Präsentation der ersten Biografie »Helmut Zilk«  

erstellt am
15. 12. 03

… mehr als einen Satz kann ich nicht versprechen …
Wien (rk) - Am Donnerstag (11. 12.) wurde im Stadtsenatssitzungssaal des Wiener Rathauses die erste Biografie über Altbürgermeister Dr. Helmut Zilk präsentiert. Geschrieben von Presse-Redakteur Prof. Hans Werner Scheidl, herausgebracht im Verlag Holzhausen, umfasst die Biografie des "Phänomens" Zilk - wie ihn Laudator Dr. Hugo Portisch bezeichnete - auf knapp 240 Seiten die wesentlichen Lebensetappen der inzwischen 77-jährigen Stadt-Institution Zilk. Die Präsentation wurde von ca. 300 hochrangigen VertreterInnen aus Politik, Medien und Wirtschaft besucht.

Hausherr und Gastgeber Vbgm. Dr. Sepp Rieder würdigte in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters Dr. Michael Häupl die "Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit" des allseits als medial umtriebig bekannten Altbürgermeisters. "Helmut Zilk ist einfach eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, der mit seinen "Stadtgesprächen" schon lange bevor er überhaupt in die Politik eingestiegen ist, Wiener Stadtgeschichte geschrieben hat" und: "...damals in seiner Zeit als Nicht-Politiker als einziger bereits politisch kommunale Wirkung hatte." Später als Stadt-Politiker - zunächst Kulturstadtrat und danach Bürgermeister - prägte er die Stadt nachhaltig und schrieb politische Zeitgeschichte, so Rieder.

Beim Fernsehen steht er nicht vor der Klasse, sondern vor der Masse...
Dass er das Zeug zum Politiker hatte, erkannte der ausgebildete Lehrer Helmut Zilk erst als er auf das Medium Fernsehen stieß, analysierte Laudator Dr. Hugo Portisch. "Helmut Zilk - Phänomen und Tausendsasssa - hatte schnell heraußen: Beim Fernsehen steht er nicht vor der Klasse, sondern vor der Masse."

Zilk nützte die Chance, indem er die konventionellen Regeln des damals noch völlig neuen Mediums Fernsehen mit unkonventionellen Regeln brach. Er machte Schulfernsehen, bei dem es (fast) keine Tabus gab, weil, so Zilk, "eh keiner von denen am Vormittag Schulfernsehen schaut". Er erfand neue Sendeformate in denen "im Gegensatz zu heute noch "echtes" Wissen abgefragt wurde und es keine Million Euro für das Kennen einer Pop-Gruppe als Belohnung gab." Er war Erfinder der Sendung "In eigener Sache", die Helmut Thoma, EX-RTL-Chef und Auslandsösterreicher, als "Mutter aller deutschsprachigen Talkshows" bezeichnete.

Er entwickelte die Sendung "Stadtgespräche" und brach erstmals mit der Tradition, streng nach Fernseh-Protokoll vorzugehen, sprich: Politikern nur vorabgesprochene oder abgesegnete Fragen zu stellen. Zilk, der Zeit seines Lebens von dem Gedanken getrieben war, "etwas zu bewegen", war laut Portisch, beseelt von dem Gedanken "es muss etwas für die Leut' sein." Das definiere Zilks Selbstverständnis und Antriebskraft am besten.
     
Helmut Zilk habe Mitte der 60er Jahre eine Fernseh-Reform begonnen und durchgezogen, die für alle "atemberaubend" gewesen sei, so Hugo Portisch, der wie viele seiner ORF-Kollegen damals aus dem Zeitungsgeschäft kam und daher "bei Zilk, dem Lehrer, in die Fernseh-Schule ging." 1966 holte Gerd Bacher den umtriebigen Fernsehprofi Zilk "auf den Berg". Mit den Worten "das ist ein Könner und kein Roter" trotzte er parteipolitischem Zweifel - Zilk, dessen einzige Forderung an Bacher "anständig und fair behandelt zu werden" war, dankte es ihm mit Loyalität.

Zilk wurde gegangen und ausgepfiffen
Nach dem politischen Machtwechsel auf Bundesebene - SPÖ Minderheitenregierung mit Bruno Kreisky - wurden Gerd Bacher und Helmut Zilk "Hauptzielscheibe" einer ORF-Gegenreform. Zilk wurde daraufhin Ombudsmann bei der Kronen Zeitung, die zum damaligen Zeitpunkt "im Clinch mit maßgeblichen Teilen der SPÖ" war, so Portisch. Dass Zilk nicht wirklich einen Sympathiewettbewerb unter den eigenen Mandataren gewann, als er vom damaligen Wiener Bürgermeister Mag. Leopold Gratz zum Kulturstadtrat ernannt wurde, versteht der stets öffentlichkeitswirksame Medienprofi bis heute nicht. Vor allem die Pfiffe, die nach Bekanntgabe seines Namens fielen, kränkten ihn sehr, weiß Portisch.

Das sei die wunderbare menschliche Seite an Helmut Zilk: "Er ist ein Macher, Kämpfer, ein Großer, aber auch eine Mimose - er mag Kritik nicht." Und dennoch griff er während seiner Wiener Amtszeit als Kulturstadtrat und als Bürgermeister heiße Themen an: Bestellung Peymann, Fertigstellung AKH, Nutzung Donauinsel, etc.

Auch als in Wien die ersten starken Anti- Flüchtlingsressentiments laut wurden, konterte Zilk offen: Mit einer legendären Plakatreihe und vielen Wiener Persönlichkeiten, wies er klar darauf hin: "Wir waren alle einmal Wirtschaftsflüchtlinge." Das beeindruckte die Journaille und beschämte viele, so Portisch.

Zilks "Macher-Mentalität" beeindruckte vor allem durch seine Entscheidungsfreudigkeit und seinen Umsetzungswillen: Zu Besuch in New York während einer Zeit, als Österreich in den USA "blacklisted" war, versprach Zilk kurzerhand das erste Jüdische Museum der Welt, das es vor 1938 in Wien gegeben hatte, wieder aufzubauen. "Die in New York kamen aus dem Staunen nicht heraus", so Portisch. Und wie Zilk später in seiner Dankesrede an den Autor und die Laudatoren sagte, hatte er damals so gut wie "keinen Plan und keine Ahnung, wie das denn gehen solle."

Aber wie immer verließ er sich auf seinen kongenialen Partner und jenen Menschen, den er als Politiker und Menschen am meisten bewunderte: Vbgm. a.D. Hans Mayr. Man habe sich während 10 Jahren der engsten Zusammenarbeit "nicht einmal gestritten", so Zilk. Das "Superteam" - genialer Parteimann und Finanzer Mayr und Politiker und Machertyp Zilk - funktionierte. So auch, als Zilk nach New York zu Mayr kam und sagte: "Hans, reiß Dich z'sam, wir müssen das Jüdische Museum aufbauen, ich hab's in New York versprochen".
     
Helmut Zilk zeigte sich von Hugo Portischs Laudatio sehr berührt und beeindruckt. Unerwartet bescheiden fiel auch sein Rückblick aus: Vieles, das er angeblich für die Stadt erfunden habe, sei gar nicht auf seinem Mist gewachsen. Er, Zilk, habe lediglich die Gnade der inneren Energie und des Umsetzungswillens gehabt und natürlich: hervorragende Mitarbeiter. Dass er jetzt so großes Lob von einer anerkannten Größe erhalte, sei "eine Auszeichnung, die ich gerne mit nach Hause nehme".

Obwohl er mit vielen Passagen des Buches nicht wirklich zufrieden sei, "weil's eigentlich ein bisserl anders war, als es da steht", war der Schritt, nicht jemanden aus dem selben politischen Eck' seine Biografie schreiben zu lassen, ein bewusster, so Zilk. Autor "Hans Werner Scheidl kommt ein bisserl vom anderen (Anm. politischen) Ufer", betonte er mehrmals und der Verlag des Buches werde von einem ÖVP-Mandatar geleitet.

… mehr als einen Satz kann ich nicht versprechen …
Helmut Zilks Biografie, die Autor und Presse-Redakteur Prof. Hans Werner Scheidl am Donnerstag Abend einem Gutteil der Wiener Gesellschaft präsentierte, "war ein schweres Stück Arbeit". Begonnen habe die Knochenarbeit schon mit Zilks ersten Kommentaren dazu: "Wenn's glauben, dass das die Leut' interessiert - und "aber mehr als einen Satz kann ich Ihnen wirklich nicht versprechen".

Der Beschriebene sei, so der Autor, ja für seine Zurückhaltung, seine Verschlossenheit, sein introvertiertes und leises, geradezu anmutig zirpendes Wesen bekannt, jede Veranstaltung wäre ihm ein Gräuel, jede Seitenblickegesellschaft geradezu verhasst. Veranstaltungen in gleißendem Rampenlicht scheute er wie ein Mönch, der sich in seiner Klause dem Trubel der Welt verschließe - und weil es beim Recherchieren geradezu "autistisch" zuging, wäre der Preis des Buches mit 27 Euro geradezu eine Mäzie.
     
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