Borderline-Syndrom sichtbar machen  

erstellt am
21. 11. 03

Brain-Imaging-Verfahren können Persönlichkeitsstörungen zeigen
Berlin (pte) - Mit Hilfe moderner Brain-Imaging-Verfahren können biologische Veränderungen in bestimmten Hirnregionen bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen sichtbar gemacht werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wirken sich auf die Therapie aus, erklärten Experten beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), der derzeit in Berlin stattfindet.

Borderline-Patienten leiden unter extremen inneren Spannungen und sind emotional leicht beeinfluss- und erregbar. Das führt zu selbst gefährdendem oder verletzendem Verhalten wie etwa dem Zerschneiden von Armen mit Rasierklingen, der Verweigerung der Nahrungsaufnahme oder Alkohol- und Tablettenabusus. Bisher hat sich die Erforschung des Syndroms im Wesentlichen auf eine detaillierte Beschreibung und Analyse der vielfältigen Krankheitsphänomene beschränkt. "Jetzt können Störungen in der Verarbeitung emotionaler Reize mit der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) auch optisch dargestellt werden", erklärt Sabine Herpertz, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Rostock. Den Forschern ist es gelungen, Areale im Hirn, die eng mit emotionaler Verarbeitung assoziiert sind, sichtbar zu machen. "Den Betroffenen ist nämlich eine Kontrolle des eigenen Verhaltens kaum möglich", führt die Spezialistin aus. Bisher wurde dieses Phänomen, das im Alltag zu schweren Belastungen für die Betroffenen führt, mit experimentellen Tests näher untersucht.

Die neuronalen Reaktionen auf solche Tests können jetzt mit der fMRT auch sichtbar gemacht werden. Die Patienten liegen während dessen im Tomographen, vor Augen eine Videobrille, in der Hand ein Art Stoppuhr zum Messen der Reaktionszeit. "Bei den Patienten waren die Hirnregionen, die für die Verarbeitung emotionaler Worte von Bedeutung sind, bereits zu einem Zeitpunkt aktiviert, an dem sie eigentlich noch nicht hätten aktiviert sein dürfen. Dies ist ein deutlicher Beleg dafür, dass Borderline-Patienten besonders schnell und intensiv auf emotionale Reize und Stress reagieren", erklärt Herpertz.

Die neuen Erkenntnisse sollen vor allem in der Therapie helfen. "Wir versuchen nun verstärkt darauf hinzuarbeiten, dass die Patienten lernen, emotionalen Stress besser zu verarbeiten. Sie trainieren gezielt an einer Stärkung ihrer kognitiven Kontrolle", führt die Expertin aus. Auch die Auswirkungen der Therapie selbst können mittels fMRT überprüft werden.

Das wenig bekannte Krankheitsbild des Borderline-Syndroms ist weit verbreitet: Etwa 20 Prozent aller Krankenhausaufnahmen im psychiatrischen Bereich stehen mit entsprechenden Symptomen im Zusammenhang. Rund ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens daran. Betroffen sind meist Mädchen und Frauen zwischen 15 und 25, nur ein Viertel der Patienten ist männlich.
 
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