Die Restaurierung der Albertina
Die erste Renovierungsmaßnahmen seit 100 Jahren abgeschlossen

 

erstellt am
01. 04. 03

Seit den letzten großen Renovierungsmaßnahmen im Albertina-Palais von 1897 sind mehr als 100 Jahre vergangen. Das Erscheinungsbild der Prunkräume der Albertina hat durch ihre Nutzung als Depots stark gelitten. Die Verstümmelungen infolge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg haben die historischen Fassaden zerstört.


Der neue Eingang in die Albertina: der »Soravia-Wing«

© Atelier Hollein



Größte Um- und Ausbauarbeiten
Im Frühjahr 1999 haben die größten Um- und Ausbauarbeiten in der Geschichte der Albertina begonnen. Sie zielten im wesentlichen darauf ab, die Einrichtungen für einen modernen Museumsbetrieb bereit zu stellen: moderne Ausstellungshallen, die konservatorisch und sicherheitstechnisch modernsten Depots, das Studien- und Forschungszentrum, Werkstätten und die für die Besucher des Museums notwendige Infrastruktur.
Die Befundung


Am Beginn der restauratorischen Arbeiten stand im Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt eine detaillierte Befundung aller Raumteile (von Decke, Türen,


Vergolderarbeiten an einer Tür des Schreibzimmers

Foto: © Albertina/Alex Dobias
Wänden, Parkettböden, Figuren und Dekor) zur Verifizierung der verwendeten Materialien und der chronologischen Schichten-, d. h. Farbabfolge. Danach wurden die Befundungen mit den historischen Quellen (Pläne und Archivmaterialen) abgeglichen, um den einzelnen Ausstattungsphasen das entsprechende Erscheinungsbild zuzuordnen. Die Ergebnisse wurden in einem Raumbuch festgehalten, das als Grundlage der weiterführenden restauratorischen Arbeiten dient. Die Restaurierungsarbeiten wurden im Jänner 2003 abgeschlossen. Von der Erweiterung zur Generalsanierung der Albertina Seit Anfang der 90er Jahre war im Rahmen der Museumsmilliarde die Generalsanierung der Albertina geplant.


Bereits 1992 wurden für eine Generalsanierung sowie die für die Infrastruktur des Museums notwendige Erweiterung Kosten in Höhe von 73 Millionen Euro ermittelt.


1999 wurde als vordringliche Aufgabe die unterirdische Erweiterung der Albertina begonnen. Zum ursprünglichen Plan – der Errichtung eines


Adolf Loos, Originalmodell des Hauses von Josephine Baker, Paris, 1927 © Albertina 2000, Wien
Studiengebäudes und Forschungszentrums mit Werkstätten; eines Tiefspeichers für die Sammlungen der Albertina – gesellte sich der Bau einer ebenfalls unterirdischen, in der Bastei gelegenen Ausstellungshalle.


Die Kosten für diese modernen, unterirdischen Erweiterungen betragen 49,5 Millionen Euro. Sie werden vom Bund getragen.


Palais soll renoviert werden
Im Jahr 2000 wird auf Initiative von Direktor Dr. Klaus Albrecht Schröder das ursprüngliche Projekt der Generalsanierung wieder aufgegriffen und die Renovierung der historischen Prunkräume, die Rekonstruktion des im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigten Palais, die Erschließung der Bastei durch moderne und behindertengerechte Aufstiegshilfen sowie die Errichtung einer zweiten, im Palais situierten Ausstellungshalle beschlossen. Diese zusätzlichen Vorhaben, die im wesentlichen im Zeichen der Wiederherstellung des Palais stehen, müssen durch zusätzliche, insbesondere private Mittel finanziert werden.


Unterstützung durch private Sponsoren
Für große Bau- und Renovierungsabschnitte konnten innerhalb eines Jahres wichtige private Sponsoren gewonnen werden. Hanno und Erwin Soravia finanzieren den von Hans Hollein entworfenen Aufgang auf die Bastei. Die Stiftung Propter Homines Fürstentum Liechtenstein übernimmt die gesamten Errichtungskosten der im Palais gelegenen Ausstellungshalle. Die HKW-Stiftung finanziert die Rekonstruktion der Innenfassaden des Palais. Einzelne Unternehmen wie die Oesterreichische Nationalbank, Böhler Uddeholm, Wilfried Heinzel AG, Swarovski, Inter-pool Dr. Lippert KG und weitere, auch anonyme Sponsoren tragen wesentlich zur Renovierung der historischen Prunkräume bei. Dennoch bestand insbesondere für die Rekonstruktion der Fassaden und der kompletten Wiederherstellung der klassizistischen Prunkräume mit den Ausstattungen, die Josef Kornhäusel und der Bildhauer Josef Klieber 1822 für Erzherzog Carl geschaffen hat, eine Finanzierungslücke von 6,99 Millionen Euro.


Neue Form der Partnerschaft
Auf Initiative von Bundesminister a.D. Vizekanzler Dr. Hannes Androsch und Senator KR Ing. Leopold Helbich wurde 2001 der Verein Förderer der Albertina ins Leben gerufen. Nach erfolgreich geführten Gesprächen konnte die Finanzierungslücke (6,99 Mio. Euro, siehe oben) durch eine gegenseitig verpflichtende Drittel-Beteiligung zwischen dem Bund, der Stadt Wien sowie Freunden und Förderern der Albertina geschlossen werden.


Der Bund trägt zur Rekonstruktion und Renovierung der historischen Fassaden des Albertina-Palais aus dem Jahr 1865 2,33 Mio. Euro bei. Es handelt sich dabei um eine außertourliche und einmalige Erhöhung des ursprünglichen Baubudgets von 49,5 Mio. Euro.


Die Stadt Wien beteiligt sich mit dem gleichen Betrag von 2,33 Mio. Euro insbesondere an der Renovierung der historischen Prunkräume. Diese sind das am vollständigsten erhaltene klassizistische Ausstattungsensemble Österreichs. In Zukunft werden diese Prunkräume auch seitens der Stadt Wien für Veranstaltungen – von Konzerten über Lesungen und Vorträgen bis zu offiziellen Empfängen – genützt werden. Die privaten Förderer und Sponsoren tragen ihrerseits durch ihren gleich hohen Betrag dazu bei, daß das schon vor zehn Jahren geplante Projekt Generalsanierung der Albertina Wirklichkeit werden kann.


Darüber hinaus finanzieren private Sponsoren wesentliche weitere Bereiche der Albertina (vom modernen, behindertengerechten Aufgang auf die Bastei bis zu einer modernen Ausstellungshalle in Palais.)


Baugeschichte der Albertina
Die Albertina, im Herzen Wiens gelegen, ist in einem der schönsten und größten klassizistischen Palais Mitteleuropas beheimatet. Obwohl die ältesten Teile in das Mittelalter zurückreichen, erfuhr die Albertina ihre heutige Gestalt im wesentlichen im 18. und dem frühen 19. Jahrhundert: nach Plänen von Louis de Montoyer wurde sie in ihrer heutigen Größe von Albert Herzog von Sachsen Teschen (1738-1822) – dem Gründer und Namensgeber der Albertina – und seiner Frau Erzherzogin Marie Christine (1742-1798), der Lieblingstochter von Kaiserin Maria Theresia, errichtet.


Unter Erzherzog Carl (1771-1847), dem Sieger der großen Schlacht bei Aspern (1809) gegen Kaiser Napoleon, entstanden nach den nach Entwürfen von Joseph Kornhäusel die Prunkräume der Albertina, die zu den kostbarsten Beispielen klassizistischer Baukunst in Österreich zählen.


Historische Prunkräume
Die historischen Prunkräume der Albertina befinden sich in jenem Trakt, den Louis von Montoyer 1805 für den Gründer der weltberühmten Sammlung, Albert Herzog von Sachsen-Teschen, errichtet hat. Nach dessen Tod wurden die Prunkräume vom Adoptivsohn Alberts, Erzherzog Carl, neu ausgestattet. Als Architekt für den klassizistischen Umbau wählte Carl Joseph Kornhäusel. In den Jahren 1822 bis 1825 haben die besten Bildhauer, Maler und Handwerker nach Kornhäusels Entwurf die Prunkräume der Albertina zu einem der schönsten klassizistischen Ensembles ihrer Zeit gemacht.
Heute gruppieren sich um den zentralen Festsaal – mit dem Skulpturenzyklus Apollo und die neun Musen von Josef Klieber – u.a. das Goldkabinett, das Wedgwoodzimmer, das Rauch-, Lese- und Speisezimmer mit den wertvollen Intarsienböden von Josef Danhauser. Nach dem Ende der Habsburgermonarchie (1918) jahrzehntelang als Depot für die berühmten Zeichnungen von Michelangelo, Dürer, Rubens, Cézanne oder Klimt genutzt, stehen die historischen Prunkräume nun zum ersten Mal wieder unverstellt zur Verfügung. Das klassizistische Raumensemble im größten habsburgischen Wohnpalais Wiens ist nach der umfassenden Restaurierung seit März 2003 der Öffentlichkeit wieder zugänglich und kann für kulturelle Veranstaltungen, wie die berühmten Albertina-Konzerte oder festliche Tagungen und Empfänge genutzt werden.


Fassaden
Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Albertina von einem Bombentreffer schwer beschädigt. Die Planungen des teilweisen Neubaus und der Renovierung des Palais waren mehr von finanziellen Notwendigkeiten als von architektonischen Überlegungen geleitet.
Die einst prachtvolle unter Erzherzog Albrecht 1865 repräsentativ gestalteten, historistischen Fassaden, die Burggartenfassade, die Eingangsfassade gegen die Oper und schließlich die Augustinerstrassenfront wurden im Zuge der Reparaturen der Kriegsschäden in den 50er Jahren stark vereinfacht wiederaufgebaut. Diese plumpe „Betonarchitektur“ soll im Zuge der Wiederherstellung der Fassaden rückgebaut und die alte Bauornamentik, die dank unbeschädigt gebliebener Achsen im Nordtrakt vollständig bekannt ist, rekonstruiert werden. Das klassizistische habsburgische Palais wäre demnach auch von außen wieder als architektonische Kostbarkeit der Wiener Innenstadt erkennbar.


Eingang auf der Bastei
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Eingang in das Albertina-Palais in den früheren Keller verlegt, der durch Abtragung der Auffahrtsrampe auf die Bastei freigelegt worden war. So ist das Prunkgeschoss der Albertina mit den historischen Räumen und der künftigen Ausstellungshalle im Palais seit dem Zweiten Weltkrieg nur über ein Treppenhaus aus den fünfziger Jahren zu erreichen. Mit der Rekonstruktion der historistischen Fassaden und der Renovierung Prunkräume geht auch eine Wiederherstellung des alten Eingangsportals auf der Bastei einher, das vom Straßenniveau über einen behindertengerechten und architektonisch markanten Zugang von Hans Hollein erschlossen werden wird.

Albertina-Gold
Für die Vergolderarbeiten im Goldkabinett und in den Prunkräumen wird bis heute eine eigens für das Palais gemischte, im Ton kühl-elegante Goldlegierung verwendet, die unter dem Namen Albertina-Gold erhältlich ist. Das 24-karätige Albertina-Gold besteht aus 23 Karat reinem Gold und einen Karat Silber und Kupfer.
     
Albrecht Dürers Feldhase
Eines der populärsteten Kunstwerke der Welt ist 500 Jahre alt und seit Jahrhunderten im Besitz der Albertina

Albrecht Dürers (1471-1528) Aquarell Feldhase, von unzähligen Reproduktionen und nicht zuletzt vom Cover vieler Schulzeichenblöcke bekannt, wurde vom Meister selbst mit dem berühmten Monogramm AD und mit der Datierung 1502 versehen.
Was macht den Feldhasen, der seit Jahrhunderten im Besitz der Albertina ist, so populär? Generationen von Kunsthistorikern haben die „rührende Sanftmut des kauernden Tieres“ beschrieben. Tatsächlich läßt der Blick des Hasen zunächst darauf schließen und die illusionistische Wirkung von Dürers Malweise den Betrachter das weiche Fell und den zarten Knochenbau des Feldhasen fast körperhaft spüren.
Der Feldhase ist darüber hinaus aber auch eines der frühesten Beispiele für eine künstlerische Haltung, der das Alltägliche, ein niedriges Tier wie der Hase – nicht etwa der Macht und Kraft symbolisierende Löwe – bildwürdig geworden ist. Dazu Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina: „Dürer hat mit dem Feldhasen etwas Revolutionäres geschaffen: die unvoreingenommene und mit wissenschaftlicher Genauigkeit verfolgte Wiedergabe der Natur, was eine große, wissenschaftlich anmutende Distanz des Künstlers zum Gegenstand seiner Betrachtung voraussetzt. Zugleich hat Albrecht Dürer den Hasen gleichsam mitfühlend beseelt. Dürers Hase ist kein Stillleben und kein totes Ding, sondern ein Lebewesen aus Fleisch und Blut. In Werken wie diesem überwindet Dürer einmal mehr das Mittelalter und erweist sich als Bahnbrecher des Humanismus, der neuzeitlichen Renaissance.“
     
Albertina
Albertinaplatz 3
A-1010 Wien
Telefon: ++43 / (0)1 / 534 83 0
Telefax: ++43 / (0)1 / 533 76 97
info@albertina.at
http://www.albertina.at
   
     
zurück