Tag" im Jüdischen Museum 
Wien (rk) - "eine Nacht und ein Tag", insgesamt rund 24 Stunden währte der Novemberpogrom am 9. und 10 November 1938: allein in Wien wurden in diesem Zeitraum 42 Synagogen zerstört, 4000 Geschäfte jüdischer Inhaber geplündert und gesperrt, tausende Wohnungen beschlagnahmt und 6547 Juden inhaftiert, von denen 3700 ins Konzentrationslager Dachau verschickte wurden. Das Datum markiert den Auftakt zur Shoa und damit auch den Anfang vom Ende des jüdischen Wien, seiner stadthistorischen und geistesgeschichtlichen Bedeutung. Das Jüdische Museum erinnert an die Ereignisse dieser 24 Stunden mit einer Installation, einer schlichten Chronologie des Schreckens, illustriert nur durch zerstörte Kultgegenstände als Überreste des jüdischen Lebens der Stadt.

Die Ausstellung im Jüdischen Museum ist vom 10. bis 28. November zu sehen, sie ist Teil der Jüdischen Kulturwochen, die noch bis 5. Dezember Konzerte, Lesungen und Buchpräsentationen im Jüdischen Museum bringen.

Für die Nationalsozialisten willkommener Auslöser für den Pogrom war das Attentat auf den Dritten Sekretär der Deutschen Botschaft in Paris, Ernst von Rath durch den 17-jährigen Herschel Grynspan. Grynspan handelte aus Verzweiflung darüber, dass seine Eltern von der Gestapo aus Deutschland ausgewiesen und an die polnische Grenze gestellt worden waren. Goebbels nützte den Anlass, um innerhalb weniger Stunden in Deutschland und in Österreich den Novemberpogrom zu inszenieren, der unter der Bezeichnung "Reichskristallnacht" in die Geschichte einging. Im Jüdischen Museum werden die Ereignisse des 9. und 10. November 1938 mit einer Zeitlinie verdeutlicht, die über eine Länge von 40 Metern führt und als Bruchleiste auch die historische Zäsur dieses Datums symbolisiert. Nachzulesen sind die bekannten Zeitpunkte der programmatischen Synagogenzerstörungen, der groß angelegten Geschäftsplünderungen und auch dabei gewaltsam oder durch Selbstmord ums Leben gekommener Menschen, wobei die meisten dieser Ereignisse nicht in der Nacht, sondern am Tag stattfanden. Durch einen Sichtschlitz, eine Bruchleiste in der Wandgestaltung, sind auch die zerstörten Kultobjekte zu sehen, Zeugnisse einer fragmentierten Geschichte, die das Schicksal österreichisch-jüdischen Kulturguts und auch seiner Trägerschaft symbolisieren.

Das Jüdische Museum ist Sonntag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr und an Donnerstagen von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Eintritt 5 Euro/ermäßigt 2,90 Euro. Schulklassen in Begleitung eines Lehrers haben freien Eintritt und kostenlose Führung.
Auskünfte: http://www.jmw.at/