Stille Nacht-Feier in Oberndorf live im Internet  

erstellt am
22. 12. 03

Unter http://www.stillenacht.info kann man weltweit die Gedächtnisfeier am 24. Dezember miterleben
Salzburg (lk) - Am 24. Dezember wird das Lied „Stille Nacht! Heilige Nacht!" an seinem Entstehungsort im Salzburger Oberndorf wieder in unzähligen Sprachen gesungen. Heuer, zum 185-Jahr-Jubiläum der Entstehung des Liedes, kann man die Feier wiederum live im Internet miterleben. Unter der Adresse http://www.stillenacht.info haben Menschen in aller Welt Gelegenheit, die weihnachtliche Feier am Uraufführungs-Ort des weltbekannten Weihnachtsliedes (Beginn 17.00 Uhr) mitzuerleben. Auf dieser Web-Seite findet man auch interessante Videos und Hintergrundinformationen über die Entstehung und Verbreitung eines Liedes, das für viele Menschen Weihnachten erst so richtig weihnachtlich macht.

Zu den mehreren tausend Pilgern, die jährlich am Heiligen Abend an der Stille-Nacht-Gedächtnisfeier in Oberndorf teilnehmen, wird sich heuer wieder eine große Anzahl von Internetusern hinzugesellen. Seit im Vorjahr am Stille-Nacht-Platz eine WebCam installiert wurde, die rund um die Uhr Live-Bilder ins Internet überträgt, hat die virtuelle Weihnachtsfeier weltweit unzählige Fans gefunden. Zudem wird am Heiligen Abend auch der Ton erstmals live ins Internet übertragen. Dieses Projekt – eine Kooperation zwischen der Internetagentur interact!multimedia, der Universität Salzburg und dem Tourismusverband Oberndorf – entstand für die preisgekrönte CD-ROM-Reihe „Bräuche im Salzburger Land“ im Auftrag des Landes Salzburg.

„Danke liebe Leute von www.stillenacht.info! Es war eine wunderschöne Weihnachtsfeier für uns!“ meldete sich etwa Bill aus Los Angeles bei den Betreibern der Website. Auch der gebürtige Bayer Richard Massnixer, der vor rund 15 Jahren mit seiner Familie nach Toronto, Kanada, auswanderte, ist ein Fan der virtuellen Weihnachtsfeier: „Es ist einfach eine tolle Erfahrung, dieses schöne Lied an dem Ort, wo es zum ersten Mal gespielt wurde, zu hören“, erzählt er. „Meine Frau Anne und meine beiden Töchter saßen ganz gebannt vor dem Bildschirm. Für sie waren das Weihnachten wie im Märchen!“ Besonders freute sich Mag. Alexander Gautsch, der Initiator der Website über das E-Mail der 11-jährigen Samantha aus Kapstadt. Ihr Vater, ein gebürtiger Salzburger, konnte seiner Tochter endlich zeigen, wie schön die „Heilige Nacht“ in seiner Heimat gefeiert wird. Samantha war begeistert und bedankte sich bei Gautsch und seinem Team virtuell „with a hundred kisses“.

Die große Resonanz auf das wohl berühmteste Weihnachtslied hat Geschichte. Das in unzählige Sprachen übersetzte „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber hat die Menschen schon vor fast 200 Jahren in seinen Bann gezogen. 1818 wurde es in der alten St. Nikolaus-Kirche in Oberndorf zum ersten Mal aufgeführt. Nach einer großen Überschwemmung am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kirche baufällig und musste abgerissen werden. An ihrer Stelle errichtete man die Stille Nacht Gedächtniskapelle. Jährlich zur Weihnachtszeit ist dieser geschichtsträchtige Ort für unzähligen Menschen aus der ganzen Welt ein fixer Programmpunkt.

Der Texter - ein Querkopf und Menschenfreund
Getextet wurde das populärste Weihnachtslied der Welt von Franz Joseph Mohr. Er wurde Ende des 18. Jahrhunderts als uneheliches Kind einer Strickerin und eines desertierten Musketiers in der Stadt Salzburg geboren. Mohrs Taufpate war der Salzburger Scharfrichter Joseph Wohlmuth. Er und ein Salzburger Domvikar unterstützen den talentierten Franz Joseph, der mit seinen vier ebenfalls unehelichen Geschwistern im zweiten Stock des Hauses Steingasse 31 lebte. Er besuchte das Akademische Gymnasium, anschließend das Priesterseminar und wurde außerdem als Sänger und Violinist ausgebildet.

1815 erteilte ihm der Papst die damals erforderliche Ausnahmegenehmigung für uneheliche Kinder. So konnte Mohr noch im gleichen Jahr zum Priester geweiht werden. Zwei Jahre später kam der junge Geistliche nach Oberndorf bei Salzburg, um den dortigen Pfarrer Georg Heinrich Nöstler bei seiner Arbeit zu unterstützen. Eine Zusammenarbeit, die nicht immer ganz reibungslos verlief. Nöstler warf seinem jungen Assistenten die Vernachlässigung seines Dienstes, Gasthausbesuche, das Scherzen mit Personen des anderen Geschlechts und das Singen "oft nicht erbaulicher Lieder" vor.

Ein erbauliches Lied entsteht
Um die Entstehung des Stille-Nacht-Liedes ranken sich viele Legenden. Eine romantische Erklärung geht davon aus, dass der junge Mohr seinen meist armen Pfarrkindern zu Weihnachten ein Lied schenken wollte, das sie auch verstehen (also eines in deutscher Sprache). Die Kirchenliturgie war ja zu Mohr´s Zeiten lateinisch und daher nur einer kleinen Elite verständlich. Die meisten Oberndorfer konnten mit Latein nichts anfangen. Viele arbeiteten als Schiffer und lebten mehr schlecht als recht vom Salztransport auf der Salzach. Im Winter waren sie arbeitslos. Weihnachten war für sie daher oft alles andere als ein frohes Fest.

Auch der Komponist kam aus einfachen Verhältnissen
Franz Josef Mohr schrieb den Text, der durch seine schlichte und doch so ergreifende Art die Menschen bis heute begeistert. Der musikalische Teil kam von Franz Xaver Gruber, einem Lehrer, der in der Nähe von Oberndorf lebte und der als Organist die Musikbegleitung der Messe in Oberndorf erledigte. Auch Gruber kam aus einfachen Verhältnissen. Er war das fünfte von sechs Kindern eines Hochburger Leinenwebers, arbeitet bis zu seinem 18. Lebensjahr selbst als Weber und begann dann die Ausbildung zum Lehrer. Er war ausgezeichnet in seinem Fach – seine Schule galt 1821 als die beste des ganzen Bezirks. Dabei war seine Aufgabe nicht einfach, da die Bauern ihre Kinder lieber als Arbeitskräfte zuhause ließen, als sie in die Schule zu schicken.

Gruber komponierte die Melodie 1818 – nach seinen eigenen Aussagen, „eine einfach Komposition“, der er keine große Bedeutung beimaß. Noch im gleichen Jahr trugen er und Mohr das Lied bei der Weihnachtsmesse in der Oberndorfer Kapelle vor der Krippe vor. Mohr sang Tenor, Gruber Bass. Außergewöhnlich war nicht nur der deutschsprachige Text des Liedes, sondern auch die Begleitung Mohrs mit der Gitarre. Das bislang übliche Musikinstrument der lateinischen Liturgie war ja die Kirchenorgel.

Mohr wurde schon im Jahr nach der Uraufführung des Liedes aus Oberndorf in eine andere Gemeinde versetzt. Er arbeitete bis zu seinem Tod im Alter von 56 Jahren in verschiedenen Salzburger Gemeinden als Priester und machte sich dabei als Sozialreformer einen Namen.

Franz Xaver Gruber konnte sich als Chorregent einer großen Salzburger Gemeinde ganz seiner geliebten Musik widmen und starb 1863 mit 76 Jahren in Hallein bei Salzburg. Wenige Jahre vor seinem Tod schrieb er die Entstehungsgeschichte des Stille-Nacht-Liedes nieder. Denn inzwischen war das Lied zwar berühmt geworden, die Verfasser allerdings in Vergessenheit geraten.

Ein Lied geht um die Welt
Ein Tiroler Orgelbauer, der das Lied bei seiner Arbeit an der Oberndorfer Orgel hörte, nahm das Lied schon wenige Jahre nach seiner Entstehung ins heimatliche Zillertal mit. Von dort aus verbreitete es eine Zillertaler Sängergruppe in England, Deutschland und Amerika. Aus dieser Zeit ist ein Notenheft mit dem Titel "Vier ächte Tyroler Lieder" erhalten. Hier findet sich auch "Stille Nacht!" - allerdings ohne die Namen seiner Schöpfer und erheblich verändert! Seit etwa 1850 wird das Lied auch in englischer Sprache gesungen. Auf der Wiener Weltausstellung taucht "Stille Nacht!" in einem dort gezeigten nordamerikanischen Schulhaus als "Choral of Salzburg" auf. Ende des 19. Jahrhunderts sind es vor allem katholische und protestantische Missionare, die das Lied in alle Kontinente bringen. Heute gibt es Übersetzungen des Liedes in rund 300 verschiedene Sprachen und Dialekte.
 
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