Thema Nationalratswahl – 08. November 2002

 Budgetpolitik
 Finanzminister hält an Defizitziel von 1,3 Prozent für 2002 fest
Schwache Konjunktur bereits berücksichtigt
Wien (bmf) - Nicht nachvollziehbar sind die gestern geäußerten Spekulationen über eine Erhöhung des Budgetdefizits im heurigen Jahr für Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Das Finanzministerium sei ursprünglich von einem Nulldefizit auch für 2002 ausgegangen, habe allerdings dieses Ziel unter dem Eindruck der rückläufigen weltwirtschaftlichen Entwicklung und der Hochwasserkatastrophe in weiten Teilen Österreichs revidiert: So werde der Staatshaushalt 2002 durch den flachen Konjunkturverlauf mit 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, durch die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Flut um weitere 0,4 Prozent des BIP belastet. "Selbstverständlich halten wir an der Vorgabe eines ausgeglichenen Haushalts über den Konjunkturzyklus hinweg fest. Wir sind aber im Rahmen der stabilitätsorientierten Finanzpolitik dieser Bundesregierung vom Ziel des Nulldefizits im heurigen Jahr abgegangen: Einerseits, um konjunkturell nach Maßgabe unserer Möglichkeiten gegensteuern und die automatischen Stabilisatoren ihre volle Wirkung entfalten zu lassen. Andererseits, um die Folgen des Hochwassers - für Privatpersonen, betroffene Unternehmen und die Infrastruktur - so weit wie möglich abfedern zu können. Gesamtstaatlich wird Österreich daher heuer ein Defizit von 1,3 Prozent des BIP erreichen. Dabei bleibt es", erklärte Grasser.
Der von Wirtschaftsexperten angeführte Rückgang der Steuereinnahmen bis August sei auf die steuerlichen Begleitmaßnahmen der Hochwasserhilfe der Bundesregierung zurückzuführen, die unter anderem auch einen Aufschub der Fälligkeit von Steuerzahlungen beinhaltet habe. Dadurch sei allerdings lediglich eine Verschiebung der Steuereinnahmen eingetreten, wie durch ein entsprechendes Mehrergebnis im Herbst bestätigt werde. Auf das Gesamtsteueraufkommen habe diese Zeitdifferenz keine Auswirkungen und werde daher auch das Budgetdefizit nicht zusätzlich beeinflussen, unterstrich Grasser.
Darüber hinaus erinnerte Grasser an die noch Ende September 2001 veröffentlichten Prognosen der Wirtschaftsforscher, die für 2001 ein Defizit von rund 0,7 Prozent des BIP vorhergesagt hätten. Tatsächlich sei allerdings ein Budgetüberschuss von 0,2 Prozent des BIP eingetreten. Grasser: "Da hat man sich also um fast ein Prozent des BIP verschätzt. Eine gewisse Vorsicht scheint angebracht, wenn die Experten von außen es immer besser wissen wollen als die Experten von innen, nämlich im Finanzministerium."
   
 Budgetdefizit wird aller Voraussicht 1,5% des BIP nicht überschreiten
WIFO-Chef Helmut Kramer zur Entwicklung des Staatshaushalts und zur Diskussion über sein Defizit
Wien (wifo) - Das voraussichtliche Budgetdefizit des Staates im laufenden Jahr wird aller Voraussicht nach die Größenordnung von 1,5% des BIP nicht überschreiten. Die jüngst geäußerten Befürchtungen, es könnte einen Bereich zwischen 1,5% und 2,0% erreichen, stützten sich u. a. auf die Entwicklung der Steuereinnahmen bis August/September, so Kramer am Donnerstag (07. 11.). Nun sind Daten über den Abgabenerfolg im Oktober verfügbar geworden. Diese lassen starke Verlagerungen von Abgaben in den Oktober erkennen (Steuern konnten ohne Säumniszuschläge und Verzugszinsen bis 30. September entrichtet werden, wurden jedoch erst im Oktober kassenwirksam) und gestatten die Annahme, dass die im Finanzministerium angestellten Schätzungen des Jahreserfolgs zutreffen dürften.
   
 Defizit-Revision von WIFO-Kramer: Edlinger glaubt an "politischen Druck"
Wien (sk) - "Vor zwei Tagen hat der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes Kramer ein gesamtstaatliches Budgetdefizit von bis zu zwei Prozent für das heurige Jahr prognostiziert. In der Folge regten sich der Finanzminister und sein Staatssekretär, die für die Förderung des Institutes mitverantwortlich sind, heftig auf. Und am drauffolgenden Tag korrigiert das WIFO diese Prognose nach unten. Das sieht für mich sehr danach aus, als ob politischer Druck im Spiel war. Denn die wissenschaftliche Redlichkeit des WIFO-Chefs steht für mich außer Zweifel", erklärte SPÖ-Budgetsprecher Rudolf Edlinger zur überraschenden Defizit-Revision des WIFO am Donnerstag (07. 11.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.
"Es ist nicht das erste Mal, dass Prognosen und Expertisen des WIFO nicht in die heile Welt dieser Regierung passten. Schon in der Vergangenheit wurde nach missliebigen Prognosen etwa über die Wirtschaftsentwicklung sogar mit Auflösung und Zusammenlegung von Instituten gedroht", erinnert Edlinger.
Die offizielle WIFO-Begründung, wonach die Oktober-Steuereinnahmen besser wären und diese Revision erlaubten, hält Edlinger für "wenig glaubwürdig". "Dass aufgrund besserer Oktober-Einnahmen das Defizit heuer gleich um 0,5 Prozent - also rund 1,1 Milliarden Euro bzw. 15 Milliarden Schilling - geringer ausfallen soll, ist ziemlich unwahrscheinlich. Und wenn das zutreffen würde, müsste die Regierung ja auch die Prognosen über die Steuerquote nach oben revidieren. Aber nach den Wahlen wird ohnehin die wahre Budgetsituation ans Tageslicht kommen. Dann ist für diese Regierung Schluss mit dem Verschleiern ihrer Fehlleistungen", so Edlinger.
   
 Prinzhorn: Nur FPÖ garantiert Wendedividende für die Österreicher
Vorschläge der FPÖ in Sachen Bürokratieabbau und Steuerreform
Wien (fpd) - "Die Bilanz der FPÖ nach zweieinhalb Jahren Regierungsbeteiligung ist um einiges besser, als sie von manchen dargestellt wird. Und wir haben auch immer gesagt, daß in einer Legislaturperiode der Reformstau nicht aufgearbeitet werden kann", zog der Vizeparteiobmann und Wirtschaftssprecher der FPÖ, Thomas Prinzhorn, am Donnerstag (07. 11.) bei einer Pressekonferenz Bilanz.
Durch die Verwaltungsreform habe die FPÖ mehr als eine Milliarde Euro eingespart, mehr als jede Regierung vorher zustande gebracht habe. Dies sei auch von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler bestätigt worden, sagte Prinzhorn. Und das, obwohl die Länder sich nicht der Reform angeschlossen hätten und eigene Wege gegangen seien, wovon manche in einem wirtschaftlichen Desaster geendet hätten.
Als Beispiele führte Prinzhorn Wien und Niederösterreich an. Die Gemeinde Wien habe sich nach der Übernahme der Bank Austria an die Münchner HBV sich mit ihrem Anteil an der HBV beteiligt, und so in einem Jahr 1,3 Milliarden Euro an Wertverlust eingefahren. Detto Niederösterreich, das seine Forderungen aus der Wohnbauförderung verkauft und mit dem Erlös dann als Börsespekulant böse auf die Nase gefallen sei. Hier betrage der Verlust rund 180 Millionen Euro.
"Ich habe die Wiener vor der Beteiligung gewarnt, sie sollten damit lieber ihre Schulden zurückzahlen und so die Wiener Steuerzahler entlasten, als mit Bankaktien zu spekulieren", prangerte Prinzhorn die Vernichtung von Volksvermögen im großkoalitionären Schulterschluß zwischen Wiens Bürgermeister Häupl und NÖ-Landeshauptmann Pröll an. Die FPÖ habe auf Bundesebene gezeigt wie man es besser macht. Die Kritik an der Abgabenquote wies Prinzhorn mit dem Verweis auf Finnland zurück. Auch dort habe die Budgetsanierung die Abgabenquote auf ein ähnlich hohes Niveau wie Österreich gedrückt. Bevor die FPÖ die "Wendedividende" über die Steuerreform für die Bürger bereitstellen konnte, habe die ÖVP die Koalition aufgekündigt. "Und jetzt geht die ÖVP mit einer Steuerreform, die sie zuvor abgelehnt hat, selbst bei den Wählern hausieren, mit dem einzigen Unterschied, daß sie erst 2004 kommen sollte", sagte der FPÖ-Vizeparteiobmann.
Was die ÖVP mit einem Jahr Abwarten besser machen könnte, wisse er nicht. Prinzhorn bekräftigte die FPÖ-Forderung, wonach eine Steuerentlastung der kleinen und mittleren Einkommen schon im kommenden Jahr beginnen sollte, mit der Anhebung der Steuerfreigrenze auf 14.500 Euro. In weiteren Schritten sollte die Abgabenquote dann bis 2010 auf unter 40 Prozent abgesenkt werden. Ziel sei dabei, die Besteuerung Faktors Arbeit auf das Niveau der Kapitalbesteuerung abzusenken. "Aber ja nicht den umgekehrten Weg, den die SPÖ proklamiert, und mit dem ihre Genossen in Deutschland jetzt Budgetpfusch betreiben. Mit dem Erfolg, daß die Unternehmen scharenweise das Weite suchen", erläuterte Prinzhorn.
Zur Gegenfinanzierung der Reform müßte das rot-schwarze Endlos-Projekt Bundesstaatsreform schleunigst angegangen werden. Prinzhorn begrüßte, daß jetzt auch die SPÖ auf seinen Vorschlag eines Reformkonvents" eingeschwenkt sei. Zugleich aber warnte er vor einer Verschleppung des Themas durch ÖVP und SPÖ. "Vor knapp zehn Jahren haben sie den Beschluß zu einer Bundesstaatsreform gefaßt. In Anbetracht des Tempos, daß die beiden dabei an den Tag gelegt haben, befürchte ich, daß bis zur Umsetzung noch einmal eine Dekade vergehen wird."
Man dürfe nicht weiter zuwarten, sondern unverzüglich damit beginnen, wenn Österreich als Standort attraktiv bleiben wolle. Zum Einen sei der Verwaltungsaufwand gegenüber den anderen EU-Ländern hierzulande um 40 Prozent höher, zum Anderen würden die Beitrittsländer mit einer absolut schlanken Staatsbürokratie in die EU drängen. "Wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt, um mit der Bundesstaatsreform zu beginnen. Und nur die FPÖ ist der Garant dafür, daß damit ernst gemacht wird", sagte Prinzhorn.
   
 Stummvoll: ÖVP für Steuerreform, die wir uns leisten können
Freiheitliche Vorschläge unrealistisch
Wien (övp-pk) - "Alle Experten bestätigen, dass eine wirkungsvolle Steuerreform im Jahr 2003 nicht möglich ist, wenn wir keine neuen Schulden machen wollen", sagte ÖVP-Finanzsprecher Abg. z. NR. Dr. Günter Stummvoll am Donnerstag (07. 11.) zu den Aussagen des freiheitlichen BPO-Stv. Thomas Prinzhorn. Bundeskanzler Schüssel und die ÖVP hätten der Hilfe für die Hochwasser-Geschädigten und dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, vor allem bei jungen Menschen, "absolute Priorität" eingeräumt, "und diese Maßnahmen müssen wir jetzt finanzieren", so Stummvoll, für den "eine Steuerreform auf Pump, für die die Menschen durch ein später folgendes Belastungspaket selbst bezahlen müssten", nicht infrage kommt.
Der Beschluss zur Verschiebung der Steuerreform sei in der Bundesregierung einstimmig gefasst worden, "also auch mit Unterstützung der freiheitlichen Regierungsfraktion. "Der Grund für die Neuwahlen sei daher nicht bei der Volkspartei zu suchen, "sondern wir wählen deshalb früher, weil durch die Rebellen in der Freiheitlichen Partei die Umsetzung des gemeinsamen Regierungsprogramms nicht mehr garantiert werden konnte", so Stummvoll, für den klar ist: "Wer eine gute und verlässliche Finanzpolitik will und eine schrittweise Steuersenkung ab dem Jahr 2004, die wir uns tatsächlich leisten können, ist bei der Volkspartei und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bestens aufgehoben".
   
 Cap: VP-FP-Wahlversprechen verursachen Defizit von 6 Prozent
"Schwarz-Blau hat mehr Schulden gemacht als zugegeben"
Wien (sk) - Der SPÖ-Parlamentsklub hat die Auswirkungen der Wahlversprechen von ÖVP und FPÖ auf das Budget berechnet. Der geschäftsführende Klubobmann Josef Cap hat das Ergebnis am Donnerstag (07. 11.) in einer Pressekonferenz präsentiert: Für den Fall einer Neuauflage von Schwarz-Blau sind demnach zusätzliche Ausgaben von 14 Milliarden Euro pro Jahr zu erwarten, das würde das Budgetdefizit auf sechs Prozent des BIP erhöhen. Die Kosten der Wahlversprechen der ÖVP belaufen sich auf neun Milliarden Euro pro Jahr, die der FPÖ auf elf Milliarden.
Cap betonte dabei, dass diese Zahlen auf vorsichtigen Schätzungen beruhen. Außerdem wies Cap darauf hin, dass einnahmenseitige Maßnahmen oder nennenswerte Ausgabeneinsparungen in den Wahlprogrammen von FPÖ und ÖVP nicht enthalten seien.
Die größten Brocken sind nach der Berechnung des SPÖ-Klubs die Steuerreformmodelle, mit rund neun Milliarden Euro Jahreskosten im Mittel der Legislaturperiode; ohne FPÖ-Flat-tax beliefen sich die Kosten immer noch auf vier Milliarden Euro pro Jahr, dazu kämen noch 800 Millionen Euro aus der versprochenen Absenkung der Steuer- und Abgabenquote. Weiters fallen zusätzliche Heeresausgaben und zusätzliche Ausgaben für die Landwirtschaft mit zusammen 1,55 Milliarden Euro ins Gewicht. Sonstige Wahlversprechen belaufen sich außerdem auf 3,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Brisanz bekomme diese Berechnung vor dem Hintergrund der aktuellen Kontroverse zwischen Finanzstaatssekretär Finz (ÖVP) und dem Chef des Wifo, Helmut Kramer, über die voraussichtliche Höhe des Defizits im laufenden Jahr. Das Wifo erwartet einen Wert zwischen 1,5 und zwei Prozent; Finz beteuert dagegen, dass 1,3 Prozent nicht überschritten würden. Cap: "Diese Kontroverse ist symptomatisch. Hier wird etwas verborgen. Offensichtlich haben sie mehr Schulden gemacht als zugegeben."
Cap forderte auch Finanzminister Grasser auf, sich dazu zu äußern und seine Jobsuche dafür zu unterbrechen. Insgesamt macht Cap die Untätigkeit der Regierung für "hausgemachte rezessive Effekte" verantwortlich. Für die Zeit nach dem 24. November sei ein Kassasturz notwendig, erklärte Cap.