Thema Nationalratswahl – 22. November 2002

 Forschungspolitik 
Broukal: Investitionen in Forschung und Entwicklung garantieren die Jobs von morgen
Broukal übt Kritik an Studiengebühren - SPÖ gegen Barrieren im Bildungswesen
Wien (sk) - Im Rahmen einer Veranstaltung im Dr. Adolf Schärf Heim stellte sich am Mittwoch (20. 11.) Abend Josef Broukal, Mitglied im Team von Alfred Gusenbauer, den Fragen von StudentInnen. Im Mittelpunkt der Diskussion standen die Themen Bildung, insbesondere die Situation an den heimischen Universitäten, und Forschung und Entwicklung. "Wir müssen eine Wirtschaft schaffen, die auf den Produkten beruht, die international nachgefragt sind und wir müssen eine Wirtschaft schaffen, die nicht sofort von internationalen Konjunktureinbrüchen gebeutelt wird", wies Broukal auf die Bedeutung von Investitionen in Forschung und Entwicklung hin. Grundlagenforschung von heute garantiere die Jobs von morgen, so der SPÖ-Politiker. "Die SPÖ sagt ganz klar: es darf keine Barrieren im Bildungssystem geben", unterstrich Broukal die Forderung nach der Abschaffung der Studiengebühren.
Drei Gründe seien ausschlaggebend, um sich gegen die Studiengebühren auszusprechen, erklärte Broukal. Erstens würde derzeit kein Euro der Studiengebühren den Unis zufließen. Zwar sei von der Regierung versprochen, dass sich dieser Zustand 2004 ändern werde, er sei jedoch überzeugt, dass die Mehreinnahmen durch die Studiengebühren dann den Unis an anderer Stelle aus dem Budget gekürzt werden. An die Studierenden richtete Broukal den Appell, sich diesbezüglich "keinen Bären aufbinden zu lassen". Zweitens habe die Kepler-Universität Linz eine Studie durchgeführt, die zeigen würde, dass der Anteil an Studierenden aus Arbeiterfamilien auf Null zurückgegangen sei und auch der Anteil an berufstätigen Studierenden sinke. Drittens würden Akademiker auf Grund der besseren Ausbildung im Schnitt mehr Steuern zahlen und so das Geld, das in ihr
Studium investiert wurde, dem Staat wieder zurückgeben.
"Die Mindeststudiendauer ist theoretisch möglich, aber praktisch nicht", beschrieb Broukal den Zustand an den Universitäten. "Da ist Sand im Getriebe." Man müsse alles daran setzen, die reale Studiendauer so nah als möglich an die Mindeststudiendauer heran zu führen, sagte Broukal. Dies ermögliche den Absolventen einen schnelleren Eintritt in die Arbeitswelt und bringe daher auch dem Staat zusätzliche Einnahmen und würde die Kosten für die Ausbildung senken. Das "fortwurschteln" der Universitäten müsse endlich beendet werden, dafür müsse auch mehr Geld in die Hand genommen werden. Herbe Kritik übte Broukal auch am aktuellen Dienstrecht für Universitätsangehörige, das "Vier-Jahres-Tagelöhner" produziere. Gerade in Bereichen, wo die Menschen in die Privatwirtschaft ausweichen können, werde die Universität Probleme bekommen, Stellen mit qualifizierten Personen zu besetzten. "Zwischen lebenslanger Pragmatisierung und gar nichts wird es wohl noch einen Mittelweg geben", so der SPÖ-Politiker.
Zum Thema Forschung und Entwicklung merkte Broukal an, dass dieser Bereich derzeit auf vier Ministerien aufgeteilt sei und den Rat für Forschung und Entwicklung habe man als "Schattenministerium" geschaffen, da sich niemand mehr auskenne. Laut Broukal müssen die Kompetenzen im Froschungsbereich wieder gebündelt werden. Österreich liege bei Forschungsausgaben zwar im europäischen Schnitt, allerdings hätten "die Länder, mit denen wir uns messen sollen" weitaus höhere Ausgaben. So investiere etwa Finnland 3,8 Prozent und die Schweiz 2,8 Prozent des Volkseinkommens in Forschung und Entwicklung "und wir dümpeln bei 1,9 Prozent dahin". Österreich hätte pro Jahr Anspruch auf 150 Millionen Euro an Forschungsgeldern aus der EU, die jedoch verfallen würden, weil keine Kofinanzierung stattfinde. Gerade in einer globalisierten Welt bestehe die Gefahr, dass Firmen abwandern würden, wenn sie keine Unterstützung im Bereich der Forschung erhalten würden. "Daher gibt es auch einen egoistischen Grund in Forschung zu investieren: Nämlich den, die Unternehmen in Österreich zu halten", konstatierte Broukal.
Auf die Frage, warum er sich gerade jetzt entschlossen habe, sich für die SPÖ zu engagieren, betonte Broukal, dass es Alfred Gusenbauer gelungen sei, der SPÖ klar zu machen, dass es in der Politik nicht darauf ankomme, von der ersten Seite eines Magazincovers zu lachen. "Die SPÖ ist dazu da, jenen Menschen zu helfen, die es etwas schwerer haben", sagte Broukal. Mit Gusenbauer habe wieder eine "neue Bescheidenheit" in der Sozialdemokratie Einzug gehalten, schloss Broukal.
   
 Gehrer: Broukal verbreitet "glatte Unwahrheiten"
Studiengebühren gehen an die Unis - Broukal will offenbar bei Universitäten einsparen
Wien (övp-pd) - "Die Studienbeiträge, die von den Studierenden einbezahlt werden, werden für Verbesserungen des Studienangebotes verwendet", sagte Bildungsministerin Elisabeth Gehrer in Richtung SPÖ-Nationalratskandidat Josef Broukal am Donnerstag (21. 11.), der in einer Aussendung behauptet habe, dass derzeit kein Euro den Unis zufließe. "Das ist die glatte Unwahrheit", betonte Gehrer. "Ich hätte mir gedacht, dass ein Journalist, der in die Politik geht, es gewohnt ist, zu recherchieren und nachzufragen", wie es wirklich sei.
Die Zahlen seien nämlich auf der Homepage des Bildungsministeriums abrufbar. Dort könne man herauslesen, dass 109 Millionen Euro aus den Studienbeiträgen an die Universitäten vergeben worden seien. Die Uni Wien habe etwa 25,5 Millionen Euro erhalten, die TU Wien 11,5 Millionen Euro. "Das kann er alles erfahren, wenn er sich informiert", so Gehrer. Und ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat ergänzte: "Broukal sollte sich auf einer Homepage ja eigentlich zurechtfinden."
Zweitens solle Broukal nachlesen, was im Parlament beschlossen worden sei, so die Bildungsministerin, nämlich dass die gesamten Studienbeiträge den Universitäten verbleiben werden. Auch die gesamte Budgetsumme für die Universitäten sei bereits auf drei Jahre festgeschrieben. Wenn dagegen Broukal in einem Zeitungsbeitrag sage, man könne zehn Prozent an den Universitäten einsparen, ohne das irgendjemand etwas bemerke, "dann muss den Universitäten Angst und Bang werden, wenn sie einen Wissenschaftsminister Broukal bekommen. Denn dann wird ihr Budget scheinbar gekürzt", so die Bildungsministerin.