Außenpolitik – Beistandspflicht  

erstellt am
09. 12. 03

Einem plädiert für solidarische Lösung
Besondere Verpflichtungen von neutralen, paktfreien und von NATO-Staaten sind zu berücksichtigen
Wien (sk) - In der Frage der gemeinsamen EU-Verteidigungspolitik plädiert SPÖ-Europa- sprecher Caspar Einem für eine solidarische Lösung unter Berücksichtigung der jeweiligen besonderen Verpflichtungen, die die einzelnen EU-Staaten eingegangen sind. Das gelte gleichermaßen für neutrale und paktfreie Staaten wie für jene EU-Staaten, die durch ihre NATO-Mitgliedschaft bestimmte Verpflichtungen eingegangen sind.

Nach dem Vorschlag von Einem soll Österreich bei den Verhandlungen über die künftige EU-Verfassung dafür eintreten, dass sich jeder Staat - im unwahrscheinlichen Fall, dass ein EU-Staat angegriffen werde - nach seinen "verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten" am Einsatz gegen einen Aggressor beteiligen können. Eine Beistandspflicht sei hingegen mit der Neutralität nicht vereinbar, bekräftigte Einem am Montag (08. 12.) gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

 

Scheibner: »Österreich soll einen eigenen Vorschlag einbringen«
»Eine Beistandsgarantie hat für Österreich nur positive Auswirkungen«
Wien (fpd) - "Österreich soll einen eigenen Vorschlag bezüglich einer Verankerung einer Beistandspflicht in der EU-Verfassung einbringen. Für mich ist der Gegenvorschlag von Schweden, Finnland und Irland nicht adäquat genug, weil er keinen Fortschritt bringt. "Für diese weitere Vorgangsweise Österreichs müßte es aber Gespräche mit der ÖVP, der Opposition und der FPÖ geben", forderte FPÖ-Klubobmann Abg. Herbert Scheibner am Montag (08. 12.).

Jedenfalls sei die Entscheidung einer gemeinsamen europäischen Verteidigung mit der österreichischen Bundesverfassung vereinbar. In diesem Zusammenhang erinnerte der FPÖ-Klubobmann daran, daß nämlich mit einer ernst genommenen, streng ausgelegten Neutralität schon der Beitritt Österreichs zur EU und vor allem die Verfassungsänderung 1999 nicht vereinbar gewesen sei. Damals habe eine SPÖ-geführte Bundesregierung den Artikel 23f eingeführt, wonach es eben möglich sei, an militärischen Einsätzen im Rahmen der EU teilzunehmen.

Eine Beistandsgarantie könne für Österreich nur positive Auswirkungen haben, weil dann in Zukunft auf Dauer 24 EU-Länder für Österreichs Sicherheit garantieren könnten. "Das macht eben nur dann Sinn, wenn Beistand geleistet werden muß. In welcher Form dieser Beistand geleistet werden muß, sollte das jeweilige Land für sich selbst entscheiden können. Dabei gibt es ein breites Spektrum, wie dieser Beistand aussehen sollte", meinte Scheibner abschließend.

 

 Voggenhuber zu Ferrero: Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit, die Lüge eine Tochter der Regierung
Peinlicher Schwenk der Regierung in Sachen Beistandspflicht. Schüssel und Ferrero bis auf die Knochen blamiert
Wien (grüne) - "Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit, die Lüge eine Tochter der Regierung", so kommentiert der Europasprecher der Grünen, Johannes Voggenhuber, den jüngsten Schwenk von Außenministerin Ferrero-Waldner in Sachen Beistandspflicht. "Was von Anfang an klar war, ist eingetreten. Während Bundeskanzler Schüssel der Bevölkerung allen Ernstes weismachen wollte, dass die Beistandspflicht mit der Neutralität vereinbar sei, musste die Bundesregierung nun gegenüber der EU-Ratspräsidentschaft eingestehen, dass diese Position völlig absurd und nicht haltbar ist. Mit diesem peinlichen Schauspiel haben sich Bundeskanzler Schüssel und Außenministerin Ferrero international einmal mehr bis auf die Knochen blamiert. Diese Außenpolitik der Regierung sorgt in Europa nur mehr für Gelächter und fügt sich nahtlos in das katastrophale Bild einer Regierung, die seit ihrem Amtsantritt glaubt, ohne Konsequenzen gegenüber der eigenen Bevölkerung das Gegenteil von dem behaupten zu können, was der Realität entspricht. Die Bundesregierung hat die offene und blanke Unwahrheit zum zentralen Bestandteil ihrer Politik erhoben. Und sie ist einmal mehr dabei ertappt worden", so Voggenhuber.

 

 Ferrero-Waldner: Kein Schwenk in Haltung der Bundesregierung
Österreichische Bundesregierung immer für europäische Solidarität eingetreten
Wien (övp-pd) - Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner stellte am Samstag (06. 12.) zur aktuellen Diskussion um eine europäische Beistandspflicht klar, dass ihre heutigen Aussagen im ORF-Morgenjournal keinesfalls einen "Schwenk" in der Haltung der Bundesregierung bedeuten würden. "Der Bundeskanzler und ich sind immer für eine Solidarität in Europa eingetreten, wozu eben auch die gegenseitige Hilfeleistung in der Not, sei es bei Naturkatastrophen oder im Falle einer militärischen Aggression gehöre", so Ferrero- Waldner. Es sei klar, dass EU-Partner in Not einander beistehen sollen. Gleichzeitig wiederholte Ferrero-Waldner ihre von Anfang an geäußerte Meinung, dass eine derartige Weiterentwicklung der EU- Sicherheits- und Verteidigungspolitik natürlich möglich wäre, aber eine Anpassung der österreichischen Verfassung bedeuten würde. Diese müsse jedoch auf Basis eines breiten politischen Konsenses in Österreich erfolgen, weil dazu eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erforderlich wäre. Die Diskussion der letzten Tage habe aber gezeigt, dass ein derart breiter Konsens für die politische Zielsetzung einer zwingenden Beistandspflicht zur Zeit nicht möglich ist.

"Daher habe ich gestern gemeinsam mit meinen Amtskollegen aus Finnland, Schweden und Irland - den neutralen und bündnisfreien Ländern der EU - einen Alternativvorschlag zur Formulierung des Artikel 40(7) des EU-Verfassungsvertrages präsentiert", so die Außenministerin. Dieser ziele darauf ab, dass jeder Staat berechtigt ist, Hilfe und Unterstützung im Falle einer Aggression von den anderen EU-Staaten anzufordern. Gleichzeitig könne aber jeder EU- Staat selbst festlegen, in welcher Form er diese Unterstützung leisten möchte.

"Ich habe diesen Vorschlag auch deshalb gemacht, weil sich in der europäischen Diskussion gezeigt hat, dass der von Großbritannien, Deutschland und Frankreich vorgeschlagene Text, nicht von allen Mitgliedstaaten mitgetragen werden kann." Der Alternativvorschlag von Österreich, Schweden, Finnland und Irland würde es allen ermöglichen, sich gegenseitig solidarisch beizustehen, ohne in Österreich eine Anpassung der Verfassungslage durchführen zu müssen.

Ferrero-Waldner verwahrt sich gegen die Vorwürfe der Opposition, dass dies ein "Schwenk" in der Haltung der Bundesregierung sei. "Sowohl der Bundeskanzler als auch ich haben stets betont, dass es uns in dieser Diskussion um eine gegenseitige Solidarität geht, die vor allem auch uns Österreichern zu gute kommen soll." Als in Neapel der Vorschlag von Deutschland, Frankreich und Großbritannien vorgelegt wurde, "habe ich umgehend eine Prüfung des Vorschlages veranlasst". Diese Prüfung habe ergeben, dass die Annahme des Vorschlages eine Anpassung der Verfassung erforderlich gemacht hätte, was eben dazu geführt habe, dass ein Gegenvorschlag präsentiert wurde. "Das hat mit Umschwung nichts zu tun, da wir dem ursprünglichen Vorschlag nie zugestimmt haben", so Ferrero-Waldner. "Ich hoffe, dass der Vorschlag in dieser oder ähnlicher Form beim EU- Gipfel nächster Woche angenommen werden kann." Sollten Änderungen an diesem Vorschlag erforderlich sein, werde dies auch nur im breiten Konsens mit den im Nationalrat vertretenen Parteien erfolgen, so die Außenministerin abschließend. 
 

 Wir versuchen prinzipiell, an dieser Stelle Aussendungen
aller der vier im Parlament vertretenen Parteien aufzunehmen

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