EU-Erweiterung wird Marktdruck bei Rindfleisch verstärken  

erstellt am
13. 11. 03

Kommission rechnet mit Rückgang der durchschnittlichen Schlachtrinderpreise
Bonn (aiz.info) - Durch die Integration der osteuropäischen Länder in die EU dürfte am gemeinsamen Rindfleischmarkt der Druck auf die Erzeugerpreise zunehmen, erwartet die Zentrale Markt- und Preisberichtstelle (ZMP) in Bonn. Mit dem Beitritt der acht MOEL-Länder im Mai 2004 wächst die in der erweiterten Europäischen Union produzierte Rindfleischmenge um etwa 10%. Dabei wird allein in Deutschland derzeit beinahe doppelt so viel Rindfleisch erzeugt wie in den osteuropäischen Beitrittsländern zusammen.
Gemessen an den Verkaufserlösen besitzt die Rindfleischproduktion in Osteuropa nur eine untergeordnete Bedeutung. Ihr Erlösanteil am Gesamtumsatz der Agrarprodukte bewegt sich in den MOEL lediglich zwischen 2% in Ungarn und 9% in der Slowakei. Vielmehr liegen die Schwerpunkte der Tierproduktion in der Erzeugung von Milch und Schweinefleisch. Somit ist Rindfleisch in der Hauptsache ein Nebenprodukt der Milchproduktion.

Osteuropäer bevorzugen Schweinefleisch
Deutlich niedriger als in der derzeitigen EU-15 ist in den Beitrittsländern der Verbrauch von Rindfleisch. Dabei liegen die Erzeuger- und Verbraucherpreise in einigen MOEL-Ländern unter denen von Schweinefleisch. Auch im Vergleich mit Westeuropa ist das Preisniveau auf den meisten Handelsstufen erheblich niedriger, so die ZMP. Eine Ursache hierfür ist die relativ geringe Qualität des Rindfleisches, das in der Regel von selektierten Milchkühen stammt. Eine spezialisierte Rindfleischerzeugung existiert bisher nur in geringem Umfang.

Außerdem bevorzugen osteuropäische Verbraucher Fleisch vom Schwein. Bereits jetzt liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch in den Beitrittsländern höher als in Westeuropa, während der Verbrauch bei Rindfleisch in den MOEL nur etwa halb so hoch ist wie in der alten EU. Gleichzeitig rechnet die EU-Kommission nicht mit einer Angleichung der Verzehrsmengen in Osteuropa, sondern eher mit einer weiteren Ausweitung des Schweinefleischverbrauchs und einem weiteren Rückgang beim Rindfleischverbrauch.

Umfangreicher Kälberimport aus Osteuropa
Der Rindfleischhandel zwischen den Ländern der alten EU und den osteuropäischen Beitrittsländern war in der Vergangenheit eher bescheiden. Hauptexportmarkt für Rindfleisch aus der Europäischen Union war und ist Russland. Andererseits haben die osteuropäischen Fleischeinfuhren nach Westeuropa zuletzt zugenommen, besonders aus Polen. Dennoch ist deren Bedeutung noch immer relativ gering, mehr als drei Viertel aller EU-Importe stammen aus Südamerika. In der Vergangenheit konzentrierte sich die Einfuhr aus den osteuropäischen Nachbarländern hauptsächlich auf Kälber zur Weitermast. Etwa 400.000 bis 500.000 Stierkälber aus Polen und Tschechien gelangten jährlich auf den westeuropäischen Markt.

Rückgang der Erzeugerpreise in der EU-25?
Nach dem EU-Beitritt können die MOEL-Länder ihr Rindfleisch leichter in der westlichen Union vermarkten. Dabei dürfte sich deren, in den vergangenen Jahren tendenziell rückläufige Rindfleischproduktion durch die Übernahme der EU-Marktordnungen stabilisieren. Andererseits rechnet die ZMP beim internen Verbrauch mit einem weiteren Rückgang, wodurch Überschüsse für die Ausfuhr nach Westeuropa entstehen würden.

Die Absatzmöglichkeiten dürften auf Grund der vorhandenen Qualitäten wesentlich auf den Markt für Verarbeitungsware und damit Kuhfleisch beschränkt bleiben, so die Experten. Insbesondere in diesem Marktsegment könnte das sehr preiswerte Angebot aus Osteuropa erheblichen Preisdruck auslösen. Die Auswirkungen auf das obere Qualitätssegment dürften hingegen geringer ausfallen.

Mittelfristig rechnet die EU-Kommission durch die Erweiterung mit einem recht deutlichen Rückgang der durchschnittlichen Schlachtrinderpreise in der EU: Für die Osteuropäer dürften die Erlöse aus der Rindfleischproduktion höher liegen als vor dem Beitritt, für die Erzeuger in der alten EU hingegen niedriger.
 
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